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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Zimmern, Helen: Hubert Herkomer, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0040

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Hubert Herkomer. von 6. Zimmern

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Walrr ^äbrlbeiu in der Wüste, von A. Oberländer

l8S. Bd. 1888)

Hubert Herkomer

von D. Zimmern

(Schluß aus dem vorigen Hefte) „ .

l^er Winter des Jahres 1873 brachte für Herkomer sowohl Glück wie Leid. Ihm ward die Freude,
seinen Eltern ein Heim in dem Dorfe Bushey einzurichten, welches jetzt so unlösbar mit seinem Namen
verknüpft ist; und er hatte das Unglück, seine erste Gatlin kennen zu lernen, diese Frau, welche ihn während
einer moralischen Leidenszeit von zehn langen Jahren in seiner Laufbahn hemmte und hinderte. Sie war
körperlich und geistig leidend, und es gelang ihr, ihn durch die Schilderung des vermeintlichen Unrechts, das
sie zu erdulden hatte, so von Mitleid für sie zu erfüllen, daß er sie aus Gründen der edelsten Selbstauf-
opferung heiratete, um eine Person glücklich zu machen, die, wie sie sagte, das Glück noch nie kennen gelernt
hatte. Herkomer zählte 24 Jahre und stand noch an der Schwelle des Lebens, von hohen Hoffnungen und von
hohen Idealen erfüllt; seine Frau war bedeutend älter, krank und gebrochen, nur ihren eigenen Leiden nach-
hängend, eigensinnig wie ein verzogenes Kind und so anspruchsvoll, wie es nur eine erwachsene, übertriebene
Rücksichten heischende Patientin sein kann. Verfehlte Aufopferung ist stets gefährlich, unheilvoll aber, wo eine
Heirat daraus entsteht. Daß Herkomers Laufbahn durch diese Ehe, welche ihm so furchtbare Opfer an Gesund-
heit, Zeit und Kraft auferlegte, nicht völlig zerstört wurde, ist nur der ihm innewohnenden außerordentlichen
Lebenskraft und Elastizität des Geistes, wie auch der hingebeuden Fürsorge jener Miß Griffith zu danken,
welche ihm später für wenige Monate das höchste Ideal einer Gattin verwirklicht hat. Zur Krankenpflege aus-
gebildet, gab sie die erwählte Laufbahn auf, um sich ganz der Gattin Herkomers zu widmen und in das kleine
Haus in Bushey einige Ordnung zu bringen. Ein wirklich geordneter Haushalt konnte es indessen nicht werden,
denn was aufgerichtet ward, zerfiel sofort wieder unter der seltsam verderblichen Einwirkung, welche die Kranke
in der Häuslichkeit ausübte. Es wurden Schulden gemacht, und die Eltern, welche das Unglück ihres Sohnes
nicht länger mit ansehen konnten, verließen England, um sich in Bayern, unweit ihres Geburtsortes anzusiedeln.

Inmitten aller dieser schweren Sorgen begann Herkomer an dem Kunstwerk zu arbeiten, welches zu-
erst die Aufmerksamkeit des großen Publikums auf ihn gelenkt hat, das bekannte Bild: „Die letzte Musterung."
Er hat es nicht in Bushey gemalt, sondern in Chelsea, in dem kleinen, von ihm erbauten Glas-Atelier, das
nur einen Fuß mehr in der Breite maß, als das Gemälde mit dein Rahmen. Es zu vollenden, kostete ihn
unsägliche Anstrengung. Krank und erschöpft, setzte er trotz der abmahnenden Stimmen seiner Freunde, welche
ihm die Schwierigkeit vorstellten, eine solche Menge von Rotröcken ans einer großen Leinwand zu malen, seine
 
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