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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Presber, Rudolf: "Poberetto", [2]: Novellette
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Unsre Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0049

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Poveretto". Novelletie. von Rudolf presber — Unsre Bilder, vom Herausgeber

zo

Söhnlein anfangen durchzubrechen; ich wünsche Ihnen
und ihm vom Herzen, daß er sie stets zur rechten Zeit
seinen Mitmenschen zeigen kann."

Es lag so etwas Schmerzvolles, Verbissenes in seinen
Worten, daß ich nicht weiter auf seinen Scherz einging.
Mit diesem Brief waren mir wieder die friedlichen
Bildchen so recht vor die Seele getreten. Ich hatte im
Geist die stolze, junge Mutter gesehen, wie sie den Sohn
auf dem Arm hatte und ihm ihre frischen roten Lippen
auf die zarte Wange drückte, und es hatte mich eine Lust
befallen, die Koffer zu packen und zu reisen, um meinen
Teil zu haben an diesen Freuden des heimischen Herds.
Ich war ja gar nicht mehr überarbeitet und nervös und
doch — sie würden alle lachen, wenn ich vor der Zeit
wiederkäme und — nein, das sollten sie nicht; so blieb
ich. Und jetzt, wo ich zu dem armen Menschen hier
davon sprach, stand es wieder so deutlich vor meiner
Seele, das Bildchen; ich sah den Kleinen mit den unge-
schickten Händchen ihr in die reichen blonden Haare
fahren; wie krähte der kleine Schelm da und wie selig
stimmte die glückliche Mutter in sein Lachen ein, wenn
er ihr auch noch so Weh that.

(Die Fortsetzung iin nächsten Hefte)

Nnsre Bilder

vom Herausgeber

eii^s ist ein allermodernstes Zeit- und Sittenbild ersten
Ranges, welches wir in Jean Berauds „Volks-
versammlung" unfern Lesern heute bieten. Denn offen-
bar führt er uns mit demselben in eine der auser-
wähltesten Gesellschaften von Sozialdemokraten oder
Anarchisten, wie sie in den Pariser Vorstädten ihre Zu-
sammenkünfte abhalten. Heute ist sogar große Extra-

vorstellung, wie man an der zahlreichen Beteiligung der
vornesitzenden Stenographen sieht, und an dem feierlichen
Aussehen des Büreaus über ihnen. Allerdings scheint
dessen Präsident als echter Volksmann mit dem Friseur
nur selten oder gar nicht in Berührung zu kommen. Der
ans der Tribüne stehende Redner aber hat offenbar gerade
einen besonders saftigen Trumpf auf die verdammten
engherzigen Inhaber des Kapitals und ihre blutsaugerische
Ausbeutung des edlen Volkes ausgespielt, wie man an
dem frenetischen Jubel der ihn umdrängenden „Bürger"
und besonders auch „Bürgerinnen" sieht, von denen ein
reizendes Muster des Typus der Louise Michel ganz
vorne klatscht. Daß die Herren fast alle die kurzen
Pfeifen oder Zigarretten im Munde haben, ist offenbar
nicht ganz freiwillig, sondern durch die Atmosphäre
dringend geboten, welche diese Bürger mit ihrem auf-
fallenden Mangel an frischer Wäsche ausströmen. Man
denkt sich da unwillkürlich, wie erbaulich das Dasein
werden müßte, wenn dieser aus der ganzen Welt zu-
sammengelaufene hauptstädtische Pöbel einmal das Heft
in die Hand bekäme, der in Bezug auf die Taschen andrer
offenbar sehr kosmopolitische Grundsätze hegt. Berauds
meisterhafte Schilderung ist übrigens schon mehrere Jahre
alt, und es charakterisiert ganz die unendlich geringe Auf-
merksamkeit unserer deutschen Künstler auf das, was um
sie herum vorgeht, daß noch keiner von ihnen aus den
Gedanken gekommen ist, eine solche sozialistische Ver-
sammlung bei uns zu schildern, die doch offenbar in ihrer
noch viel schärferen Ausprägung der Berufsart wie der
Stammeseigentümlichkeiten aller Einzelnen der künstlerischen
Darstellung ein noch dankbareres Feld darböte.

Neu und fesselnd zugleich zu sein versteht um so
besser der ausgezeichnete österreichische Figuren- und Land-
schaftsmaler Knüpfer in Rom, der die Darstellung des
Wellenspiels am Tyrrhenermeer dadurch zu beleben weiß,
daß er die lustigen Töchter des Nereus gleich selber iu
demselben hernmplätscherd zeigt. Dies Geschäft läßt er

Der Zug drs Herzens. L. Rei nicke <»g. Bd. iW8)

„Aaron, weißt De nicht, wo 's Isaakche stecken thut? Ich möcht' ihm was sagen!" — „Wart' das werden wir gleich haben!
Aron klimpert mit dem Geldc.) Siehst De — da is er schon!"
 
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