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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Hirth, Georg: Die Vererbung des Talentes und Genies, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0257

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20 f

Die Vererbung deF ^alente^ und Genies

von vi'. Georg Mrth

(Schluß) Nachdruck verboten

ir wissen auch, daß es oft der strenge Vater war,
der, selbst vielleicht ein bescheidener Künstler, den
Sohn auf die Bahn des Ruhmes gebracht hat. Nun ist es
aber eine alte Erfahrung, daß große und berühmte Männer
in der Regel weder Zeit noch Lust haben, sich der sorg-
fältigen Erziehung und beruflichen Vorbildung ihrer Söhne
zu widmen, während die letzteren, durch den Glanz und
das Wohlleben des elterlichen Hauses verwöhnt, und
wohl auch entmutigt durch die Erfolge des Vaters, es
vorziehen, sich den Freuden des Lebens anstatt der harten
Arbeit zu widmen. So kann es kommen, daß eine wirk-

Kaulbach, Voltz, Meyerheim u. a.; in Frankreich
die Poussin, Trotz, Bouet, Jouvenet, Boulogne,
Coypel u. a.; in Spanien die Herrera, Rodri-
guez, Fernande;; in den Niederlanden und Flan-
dern aber eine überraschend große Zahl, so dievanEyck,
Massys, Weyden, Ruisdael, Teniers, Ostade,
Brueghel, Bloemart, Grebber, Vos, Balen,
Jordaens, Hals, Cuyp, Helft, Everdingen,
Goltzius, Heem, Götzen, Neer, Mieris, Miere-
velt, Mytens, Netscher, Ryckaert, Wouwerman,
Horemans, Moucheron, Huysum, Huysmans,

Begrüßung eines von einer längeren, äußerst strapaziösen Dienstreise zurückgekehrten Mitgliedes, von L. v. Nagel

lich vorhandene Erbanlage nur schwächlich oder gar nicht
zur Entfaltung gelangt.

In Wirklichkeit steht es aber gerade auf unserem
Gebiete nicht so schlecht mit der Wiederholung.

Während die berühmten Philosophen, Entdecker, Er-
finder , Dichter und Komponisten — die Visionäre —
meistens ohne irgendwie gleichwertige Nachkommenschaft
geblieben sind, hat die Geschichte der bildenden Künste
ganze Reihen talentvoller, bezw. künstlerisch thätiger
Familien aufzuweisen. So in Italien die Mante gna,
Lippi, Raffael, Tizian-Vecelli, Luini, Bassano,
Robbia, Palma, Calliari, Caravaggio, Campi,
Abate, Udine, Gaddi, Zuccaro, Tiepolo u. a.; in
Deutschland die Burgkmair, Schäufelin, Dürer,
Holbein, Beham, Hirschvogel, Stimmer, Me-
rian, Sandrart, Rugendas, Preisler, Tischbein,

Dir Kunst für Alle VN

Francken, Camphuyzen, Van de Velde, Terborch,
Berkolje u. s. w.

In diesen Familien, denen sich Hunderte weniger
bekannte an die Seite stellen ließen, geht die Kunstübung
manchmal durch mehrere Generationen, hier aussteigend,
dort absteigend. Einmal beginnt die Entwickelung mit
einem kunstgerechten Goldschmied oder Steinmetz und
endigt mit einem berühmten Maler, das andere Mal
beginnt sie mit einem solchen und endigt mit einem kleinen
Architekten, Kupferstecher oder Illuminator. Die spezielle
Naturgeschichte solcher Familien wäre äußerst interessant;
um aber daraus Schlüsse auf die etwaigen Gesetze zu
ziehen, welche die Natur bei der Fortpflanzung, Spaltung
und Steigerung des Talentes befolgt, brauchten wir
äußerst genaue, sorgfältige Beobachtungen, wie sie kaum
an lebenden Familien gemacht werden können. Von den

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