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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Seydlitz, Reinhard von: Wo die Sonne scheint, [5]
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Preisausschreiben - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0463

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Z6H Wo die Sonne scheint, von R. v. Seydlitz —

Während ich so doziere, um die Stunden bis Kairo
in angenehmer und lehrsamer Weise auszufüllen, wird die
Luft nach und nach hellbraun, die Farben aller Dinge
verschwinden, alle in eine sich sammelnd, und erschreckt
reibt der Neuling sich die Augen: alles hellbraun, das
Polster des Wagens, der blaue Mantel, das Antlitz des
Mitreisenden — der Himmel, die Bäume — ja der
Wasserspiegel des Kanals — ja bin ich farbenblind — ist das
der Beginn der gefürchteten ägyptischen Augenkrankheit, von
der unser Kairener Landsmann, I)r. Brugsch, vor kurzem
das Jubiläum des fünfundzwanzigtausendsten von ihm
behandelten Falles gefeiert haben soll? Welcher Dämon
hat mit seinem Stabe die Welt berührt, daß sie zu un-
gebrannter Terra Siena gewandelt ist?

Mein lieber Leser, es ist — Staub. —

Was du von diesem Weltmehl etwa bisher zu
schlucken bekamst, war eine verkümmerte Nachahmung,
eine schülerhafte Kopie dieser Bettdecke Ägyptens. Wer
Bulwers Pompeji kennt oder vor einigen Jahren in
der Nähe des wilden Krakatoa geweilt hat, weiß vom
vulkanischen Aschenregen zu berichten; aber wenn der „zu
Staub gewordene" Reisende so zwischen Benha und
Kalyub plötzlich den Gedanken faßt, daß ja eigentlich das
ganze bewohnte Ägypten aus Staub, d. h. feinem, dürrem
Humusschlamm besteht, dann ist nicht ohne Grund zu
besorgen, daß er sich aus dem Waggonfenster kopfüber
in den Kanal stürzt, der mit weisem Vorbedacht neben
den Schienen hin gezogen ist; vorausgesetzt, daß er die
Füllung im Kanal, einer kräftigen Chokolade ähnlich,
mit Spürsinn für erfrischendes Wasser erkannt hat.

Eine blaue Flut, o Leser, bekommst du nicht mehr
zu sehen, ehe du wieder das Nilgebiet verlässest.

Mach' deinen Frieden mit dem Staube; und so ich
dir gut raten darf, mach' Frieden mit allem, was sich nicht
ändern läßt. Will dir in nächster Nacht bei der endlosen
Melodie Hunderter von Stechmücken, bei dem Leitmotiv
ungeahnter Sorten von Blutsaugern die Geduld reißen:
bedenke, daß uns der Orientale Engelsgeduld lehrt, daß
er, der Erfinder des Schachspiels, damit eigentlich nur
„ein Tempo gewinnt" im Kampf mit dem Unvernünftigen;
und dadurch siegt er.

Doch sieh, in den wenigen Augenblicken, da die braune
Hülle vor den Wagenfenstern Lücken aufweist, erblickst du,
was dich freut: ein paar mächtige Dreiecke stehen grau-
violett auf leuchtend gelbem Horizonte, unveränderlich,
wie weit entfernte Berge, während das Land in Baum-
und Häuserfülle mehr und mehr prangend, rasch unter
ihnen dahinfliegt. Und links ragt über einem Wald von
schlanken und balkonverziertcn Türmen eine mächtige silber-
graue Kuppel auf leuchtend gelben Mauern: die Alabaster-
moschee auf der Citadelle!

»UI Karncku lillak: Llasr ei Lailira!«

Personal- und Atrlirrnschrichtrn

7V. o. Berlin. Der Geschichtsmaler Professor Hugo
Vogel, welcher für die innere Ausschmückung des hiesigen Rat-
hauses schon manches bedeutende Werk geschaffen, hat den ehren-
vollen Auftrag erhalten, ein Porträt in Lebensgröße des Ge-
heimen Regierungsrats Prof. vr. Rudolf Virchow, welcher
am 13. Oktober d. I. sein 70. Lebensjahr vollendet und seit
Dezennien den städtischen Behörden angehört, zur besonderen
Ehrung des berühmten Gelehrten für die Sammlungen der
Stadt anzufertigen. MH

Personal- und Ateliernachrichten — Denkmäler

tt. Karlsruhe. Bildhauer Professor Bolz ist zur Zeit
mit dem Modelle eines Grabdenkmales für den verstorbenen
Prinzen Ludwig Wilhelm beschäftigt und zwar im Aufträge der
Eltern, des regierenden Großhcrzogs Friedrich und Großherzogin
Luise von Baden. Im Anschlüsse an die Epitaphien Rauchs
im Mausoleum von Charlottenburg, stellt der hiesige Künstler
den Prinzen auf dem Paradebette über einem reichgeschmückten
Sarkophage liegend dar. Das in Marmor auszuführendc Kunst-
werk soll in dem, soeben in Ausführung begriffenen Mausoleum
im Fasanengarten beim hiesigen Schlösse aufgestellt werden. Das
Mausoleum selbst wird nach dem Entwürfe des kürzlich in Frei-
burg im Breisgau verstorbenen erzbischöflichen Bauinspektor
Franz Bär im frühgotischen Stile durch den hiesigen großherzog-
lichen Hofbaudirektor Hemberger errichtet und dürfte noch'in
diesem Jahre seine Vollendung finden. MSI

L.-v. Darmstadt. In dem Befinden des Bildhauers
August Drach, über dessen Erkrankung wir jüngst berichteten, ist
erfreulicherweise eine derartige Besserung eingetreten, daß der
treffliche Künstler seine Arbeiten wieder aufnimmt. MH

* Dresden. Als Nachfolger Hähnels ist Robert Diez
vom akademischen Rate zum Mitglieds desselben und zum Vor-
stände des Meisterateliers gewählt. Die Wahl bedarf noch der
königlichen Bestätigung. MH

— Paris. Die -Lociete nationale <1es Leaux-.^rts- hat an
drei ihrer Aussteller, die Maler Dagnaux und Rosset-
Granger, sowie den Bildhauer A. Charpentier, Reise-
stipendien verliehen. Die Jury der Akademie zu Paris hat die
Rompreise für Bildhauer bereits vergeben, und zwar erhielt
Sicard den ersten Preis, die zweiten Preise Lefcbure und
Desruelle. MH

Gestorben. Am 25. Juli zu Paris der Geuremaler
A. Leleurs, 79 Jahre alt. — Am gleichen Tage zu Paris der
Bildhauer G. B. E. G. Guitton, im Alter von 66 Jahren.
— Zu Gmunden starb der Landschaftsmaler H. Vosbjerg, ein
Hannoveraner, der zuletzt in München ansässig war. ' MS!

Denkmäler

V. 77 Genf. Am 6. Juli 1891 wurde in der Stadt Gens
das durch freiwillige Beiträge zu Ehren des Staatsmannes
Anton Carteret errichtete Denkmal dem Gemeinderat feierlich
übergeben. Auf marmornem Piedestal ruht die bronzene Büste
Carterets, darunter ist das Genfer Wappen mit einer Palme und
die Inschrift nebst den Jahreszahlen 1813—1889 angebracht. Die
sehr ähnliche Büste wurde von Charmot, einem ehemaligen Zög-
ling der Genfer Kunstgewerbeschule, modelliert und von Lim o nta
in Genf gegossen, das Piedestal durch Architekt Gos erstellt.

tb. Wie man uns aus Rom schreibt, wurde auf dem
dortigen Friedhofe „Lainxo Verano" in feierlichster Weise ein
Denkmal des 1848 bei der Verteidigung Roms gefallenen Frei-
heitsdichters Goffredo Mameli enthüllt. Das Denkmal — ein
Werk Luciano Campisis — stellt den jungen Dichter sterbend
in eine Fahne gehüllt dar; darüber schwebt der Geist Mazzinis. —
Wie uns weiter geschrieben wird, arbeitet der junge römische
Maler Aristide Sartorio — der in Paris preisgekrönte
Schöpfer des Bildes „Cains Söhne" — an einem neuen groß-
artigen und phantastischen Kolossalbilde „DieTräume der Menschen".
Gleichzeitig ist Sartorio mit zwei andern größeren Bildern —
„Die sieben weisen und sieben thörichten Jungfrauen" und „Dante
und Beatrix" beschäftigt. Letzteres auf Bestellung des Herzogs
Albert von Mecklenburg. MH

17. lk. Elberfeld. Für das Hierselbst dem Andenken
Kaiser Friedrichs zu errichtende Denkmal ist kürzlich ein be-
schränkter Wettbewerb ausgeschrieben worden. Auf einem steinernen
Unterbau, der mit gärtnerischen Anlagen verziert oder event. auch
als Brunnen gedacht wird, soll sich ein Granitsockel erheben, der
die etwa 3 Meter hohe Bronzefigur des verewigten Herrschers
trägt. — Zur Einreichung von Skizzen sind aufgefordert worden,
außer dem z. Z. in Rom weilenden Bildhauer Wilhelm Nen-
nt ann (am 24. August Hierselbst geboren und Schöpfer des
bedeutenden Kriegerdenkmals in Langenberg), der Bildhauer
Gustav Eberlein-Berlin, der Bildhauer W. Albermann-
Köln und der Bildhauer Rudolf Schweinitz-Berlin. — Ebcr-
lein fertigt gegenwärtig das Kaiser-Wilhelm-Denkmal für unsre
Stadt und von Albermann besitzt letztere bereits das Krieger-
denkmal auf dem Königsplatz. Schweinitz ist schließlich zur
Konkurrenz zugezogcn worden, weil er das letzte Bildnis des
Kaisers nach dem Leben schuf, das allgemein als besonders gut
getroffen bezeichnet wird. Dasselbe befindet sich gegenwärtig als
 
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