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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Unsre Bilder
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Personal- und Ateliernachrichten - Preisausschreiben - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur- und vervielfältigende Kunst
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170 Unsre Bilder. Vom Herausgeber

phierend herumzieht, bietet die Wirklichkeit nur das Wasser
strömender Dachrinnen, indes; der Herbststurm die Blätter
von den Bäumen schüttelt. Das ganze Bild atmet
Schwermut, predigt Vergänglichkeit, und nur die glän-
zende Bravour, mit der das alles dargestellt ist, beweist
uns, daß die alles Schöne leidenschaftlich liebende Art
des Österreichers auch heute noch nicht ausgestorbeu ist,
so wenig als die dasselbe schaffende Kämst.

Aus dem plätschernden Herbstregen des Ruß führt
uns der Düsseldorfer Schwede Fagerlin in die stille
Behaglichkeit eines Sonntagnachmittags bei einem jungen
holländischen Ehepaar, dem die Großeltern eben Besuch
gemacht, um sich nach dem Befinden der Tochter zu er-
kundigen, die Rekonvalcszentin oder Wöchnerin zu sein
scheint. Jedenfalls geht es ihr aber nicht schlecht, um so
mehr, als der jugendlich frische Seemann, ihr Gatte, eben
einen Strauß ans der Kirche mitgebracht hat. Die Eltern
freuen sich offenbar an dem hübschen Paar, ohne gerade
viel Worte zu machen; die Schwester aber, die bei der Ge-
nesenden daheim geblieben war, liest dafür in der Bibel
und die Hauskatze spinnt behaglich neben ihr. Der jüngere
Bruder des Mannes aber amüsiert sich damit, den Seelen-
frieden des vergnügt alle Viere von sich streckenden Haus-
spitzes durch Anblasen mit dem Blasbalg ein wenig zu
stören. So sind alle Teile still, aber entschieden angenehm
beschäftigt, daß selbst den Beschauer etwas von dieser
ruhig zufriedenen, fast ein wenig einschläfernden Feier-
tagsstimmung überkommt.

Personal- und Mrlirrnachrichkrn

* Dresden. Als Lehrer an die Kunstakademie ist der
hiesige Historienmaler Hermann Freye berufen worden.
Er wurde 1844 in Dresden geboren und trat 1860 in die
Dresdner Kunstakademie ein, wo er sich bald durch Kompositio-
nen historischer Art bemerklich machte, so daß er noch als Schüler
des Aktsaales bei der Erneuerung des ersten Semperschen Hof-
lheaters beauftragt wurde, eine Reihe allegorischer Kompositio-
nen und dekorativ-figürlicher Malereien auszujühren. Er trat
dann nicht in eines der akademischen Ateliers von Schnorr
oder Hübner ein, sondern wurde Schüler des mehr malerisch
veranlagten Gönne, auf dessen Rat er später auch nach Antwerpen
(zu van Lerius) und Paris (zu Bonnat) ging. Von den Werken,
die er nach seiner Rückkehr geschaffen hat, nennen ivir neben
einigen Arbeiten dekorativer Art für das kronprinzliche Palais
in Berlin besonders das Bild „Der Abschiedsabend", das bei
der Kritik viel Anerkennung fand, und „Die Reue", d. i. die
bekannte Schilderung des verlorenen Sohnes, die sich ebensowohl
durch Kraft und Festigkeit des Farbtons, wie durch eindrucks-
volle Tiefe der Charakteristik, verbunden mit Schönheit, aus-
zeichnet. Ein großes Historienbild des Künstlers läßt viel er-
hoffen, wenn es vollendet wird. Dargcstcllt ist Christus am
Kreuze im Augenblick nach dem Verscheiden. Tiefes Dunkel ist
hereingebrochen, Sturm und Erdbeben wüten, der Blitz schlägt
im Hintergründe in den Tempel, Maria liegt zusammenge-
sunken am Fuße deS Kreuzes; von der Menge, die ehedem das
Kreuz umstanden, ist nur noch der wachthabende Krieger, ein
Germane, geblieben, der sich halb scheu, halb ehrfurchtsvoll
staunend, fast schon anbetend, dem Kreuze zuwendet. Quer durch
das Bild von oben flutet über die Gruppe ein breiter Licht-
strahl. Gegenwärtig malt der Künstler die zwölf Apostel für
Glasbilder in die Kirche zu Dahlen i. S. Für diese lebens-
und charaktervollen Gestalten erhielt Frehe bei der zweiten
Aquarell-Ausstellung in Dresden eine Auszeichnung.

— Eger. In Eger soll Friedrich Schiller ein Denkmal
errichtet werden, zu dem Bildhauer Karl Wilfert dem Komitee
bereits eine Skizze überreicht hat. Demselben Künstler ist der
Austrag erteilt worden, eine Büste des Bürgermeisters Tachczh
auszuführen.

— München. Philipp Fleischer hat von Berlin einen
interessanten Auftrag auf dem Gebiete der Panorameumalerei

Personal- und Ateliernachrichten

erhalte». Er soll in dem Panorama die Entwickelung des
brandcnburgisch-preußischen Staates schildern und alle markanten
Persönlichkeiten von dem Großen Kurfürsten an zur Darstellung
bringen.

— Berlin. Maler W. Kuhnert in Berlin hat eine
Studienreise nach „gypten, Arabien, Tstafrika und Indien an-
getreten.

K. Berlin. Der Vorsteher des akademischen Mcister-
atelicrs für Kupferstecher, Maler und Radierer, Karl Koepping,
hat den „Professortitel" erhalten.

L-11. Karlsruhe. Prof. Ferdinand Keller hat seine
Verehrer durch zwei Landschaften überrascht, die wiederum von
der Genialität ihres Schöpfers Zeugnis ablegen. Die Motive
zu den beiden Bildern hat Pros. Keller wohl von seiner spanischen
Studienreise mitgebracht. Das eine derselben, in einem für
Keller ganz ungewohnt winzigen Formate ausgeführt, zeigt uns
eine in den Garten führende, am Ende mit Vasen besetzte alte
Treppe, von der sich eine dunkle Figur hcrabbcwegt. Ten Hinter-
grund bildet eine dunkle Baumgruppe, durch die nur hie und da
ein Strahl der untergeyenden Sonne bricht. Das Ganze, eine
herrliche Dämmerstimmung, ist ein koloristiiches Meisterwerk von
unendlich poetischem Reiz und feinster Durchführung jeder Einzel-
heit. Das andre, weit größere Gemälde versetzt uns in eine ganz
andre Stimmung: Stark bewegte Wolken, durch die das Blau
des südlichen Himmels durchbricht, ziehen über ein zerfallenes,
einst prächtiges Rokokoschloß hin, hohe Ehpresseu biegen sich im
Winde, dahinter Streifen des blauen Meeres- Vorn ein einge-
faßtes Wasserbecken, in dessen Mitte eine moosüberzogene ver-
witterte Marmorfigur, am unteren Ende eine zerfallene Gruppe.
Mauerreste und verdorrtes Gestrüppe im Vordergrund. — Nur
Raben bevölkern die verlassene Herrlichkeit. Auch hier ist die
Stimmung, Farbe und Ausführung eine meisterhaft vollendete.

O.L. Paris. Am 31. Januar ist Jean Louis Einest
Meissonier in Paris in dem hohen Alter von nahezu achtzig
Jahren (geboren 21. Februar 1811) an den Folgen einer
Lungenkongestion gestorben. Zwar menschlich erwartbar, ist
dennoch der Tod des größten französischen Meisters der letzten
Hälfte dieses Jahrhunderts schmerzlich überraschend cingetrctcn.
Seine körperliche Konstitution, die ihn als einen Sechziger er-
scheinen ließ, sein srischer Geist, seine, ich möchte sagen, jugendlich
stürmische Hingabe an die großen Angelegenheiten der von ihn,
leidenschaftlich geliebten Kunst, nichts — nichts ließ an die Nähe
einer Katastrophe denken. In Lyon als der vierte Sohn eines
Kaufmanns geboren, ist Meissonier mit seinem originellen Talent
aus bescheidenen Anfängen durch zähen Willen, eisernen Fleiß,
durch künstlerische Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit, den begeisterten
Blick fest und ausgesetzt auf den ewigen Leitstern in der Malerei:
die Natur, gerichtet, zu jener Ruhmesstaffel emporgestiegen, die
keiner der zeitgenössischen Künstler bisher erklommen hat. Ihm
sind bei Lebzelten nicht bloß die höchsten äußerlichen Ehren, die
das Vaterland zu vergeben hat, zu teil geworden, er hatte nicht
bloß einen bis dahin ungeahnten materiellen Erfolg aufzuweisen,
seine Werke, deren nicht müheloses Entstehen Kunstsreunde und
Künstler mit lebhaftestem Interesse verfolgten, erregten fast
immer die Bewunderung, aber immer das achtungsvolle Er-
staunen der gebildeten Welt. Tie Eigenschaften, durch
welche der verstorbene Meister sich und seinem Vaterlande un-
vergänglichen Ruhm erwarb, waren, die der französischen Kunst
eigentümliche Klarheit der Couccption, die Sicherheit und Rein-
heit der Zeichnung, die Präcisiou der Beobachtung, die vollendete
Assimilierung des Stoffes, eine durchdachte, fast raffinierte Technik
und eine in einzelnen Werken eklatant zum Ausdruck gelangende
Gabe der Charakteristik. („Rixe" und „1814"). Alle diese
Eigenschaften kommen in den beiden Perioden der künst-
lerischen Thätigkeit Mcissonicrs zur Geltung. In derjenigen
sowohl, in welcher er, mehr den Spuren der eleganten Holländer
Mets», Micris, Terburg, Piclcr de Hoch, als denen der robusteren
Feniers und Qstade folgend, sich in den kleinsten Dimensionen,
die oft wie bei den Bocciaspielern au die Miniatur streifen, dem
Einzclbilde widmete, wie in jener Periode, in welcher der Meister
das „Genre" verlassend sich der Miniatur-Malerei zuwandte.
Für das moderne Kostüm hat Meissonier wenig übrig gehabt.
Die Figuren seiner Genrebilder tragen meist, die farbenfreudige
Kleidung des 16. und 17. Jahrhunderts, sonst ist ihm die
Uniform sympathisch, namentlich die glänzende Uniform des
ersten Kaiserreiches, zu der die einfache Hülle seines mit seltener
Tiefe studierten Lieblingshelden, des großen Korsen, in einem in
der Kunst immer willkommenen Kontrast steht. Das künstlerisch
Höchste in diesem Bildercyklus hat er mit seinem „1814" er-
 
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