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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Weihnachtsbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0104

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lveibnachtsbücherschau. vom Herausgeber

7Z

FarbrnskiW ;u Lrm Vrlarium „Kamps und Sirg". von A. v. Werner

WeihnschtMücherschsu

vom Herausgeber

hinter der Flut von für den Tag berechneten und morgen
»4 durch andre verdrängten Publikationen ragt freilich eine
Schöpfung wie das nach jahrelanger Anstrengung nunmehr voll-
endet vorliegende Werk Adolf Menzels (München, Verlags-
anstalt für Kunst und Wissenschaft, Preis 660 Mark) turmhoch hervor.
Ja es hat in unsrer bisherigen kunsthändlerischen Produktion sowohl
durch seinen wahrhaft schöpferischen Kunstgehalt als selbst durch die
technische Vollendung nicht seinesgleichen. Kein Zweifel, daß es noch
vor zwanzig Jahren vollkommen unmöglich gewesen wäre etwas
der Art auch nur entfernt in gleicher Güte ohne alle Staats-
unterstützung herzustellen. Noch viel unmöglicher wäre es aber
gewesen, für ein solches dreibändiges Werk in Großfolio bei dem
Preis von 600 M. in Deutschland genug Abnehmer zu finden.
Dazu war erst die Gründung des deutschen Reichs mit seiner-
kolossalen Steigerung des Wohlstandes und der daraus entspringen-
den Kunstliebe nötig. Allerdings sind auch vorher wenigstens
eine Reihe Galeriemerke zu ähnlichem Preis publiziert worden.
Aber sie waren nicht nur weit entfernt von der hier erreichten
technischen Vollendung, sondern blieben mit ihrem Absatz auch
großenteils aufs Ausland angewiesen. Das Schaffen eines ein-
zelnen deutschen Künstlers uns in dieser Vollständigkeit vorzusiihren
— wir finden die bedeutenderen Arbeiten des Künstlers fast alle —
siel gar niemandem ein. Dazu war vor allem ein Menzel, diese

') l. im vorigen Hefte.

Die Kunst für Alle VI

seit Dürer, Holbein und Rembrandt stärkste Inkarnation des
spezifisch deutschen Geistes in den bildenden Künsten, notig! Sieht
man in unserm Werke nun seine allmäliche Entwickelung, ivie er-
tastend und überall ausnehmend in unaufhörlichen! Studium der
Natur immer mehr die eigene Persönlichkeit herausarbeitet, wie
er ein Gebiet ums andre erobert, um zuletzt einen unermeßlichen
Reichtum zu besitzen, so fällt eineni an diesem Künstlercharakter
wie an den Kunstschöpfungen selber nichts so auf als die große
Ähnlichkeit, die er mit Rembrandt hat. Wie dieser im holländischen,
so wurzelt er mit allen Fasern seines Herzens im märkischen Boden,
wie jener das freie Bürgertum der Niederländer, so verherrlicht
er seinen Nationalhelden, ja er schenkt der deutschen Kunst erst die
Figuren Friedrichs des Großen und seiner Soldaten. Aber noch
über den alten Fritz geht ihm doch das Preußentum selber. Kaiser
Wilhelm und sein Volk hat er der Kunst nicht weniger erobert.
Hat er hier einen unermeßlichen Gehalt an herrlich charakteristischen
Figuren aufgehäust, so ist die Art, lote er sie behandelt, nicht
weniger bedeutend. Wie das Genie die Gesetze seiner Kunst
in sich trägt, so bewundern wir an Menzel nichts so sehr, als
wie seiner Phantasie alles zum Bilde wird, wie er an allen
Dingen sofort das Malerische zuerst sieht. Die Gesetze malerischer
Wirkung, die Poesie des Kontrastes hat seit Rembrandt niemand
mehr so gut verstanden, den einzigen Makart ausgenommen.
Darum sind seine Landschaften und Ärchitekturstücke in bezug auf
malerischen Reiz dicht an die des Holländers zu reihen. Wenn

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