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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 6.1890-1891

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Pecht, Friedrich: Die Münchener Jahres-Ausstellung von 1891, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10736#0476

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Non Friedrich pecht S7Z

vermögen. — Sehr interessant ist dagegen das preisgekrönte Projekt zum neuen Berner Museum von Lam-
bert und Stahl in Stuttgart. Ist der in Spätgotik ausgeführte Hanptban durchaus entsprechend für seinen
wohl großenteils aus alten Trophäen bestehenden Inhalt, so wirken dagegen die vielen, kleinen Nebenbauten
wenigstens im Aquarell zerstreuend. Einen sehr hübschen Entwurf zu einer Garnisonkirche in Straßburg haben
dann Reuter und Fischer in Dresden gebracht, und Albert Schmidt einen etwas schweren zur dritten
protestantischen Kirche in München, wobei man nur die Wahl des für den Protestantismus überhaupt nicht
recht passenden gotischen Stiles bedauert. — Nimmt man nun noch Hoffmanns hübsches Bauprojekt für die
Prinz-Regentenstraße hier und ein paar Villen Drollings, so haben wir alles bemerkenswerte so ziemlich
erschöpft und können nur noch unsre Verwunderung darüber aussprechen, daß auch nicht eine einzige dieser
Zeichnungen den Versuch macht, das Ge-
bäude so darzustellen, wie sich der Bau-
meister seine malerische Wirkung gedacht
haben mag. Selbst des Wormser Hof-
mann sehr ausgeführter „Wasserturm"
bleibt an Reiz noch weit hinter der
Photographie desselben Bans zurück. —

Und doch scheint der eigentliche Haupt-
zweck einer derartigen Ausstellung der zu
sein, andern Lust zn machen, solchen
Bau ausgeführt zu sehen! Nicht
weniger auch, sein Verhältnis zu seiner
Umgebung kennen zu lernen.

Was nun die nicht sehr zahl-
reichen Produktionen der vervielfältigenden
Künste betrifft, so zeigen sie uns, daß
Radierung und Holzschnitt immer aus-
schließlicher das Feld behaupten. Aber
während die Radierung unbestreitbar
große Fortschritte macht, läßt sich dies
eigentlich vom Holzschnitt nicht behaupten,
der sich im Gegenteil immer mehr in die
nachgerade bis zum Überdruß gesteigerte
Manier verrannt hat, alles nur mit
einer Strichlage ausdrücken zu wollen,
wodurch er doch nichts erreicht, als alle
künstlerische Individualität einzubüßen
und der Autotypie immer ähnlicher zu
werden. Dagegen greifen die Maler-
Radierer mit besonders glänzendem Erfolg
jetzt immer häufiger zum Grabstichel, und
besonders zur kalten Nadel und erhöhen
dadurch den Reiz ihrer Arbeit nicht
wenig. So besonders Kling er, der aus
seinem Werke „Vom Tode" fünf prächtige
Blätter bringt, in denen er sein Talent,
die Phantasie wahrhaft dämonisch anzuregen, ganz merkwürdig bethätigt. — Man sieht da recht, wie das ofl
am meisten fesselt, was man nur halb versteht. — Nach ihm machen zwei Blätter Mannfelds die meiste
Wirkung, das Rathaus in Löwen und dann ganz besonders der „Schillerplatz" valZ-o „Gendarmenmarkt" in
Berlin im Winter. Hier hat er eine Poesie erreicht, die man kaum für möglich halten sollte. Sehr originell
ist auch das einen Kupferstecher darstellende Blatt von Zorn in Paris. Landschaftliches geben dann mit
Glück Meyer-Basel, Voellmy, Legros in London, Lemm und besonders originell Feldmann in Berlin.

Unter den Arbeiten der Stecher von Prosession trägt dann eine große Radierung von Frl. Doris
Raab nach Vandyks berühmtem Porträt der Frau Colyn de Nohl mit ihrem Mädchen unbedingt den Preis
davon durch die unübertreffliche Wiedergabe des seelenvollen Ausdrucks der Köpfe, wie der glänzenden farbigen
Wirkung des Ganzen. Hechts Porträt des Prinz-Regenten Luitpold imponiert dann durch die malerische
Freiheit dieser Originalradierung, wie auch Eilers vortreffliches Bildnis des Geigerfürsten Joachim. Horte
in Paris gibt dann Christoph Columbus vor dem Rate von Salamanca nach Barabino mit geistvoller Freiheit
 
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