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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Schumann, Paul: Die zweite internationale Ausstellung von Aquarellen etc. etc. in Dresden, [2]
DOI Artikel:
Presber, Rudolf: "Poberetto", [3]: Novellette
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0059

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Z8 Die zweite internationale Ausstellung rc. rc. von Paul Schumann — „poveretto". Novellette. von R. Presber

E. Wauters mit seinen vornehm aufgefaßten und malerisch
sicher durchgesührten Bildnissen, dann Hubert Vos mit
den „Homerulers", einem höchst originellen Bilde, das
drei Irländer in schärfster Wiedergabe des Volkscharakters
schildert, während rings umher aus den Farbtönen
sich eine ganze irische Kulturgeschichte entwickelt: da sieht
man ein Muttergottesbild mit brennenden Kerzen, einen
Seehafen, ein Schwein, das irische Wappen, das Klee-
blatt, einen Landsee, die grünen Wiesen des smaragdenen
Eilandes und als insne tslrel eine Whiskyflasche mit
einem Totenkopf. Nicht minder bemerkenswert ist des-
selben Künstlers alte Frau (lebensgroß), die, in ihrem
Lehnstuhl ins Traumland versinkend, Kinderwiege, Koch-
geschirr u. ä. vor dem geistigen Auge erscheinen sicht.
— Auch der Soldatenmaler Leon Abry ist mit charakter-
istischen Leistungen vertreten und von Eerelmann be-
wundern wir einen prachtvoll wiedergegcbenen Blut-
hund.

Bei den Italienern spielt wiederum Gustav
Simoni eine Rolle mit seinen Bildern aus Algerien;
seelenlos waren diese in der glänzenden Mache virtuosen
Bilder von jeher, neuerdings zeugen aber auch formale
Mängel von der fabrikmäßigen, eiligen Herstellung. Weit
stimmungsvoller ist das Wüstenbild mit dem Märchen-
erzähler von Cesare Bisco; grob und andeutend in
der Mache, aber höchst charaktervoll sind die Soldaten-
bilder, die Landschaften und das Genrebild „Liebe auf
dem Dorfe" von Giov. Fattori, dessen Bildern man

kaum anmerkt, daß er Akademieprofessor ist. Höchst an-
sprechend sind ein paar weibliche Köpfe von Zezzos,
ebenso sein Genrebild „Willst Du mir Modell stehen?"
Unter den Architckturstücken zeichnen sich die mit feinem
Farbcngefühl wiedergegebenen von Luigi Bazzani aus.
Die hervorragendste Leistung ist Pennacchinis „Wahn-
sinnige", eine junge Frau, die mit wirrem Haar und
stierem Blick an dem leeren Kinderbett sitzt, während
rings umher zerrissene Blumen liegen, und im Hinter-
gründe ein paar Frauen und Mädchen leise flüstern;
eine erschütternde Tragödie, die mit echter Empfindung
und in farbenreichem Helldunkel gemalt ist.

Von den Skandinaviern kommt wesentlich
Thaulow mit fünf Pastellbildern in Betracht, die eine
staunenswerte Beherrschung der Farbstifttechnik offenbaren.
Die heimischen Schneefclder, die linde in blaugrünem
Lichte erstrahlende Winternacht, die cisbedecktcn Flußufer
weiß er mit starker Naturempfindung zu schildern, so daß
man ebenso sehr von der Naturwahrheit dieser Sachen
wie von ihrem Stimmungsgehalt ergriffen wird. End-
lich erwähnen wir noch von den Spaniern Jose
Benlliure, der mit seinem spanischen Pilger eine
charaktervolle, von frommem Fanatismus durchglühte Ge-
stalt geschaffen hat, und den Russen Etienne von St.
Alexandrovsky, der namentlich in seinen zehn Bild-
nissen von Rittern des St. Georgenkreuzes Glanzgestalten
russischer Soldaten, höchst charakteristische und lebendige
Militärtypen geschaffen hat.

„Voderetto"

Novellette. Non Rudolf Presber

(Fortsetzung aus dem vorigen Hefte)

ch konnte nicht anders, ich mußte etwas von meinem

innern Glück los werden, mußte erzählen und
ich schilderte nun meinem aufmerksamen Gegenüber mein
Weib, mein Kind, das kleine gemütliche Eßzimmer mit
der friedlichen Lampe darin, die allabendlich ihren milden
Strahl ergoß über zwei zufriedene Gesichter; schilderte
ihm meine Pläne, wie ich hier ändern, dort verschönern
wollte, ja beschrieb ihm den grünen Gartenschlauch sogar,
mit dem wir unser kleines Blumenparadies in einen ganz
überflüssig nassen Zustand zu versetzen pflegten und —
hielt Plötzlich inne; ich sah in sein Gesicht; ein unendlich
schmerzlicher Zug prägte sich darin aus; o, wie macht
das Glück doch so leicht rücksichtslos; wie konnte ich dem
armen Menschen von solchen Dingen, solchen Freuden
reden; er saß vor mir und hatte die Stirn in die Hand
gestützt, die Finger waren tief vergraben in die lockigen
Haare.

„Haben Sie ein Bild von ihr?" fragte er nach
einer Pause, in der er schweigend vor sich hingesehcn!

„Von wem?" fragte ich erstaunt.

„Nun von Ihrer Frau natürlich."

Ich griff nach meiner Brieftasche und gab es ihm.
Sein Blick ruhte kritisch auf meinem Liebling; er be-
trachtete sie als Künstler, nicht als Mensch.

„Sie ist schön", sagte er dann, als er mir trübe
lächelnd das Bild zurückgab, „wirklich schön."

Ich war ganz erleichtert; ich hatte mit banger
Spannung auf seinen Ausspruch gewartet und war doch
innerlich so fest davon überzeugt, daß sie sehr schön sei,
und niemand hätte mich davon abbringcn können; zudem
wußte es ja auch niemand so gut, wie ich.

Jetzt lachte ich befriedigt vor mich hin; ich glaube,
ich hielt in diesem Moment weit mehr vom Kunstver-
ständnis meines neuen Bekannten, als einige Minuten
zuvor, da er eine solche Probe noch nicht abgelegt hatte.

„Sehen Sie", sagte er plötzlich, „als ich Sie vorhin
so heiter, so innerlich glücklich sah, da hätte ich Ihre
Worte nicht als Worte, sondern nur als Tonfall hören
müssen, um schon zu wissen, daß ein edles Weib die
Saiten Ihres Herzens gespannt hat, und zwar eine
Gattin, eine liebende Gattin; denn sehen Sie, der Lieb-
haber, der ahnt, ohne zu wissen, er begehrt, ohne zu
besitzen, er spricht anders, wenn er sein geliebtes Weib
schildert; aber wer so spricht, wie Sie vorhin und mit
solcher Miene, der hat sein Glück in der Hand und
glaubt an seine Dauer. Ich habe, wie Sie sehen, eine
so hohe Meinung von der Frau, daß ich sage: nur von
ihr kann des Mannes wahres Glück ausgehen!"

„Ich glaube", wagte ich jetzt zu bemerken, „daß
Sie da doch andre Teile des menschlichen Seelenlebens
unterschätzen; denken Sie, was dem Strebsamen der
Ruhm, dem Ärbeitsamen die glücklich vollendete Bemühung
 
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