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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Unsre Bilder
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Unsre Bilder, vom Herausgeber


Der Major du jour.

von lvilhelm Lmele

Unsre Bilder

vom Herausgeber

ie künstlerisch ausdrucksvoll, mächtig ergreifend und
majestätisch die katholische Kirche all ihre Amtshand-
lungen zu gestalten weiß, ist weltbekannt. Man sieht da
überall, daß das Genie großer Künstler seit Jahrtausen-
den mit der Ausbildung dieser Formen beschäftigt war.
Hat die Kirche vom Heidentum wie vom jüdischen Kultus
allerdings viel übernommen, so hat sie es doch überall
ihrem Geiste entsprechend umgestaltet, verfeinert und ge-
hoben. Diese außerordentlich edle und imponierende Form
ihrer liturgischen Gebräuche hat nicht am wenigsten zu
der großen Macht beigetragen, welche die katholische Kirche
seit ihrer Ausbildung in Rom auf die Gemüter beson-
ders der Maßen, aber auch kaum weniger der Gebildeten
übt, und welche ihr noch für Jahrhunderte die Herrschaft
sichern wird. Ein Beispiel dieser Macht ist es, welches
uns der Düsseldorfer Fellmann, ein geborner Schweizer,
in seiner Darstellung der Ablegung des Gelübdes beim
Eintritt in einen der strengeren Mönchsorden vorführt.
Die Symbolik dieser Ceremonie ist so ausdrucksvoll, daß
sie kaum einer Erläuterung bedarf und ganz geeignet
erscheint, auf den Eintretenden wie die Zeugen den mäch-
tigsten Eindruck zu machen. Oder könnte man die unbe-
dingte Ergebung in den Willen der Kirche, die Hingabe

Die Aunst für Alle VI.

der ganzen Persönlichkeit an dieselbe noch ergreifender
darstellen, als durch dies Hinwerfen auf den Boden und
Zugedecktwerden mit dem Bahrtuch, während der Bischof
den Segen spricht und so aufs feierlichste feststellt, daß
der, welcher sich so hingegeben, gestorben ist für die
Welt und als ein Wiedergeborner, der Kirche unbedingt
Gehörender wieder aufstehen wird? Wie aber seine künf-
tigen Brüder als Zeugen seiner Gelübde um ihn herum-
stehen, das ist im einzelnen vom Künstler sehr fein aus-
gesprochen. Man sieht vorab, es sind schweizerische Mönche
des neunzehnten Jahrhunderts, aber jeder einzelne ist
zugleich vortrefflich charakterisiert. Die Gewohnheit des
strengsten Gehorsams, wie die Spuren der Härte der
Regel sind allen gleich aufgedrückt, obwohl man recht
gut sieht, daß die Unterwerfung manchen von diesen
harten Köpfen sehr schwer geworden sein mag. — Die
Weltentsagung ist zugleich mit dem Zuge des Gewollten,
Bewußten gemischt, es sind Glieder einer streitenden und
bestrittenen, nicht einer unbedingt herrschenden Kirche,
Fanatiker und milde Charaktere, die man da offenbar
getreu der Natur abgestohlen sieht. Der Künstler aber,
der uns diese Szene kirchlichen Lebens so wirksam und
packend geschildert, hat offenbar eine Zukunft, und man


 
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