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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Presber, Rudolf: "Poberetto", [4]: Novellette
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Unsre Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0082

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poveretto". Novellctte. von R. Presber — Unsre Bilder, vom Herausgeber

„Was haben Sie da gemacht, wie schade!" sagte
ich darauf hindeutend.

„Jener Riß durch mein Werk, hat auch einen Riß
mitten durch mein Leben bedeutet" sagte er ernst und
lehnte das Bild wieder an die Wand.

„Sie sind seit langer Zeit der erste", fuhr er dann
langsam fort, indem er mich auf einen Stuhl nötigte
und sich neben mich setzte vor das Bild, das er nicht

(Die Fortsetzung i

aus den Augen ließ „der erste, sage ich. und wohl auch
der letzte in langer Zeit, der einiges Interesse an mir
nimmt. Es hat mir gestern unendlich wohlgethan, daß
Sie sich des kleinen Bucklichen in dem schäbigen schwarzen
Rock nicht schämten; ich hätte Ihnen das gerne gesagt,
aber ein Rest von Stolz wohnt doch noch in dem armen
Herzen. Sehen Sie, ich möchte, daß Sie nicht niedrig

von mir dächten."

r nächsten Hefte)

Unsre Bilder

Vom Herausgeber

oben wir schon öfter Gelegenheit gehabt, auf das
schöne Talent des schwäbischen Künstlers Gebhard
Fugel aufmerksam zu machen, und noch von der eben
geschloffenen Münchener Ausstellung seine Kreuzabnahme
gebracht, auf welcher der vorher als einstiger Schüler
Nehers streng stilisierende Künstler einen neuen, mehr
koloristischen Weg einschlug, so läßt er uns auf dem
heutigen Bilde die glückliche Verfolgung desselben sehen. —
Es ist später Abend und tiefe Dämmerung hat ihre gol-
denen Schleier über die felsige Höhe mit weiter Aussicht
auf das in tiefem Dunkel begrabene Land gebreitet, aus
dem man in der Ferne den Jordan aufblitzen sieht. Vor
einem der Felsengräber, wie sie dort gebräuchlich, sehen
wir eine Gruppe dunkler Gestalten über den Leichnam des
Herrn gebückt, denen Joseph von Arimathia, die Dornenkrone
in der linken Hand, die Fackel in der rechten, den Weg
ins Innere weist. Die trostlose Mutter Maria hat den
Kopf des geliebten Sohnes auf dem Schoße liegen, dessen
Hände und Füße zwei der Frauen küssen, während Mag-
dalena sich anschickt, ihn zu salben, und der rechts knieende
Johannes noch im Schmerz um den teuren Meister ganz
verloren ist. Der glühende Abendhimmel aber erhöht
mit seiner düsteren Pracht ganz außerordentlich die Feier-
lichkeit der Szene, die sich da auf der einsamen Höhe
abspielt. Ist es unserm Künstler vollkommen gelungen,
die Stimmung seines Bildes dem Ernst des Vorgangs
entsprechend zu gestalten, so geht freilich auch in dem
geheimnisvollen Helldunkel die Möglichkeit einer feineren
Charakteristik der Einzelnen verloren, wenn sie auch alle
mit ebenso schlichter als tiefer Empfindung gedacht und
bewegt sind. Um so mehr ergreift aber das hochpoetische
Ganze, und man kann sich nur freuen, daß der junge
Künstler aus der traditionellen Auffassung heraus auf
einen ganz selbständigen Weg geraten ist, auf dem wir
ihn hoffentlich fortan, unbeirrt von Tagesmoden, weiter-
gehen sehen.

Unter den Bildern des französischen Saales unsrer
Ausstellung war Julien Du Pres „Heuernte" gewiß
eines der wohlthuendsten und künstlerisch vollendetsten.
Wie die Leute sich sputen, um noch vor dem Ausbruch
des mächtig heraufziehenden Gewitters ihren Wagen voll
zu laden und in Sicherheit zu bringen, das ist vor-
trefflich gegeben, wenn man auch an keiner der einzelnen,
so ganz in ihrer Arbeit ausgehenden Personen ein be-
sonderes Interesse nimmt. Um so feiner charakterisiert
sind dagegen die beiden vor den Wagen gespannten
Pferde, die nicht gerade mit besonderem Vergnügen der

Last entgegensehen, die sie zu schleppen haben werden.
Sind diese abgeschafften Gäule mit vollendeter Meister-
schaft gegeben, so atmet das Ganze die gesundeste Land-
luft, obwohl man auch hier, wie meistens bei den Fran-
zosen, mehr die Mühe und Anstrengung als die Freudig-
keit des Bauernlebens sieht, für das unsre Nachbarn
überm Rhein offenbar bei weitem nicht die Sympathie
besitzen wie wir, die wir auch heute noch unser Ideal
auf dem Lande, in Wald und Feld finden, den Landbau
also auch mit viel größerer Freudigkeit betreiben.

Wie ein irgendwo auf dem Tyrrhener - Meer iu
seinem Boote „schlafender Fischerknabe" von zwei aus
der mondbeglänzten Flut ausgesuchten Nixlein belauscht
wird, das hat Kray auf unserm Bilde gar anziehend
darzustellen gewußt. Man wird da gleich an Heines
schlauen Ritter erinnert, dem „es nicht einfällt, etwa er-
wachen zu müssen — er läßt sich ruhig im Mondcnschein
von schönen Nixen küssen." Es ist das ein Geschäft,
das auch andre mit Vergnügen betreiben würden, wenn
die Nixen nur nicht die schlechte Gewohnheit hätten, in
ihrer Glut die Schläfer oft zu sich hinab in die feuchte
Tiefe zu ziehen, was weniger angenehm sein soll. Etwas
von diesem unheimlichen Nachspiel läßt uns Kray immer-
hin ahnen durch den traumhaften Charakter, den er der
ganzen Szene zu verleihen wußte, und der uns den
frühen Verlust des Künstlers doppelt bedauern läßt.

Von dem Nixenspuk weg in die gesündeste Wirk-
lichkeit führt uns mit drolligem Humor der Ungar Dery,
und zwar gerad' ins Wirtshaus hinein, wo eine magya-
rische Omphale eben die Löwenhaut eines jazygischen
Herkules umgenommen hat, nur daß sie statt der Keule
den Säbel eines der drei eingekehrten Husaren in der
Hand hält und mit lustiger Koketterie, die Hand am Käppi,
salutiert. Daß die Herausforderung entsprechend aus-
genommen wird, das sehen wir an dem gefüllten Wein-
glas, das ihr der Beraubte entgegenhält, dem sie am
Ende nicht nur Käppi und Säbel, sondern auch das Herz
gestohlen hat. Die ganze Szene in ihrer derben Lustig-
keit ist aber vortrefflich wicdergegeben und ganz geeignet,
uns einen tiefen Blick in die Sympathien thun zu lassen,
die von jeher die Husaren mit den Mädchen verbunden
haben. Offenbar sah Dery das Stück einmal spielen, das
er uns mit prächtigem Humor hier vorführt.

Zum Beschluß unsrer heutigen Nummer ist uns
vergönnt, eine überaus bedeutende künstlerische Leistung
folgen zu lassen: Zwei Blicke in das Vestibül des
naturhistorischen Museums 'in Wien, die dem Genius
 
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