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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Die Jahresausstellung 1892 im Wiener Künstlerhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0293

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von Carl v. vincenti

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Julius Schmid, (prächtiges Knabenporträt), Huber, Griepenkerl (insbesondere Hofrat Meynert), Felix
(Kindergruppe), Jan Styka, Ajdukiewicz, Koroknyai, Rumpler (Kardinal Kutschker), sie alle erregen
Interesse. Trübner, der wieder stark vertreten ist, stellt ein insbesondere koloristisch interessantes männliches Porträt
ans; nächst diesem hängt ein nobel gehaltenes, fein empfundenes, in Linie wie Farbe schön abgewogenes Bildnis
einer älteren Dame (Baronin Dunkelmann) von Alois Schornböck, einem der besten Löfftz-Schüler. Wir
glauben, der junge Bildnismaler, ein Wiener, hat eine Zukunft.

Im Sittenbild wird der Liebhaber beim Schotten Neid und bei dem Pariser Tissot länger verweilen,
während der gewöhnliche Besucher sich an Beide erst gewöhnen muß. Beide sind grundverschieden voneinander.
Neid zählt heute unleugbar zu den am schärfsten charakterisierenden Koloristen und Tissot gibt in seiner Tetralogie
vom „verlorenen Sohn" ein altes Thema wieder, das jedoch mit feinster Beobachtung und englischer klar-
erzählender Weise zu Dank der
englischen Bourgeois, um nicht
zu sagen, Shopkeepers vorge-
tragen ist; das dritte Bild
(Heimkehr) wirkt in diesem
Sinne höchst dramatisch. Im
übrigen beherrscht auf diesem
Gebiete die mehr oder minder
gemäßigte Jungschule das Feld:

Paul Hoeckers „Nonne" im
lichtdurchbrochenen Laubgang
mit dem überraschenden Licht-
effekt hat den größten Zu-
spruch; selten ist eine Kloster-
frau so umlagert worden und
mit Recht, das Bild verdient
das große Interesse, es ist
nicht lediglich wegen der Licht-
flecken gemalt, die Gestalt hat
Seele; wie viele Hoffnungen
sind in dieser Seele mit den
fallenden Blättern verwelkt,
über welche diese Sonnenlichter
hinhuschen. Gegenüber diesem
Bilde findet die Stigmatisierte
Katharina Emmerich von Gab-
riel Max trotz der Meister-
schaft, womit hier der Maler
des Übersinnlichen die religiöse
Hysterie verkörpert hat, weniger
Interesse, während das be-
rühmte Affenbild größten Er-
folg hat. Unter den sonstigen
Münchener Treffern auf diesem
Gebiete möchte ich insbesondere
hervorheben: Gierymskis

verblüffend beleuchtetes Nachtbild vom Wittelsbacher Platze, Hugo Kauffmanns humorvollen „eingeschlafenen
Musikanten", Holmbergs hocharistokratischen jungen Fürstbischof, am Fenster seiner Residenz in die Hochalpenwelt
hinausträumend — die Damen finden ihn entzückend — Kowalskis prächtige Winterbilder, Raupps Genrebild
vom Chiemsee, Grützners „Schäffler-Werkstatt". Defregger ist diesmal weniger hervorragend, Simm findet
an Veith „Von Anno dazumal" von der Wiener Jungschule einen Nebenbuhler für Alt-Wienerisches,
Kuehl hat ein Segelflickerbild mit den alten Findigkeiten eingeschickt und Seiler vertritt wie allemal mit viel
Glück das Kabinetstück. Das Düsseldorfer Genre, imponiert durch Bockelmann und Oehmichen, das Karls-
ruher hingegen ist durch Claus Meyer diesmal weniger günstig vertreten. Unter den Wienern stehen Goltz
(jetzt in Paris) mit zwei reizenden ländlichen Motiven, Temple mit einem stimmungsvollen „Feierabend auf
dem Lande", Bernatzik mit zwei Bildern, ein vertieftes Klostermotiv („Am Scheideweg") und ein spielend ge-
löstes koloristisches Problem, Selig mann mit einem virtuos durchgeführten Motiv aus der Wiener Gesell-
 
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