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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Über die Beurteilung von Bildern
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur und vervielfältigende Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0206

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Über Beurteilung von Bildern — Personal- und Ateliernachrichten

man bereits angefangen, die Freilichtmaler in
ihre Grenzen zu drängen, während wir bemüht
bleiben, ihnen Thür und Thor zu öffnen, damit
ja alle jungen Künstler ihr „Freilicht" leuchten

lassen. Die besten deutschen Maler sind in
den Schatten des Freilichts gestellt! Ein
neues Gemälde von Gebhardt, Knaus, Vauticr,

Achenbach u. a. m. wirkt lange nicht so sehr,
wie das unbedeutendste konipositionsarme Bild
eines Malers aus der neuen Schule. Das
Farbenbckenntnis des Freilichtmalers verändert
den Maßslab der Beurteilung seiner Werke,
es entbindet ihn der Verpflichtung, Anatomie
und Perspektivlehre studiert zu haben, es ver-
pflichtet ihn einzig und allein, die Farbe in
den grellsten Skalen zusammenzustimmen. Mit
einziger Ausnahme Uhdes ist uns keinFreilicht-
maler bekannt, der mit einer beachtenswerten
größeren figurenreichen Komposition hervorge-
treten ist. Große Leinwand, kleine Vorgänge
im menschlichen Leben und ungemein viel Licht
— das ist das Rezept der Herren! Wir
sind weit davon entfernt, einer Originalität
Steine in den Weg legen zu wollen und uns
darüber lustig zu machen, wenn etwas Eigen-
artiges in die Erscheinung tritt, wir sagen
aber: „Eines schickt sich nicht für alle", weil,
was der eine kann, der andre selbst mit dem
besten Wollen doch nicht vollbringt, wenn es
seiner Individualität nicht entspringt. Wir
wollen gleiches Recht für alle in der Beurteilung der
Kunsterzeugnisse, keine einseitige Beurteilung und vor
allem keine ungerechtfertigte Nachsicht auf der einen und
unnachsichtige Strenge auf der andern Seite. Eine Be-
urteilung, wie sie jetzt von einflußreichen Kunstrichtcrn
den Bildern moderner Meister zu teil wird, beirrt das
Urteil des Publikums. In der Ängstlichkeit, für Nicht-
kenner und unverständige Beurteiler gehalten zu werden,
gewöhnt es sich daran, das gut zu finden, was seinem
Geschmack widerspricht, und wendet sich von dem ab,
was bislang für wahre Kunst gegolten.

Personal- und Aieliernachrichkrn

n. Berlin. Ter Landschaftsmaler Professor Eugen
Bracht ist an Stelle des verstorbenen Malers Professor Wilh.
Gentz zum Mitgliede des Senates der Königlichen Akademie der
Künste bis Ende September 1893 berufen worden.

w.o. Berlin. Ter Geschichtsmaler Professor Friedrich
Geselschap Hierselbst hat den Kronen-Orden 2. Klasse erhalten.

1.2. St. Petersburg. Ter bekannte russische Maler
Wereschagin ist mit dem Illustrieren einer Geschichte des rus-
sischen Reiches beschäftigt.

— München. Das Preisrichter-Kollegium an der Akademie
der bildenden Künste hat von den eingereichten Preisarbeiten der
Maler „Der Winter" dem Studierenden der Komponierschule Diez:
Hermann Stockmann den ersten Preis, den Studierenden der
Schule von Löfftz: Paul Hey und Otto Walter Bek je einen
zweiten Preis zuerkannt. Belobung erhielten Röseler, Heupel,
Georg Mayer, Smith, Urban, Correggio und Höppener. Von
den Bildhauerarbeiten „Eine der Arbeiten des Herkules" würde
die des Studierenden der Schule Rümann: Alexander Oppler,
den ersten Preis erhallen haben, wenn sie dem Thema entsprochen
hätte, so konnte sie nicht berücksichtigt werden. Ten ersten Preis
erhielt Georg Pezold, den zweiten Preis Alfred Marzolff.
Belobung erhielten: Dittler, Holtmann, Busch, Waderä, Netzer,
Döbrich und Hahn.

Aus F. Aallmorgens Skizzenbuck

— Krakau. Jan Matejko hatte, wie wir seinerzeit mit-
geteilt, den Entschluß gefaßt, von der Leitung der Krakauer
Malerschule, welcher er als Direktor vorsteht, zurückzutreten und
hatte auch bereits seine Demission überreicht. Der Künstler ist
auf Wunsch des österreichischen Unterrichtsministers von seinem
Vorhaben abgekommen.

M Ul. Friedrich Schmidt, geboren 22. Oktober 1825,
7 den 23. Januar 1891. In keinem künstlerischen Berufe ist
die Macht der Persönlichkeit, ein gewisses überwältigendes Wesen
so notwendige Bedingung des Erfolges, als bei dem an die
Mitwirkung so vieler zu der Überwindung so zahlloser offener
und geheimer Hindernisse genötigten Architekten. Daß er neben
seiner ungewöhnlichen künstlerischen Begabung diese Macht
in so hohem Grade besaß und mit ihr ein ungewöhnliches
Maß von Weltklugheit, eine bezaubernde Rednergabe verband,
das ermöglichte es allein, daß der Pfarrerssohn von Fricken-
hofen in Schwaben es sowohl in Italien als in dem für
Charaktere solcher Art besonders geeigneten Wien zu einer
so hochbedeutenden Wirksamkeit brachte. Er war eben nicht
nur ein ungewöhnlich befähigter Künstler, sondern vor allen
Dingen ein ganzer Mann. — Seine, mit dem in Wien
herrschenden Sybaritismus im direktesten Widerspruch stehende
Romantik war übrigens ein Erbstück von seiner poetisch hoch-
begabten Mutter, der Bautrieb aber kam aus der Familie deS
Vaters, da schon der Großvater hannöverscher Hofbaumeister
gewesen. So kam er nach glücklich auf der einsamen Höhe des
Vaterhauses verbrachter Jugend erst nach Schorndorf, dann nach
Stuttgart in die Oberrealschule. Dort ward er durch die schönen
Kirchen in Schorndorf und Eßlingen dem gotischen Stil für
immer gewonnen, um bald darauf die Architektur unter Mauch
zu studieren, nach dem frühen Tode des Vaters von einer
württembergischen Prinzessin unterstützt. Nach vier Jahren eif-
rigsten Studiums wanderte nun der Achtzehnjährige auf gut
Glück nach Köln und stellte sich dem Dombaumeister Zwirner
vor, dem der von Jugendfrische und Genie glühende Jüngling
denn auch so gefiel, daß er ihn alsbald als Steinmetz anstellte,
aber bald zum Palier und dann zum Werkmeister vorrücken
ließ. Nach einigen Jahren schon bestand er glänzend das Staats-
examen in Berlin. Noch wichtiger ward aber für ihn^die Be-
kanntschaft mit den katholischen Romantikern, den Schnaase,
Reichensperger, Bock, Bosen, Kaplan Berg u. a., die den
 
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