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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Haushofer, Max: Fels und Berg in der Landschaftsmalerei
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Heilbut, Emil: Künstler und Kunstkritiker, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0237

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18Ü ^els und Berg in der Landschaft,nalerei. von Klar ffaushoser — Künstler und Kunstkritiker

welches ihr Gelegenheit bieten soll, Licht- und Farbenerscheinungen, die sie zum Ausdruck ihrer Stimmungen
braucht, wirken zu lassen. Bei diesem Ziele würde eine ausgesprochene Plastik nur störend wirken. Wo die
Stimmungsmalerei daher überhaupt den Berg verwendet, umschleicrt sie ihn gern mit Wolkendunst oder
Dämmerung. Je nach seiner Entfernung und nach dem Dunstgehalte der Luft ist die Deutlichkeit des Berges
abgestuft; sie ist abgestuft vom kaum sichtbaren Schatten bis zum greifbaren farbensatteu Gebilde. Die
Stimmungsmalerei wird, wenn sie überhaupt den Berg verwendet, stets das erstere vorziehen.

Daß aber für die vollendete Meisterschaft Stimmung auch mit gewaltiger Kraft der Bodengestaltung
zu vereinigen ist, beweisen neben den Bildern eines Calame vor allem Rottmanns griechische Landschaften.
Man hat diese Art von Landschaften mitunter als Effektlandschaften bezeichnet. Damit ist aber die Stim-
mung nicht ausgeschlossen. Das Verhältnis zwischen Bodenplastik und Stimmung ist vielmehr folgendes.

Je einfacher die Bodenplastik ist, um so einfacher können jene Mittel sein, welche die Stimmung in
die Landschaft bringen. Je ausgeprägter dagegen, je energischer die Bodenplastik, um so energischer müssen
auch die Mittel sein, welche Stimmung hineinbringen -sollen. Eine in die Nähe gerückte Berglandschaft, in
welcher die Gliederung der Bodenerhebungen, die Risse, Runzeln, Faltungen, Vorsprünge, Grate und dergleichen
deutlich wahrzunehmen sind, wird nur dann Stimmung erhalten können, wenn der Künstler sich nicht scheut,
auch mit mächtigen Farbenwirkungen, das heißt mit Effekten, ins Zeug zu gehen. Sobald er nicht im stände
ist, dem Himmel, der über seinen Bergen liegt, ein entsprechendes Leben zu verleihen, erhält das Landschaftsbild
einen seelenlosen Zug, eine gewisse Starrheit, für welche auch die sorgfältigste und wahrste Darstellung der
Bodenplastik nicht entschädigen kann. Mit der steigenden Kraft des Farbeneffekts wächst aber auch die Gefahr,
unwahre oder unbegreifliche Effekte hervorzubringen; und nur der höchsten Meisterschaft ist es Vorbehalten,
einer reichen Bodengestaltung auch ein reiches Farbenleben zu verleihen, diesem Farbenzauber des irdischen
Teiles der Landschaft einen damit harmonierenden Himmel zu geben und bei all dem nalurwahr, edel und
einfach zu bleiben.

Aünstler und Aunstkritikec

von vermalt Delfcrich

(Schluß aus dem vorigen Hefte) Nachdruck verbalen

II.

a^ichmond, dessen Bild eines Gentleman mit übcreinander-
geschlagenen Beinen auf der Berliner Jubiläums-
ausstellung 1887 eine der schönsten Leistungen war, eine
unvergeßliche Leistung, hat auf dem Kongreß zu Edinburg
einen Vortrag abgelesen, in dem ein heftiger Angriff auf
die Gesellschaft der Kunstkritiker den Tadel einschloß, daß
sie mit ihrem Beifall jede neue Richtung in der Kunst
begrüßten, ob sie gut oder böse sei, nur damit sie etwas

Neues zu schreiben hätten. Ebenso sagt man oft, daß

Kunstkritiker mit dem größten Eifer nach recht bedeutenden
Sujets spähen, d. h. nach solchen, die ihnen Stoff für
ihre Leder geben. Herr Spielmann (ich referiere) sagt,
daß dies ganz falsch sei, den Kritikern solche Dinge nach-
zusagen: denn außer daß hierbei die Frage ganz bei-
seite gelassen wird, ob der Kritiker in gutem Glauben
handle, giebt es wohl kaum einen Berufskritiker, der nicht

im stände wäre, mit der größten Leichtigkeit ein oder

zwei Seiten nur über die Leinwand, geschweige denn
über ein Bild niederznschreibcn, und in der That gibt
es ja heutzutage Kritiker, denen das Sujet völlig gleich-
giltig ist, gemalt und nur gemalt, das ist alles, was sie
verlangen und dulden. Aber die Kritiker behandeln die
neuen Richtungen, ob sie gut oder böse sind, weil sie die
Kunsthistoriker ihrer Zeit sein wollen und ihre Pflicht
gegenüber dem Publikum und gegenüber dein Künstler
gebietet, daß keine neue Richtung, ob sie nun Fortschritt
oder Rückschritt sei, ihrem Späherblicke entgeht.

Byron vergleicht die Kritiker wegen ihrer Unbestän-
digkeit mit dem Winde und den Weibern; der Dichter
Dryden sagte in einem Ausspruche, der seitdem oft auf-

gcgriffen worden ist, daß sie Leute seien, die ihren Beruf
verfehlt haben. Schlechte Dichter, sagt Southcy, geben
übelwollende Kritiker, geradeso wie schlechter Wein Wein-
essig gibt; Haydon schrieb an Mary Milford: Seien Sie
versichert, all diese Kritiker in den Zeitungen sind vor-
mals Dichter, Maler und Schauspieler gewesen, denen es
nicht hat glücken wollen. Und Lord Beaconsfield läßt in
einem seiner Romane eine Person sagen: Sie wissen,
was für Leute Kritiker sind: Menschen, die ihren Beruf
als Dichter und Künstler verfehlt haben, während Lord
Bcaconsfields Vater allerdings (weil er selber ein Kritiker
war) ganz andrer Meinung war, denn er erklärte, daß
ein nicht gerade bedeutender Dichter die Kunst der Kritik
trotzdem in hohem Grade ausüben könne, und wäre er
auch nicht im stände, etwas ihm selbst Gehöriges zu pro-
duzieren, so könne er große Dienste dadurch erweisen,
daß er den glücklicheren Genius andrer reguliert. Ich
freue mich, daß Lord Beaconsfield einen so vernünftigen
Vater gehabt hat. Ter Sohn, der so wie Haydon, ebenso
wie Dryden, dieser wie Southey, Southey wie Byron ge-
fallen mir naturgemäß mit ihren Ansichten weniger. Es
folgt in dem Aussatze des Herrn Spielmann eine Debatte
mit Lord Beaconsfield, welcher, damals noch als junger
Disraeli, 1876 auf dem Festessen der königlichen Akademie
in London eine Rede hielt, in der er so weit ging, zu
sagen, er schätze sich glücklich, daß er kein Kunstkritiker sei.
Herr Spielmann antwortet (und man kann nicht leugnen,
daß es mit etwas saurem Lächeln geschieht), ich danke
meinem Gotte, nicht Premierminister zu sein. Aber diese
Hin- und Herdebatlen sind zwecklos.

Mr. Brett, ein sehr guter Maler (und guten Malern
 
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