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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Springer, Jaro: Die akademische Kunstausstellung in Berlin, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0416

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von Jaro Springer

Die Bilder des 1891 verstorbenen Reformations-
malers Gustav Spangenberg waren im vergangenen
Winter in der Gedächtnisausstellung der Nationalgalerie
hinreichend lange ausgestellt. Es ist unerfindlich, warum
sie uns jetzt in der Ausstellung noch einmal gezeigt
werden. Leider hat man aber das einzig gute, was
Spangenberg hervorgebracht hat, fortgelassen, seine Zeich-
nungen, die einen bleibenden Wert haben
und die unbeeinflußt durch den jeweiligen
Tagesgeschmack immer unmittelbar zu uns
sprechen werden. Der vom Staat vielfach
beschäftigte Freskomaler Geselschap hat
eine große Anzahl von Skizzen und Ent-
würfen ausgestellt. Eine spätere, wohl nicht
mehr sehr ferne Zeit, wird über Geselschap
etwa so urteilen, wie wir jetzt über Wilhelm
von Kaulbach, eher noch ungünstiger.

Über die Münchener auf der Berliner
Ausstellung habe ich nach München wenig
zu berichten. Denn es ist uns von dort
nicht viel zugeschickt worden, und das
wenige, was man uns gegönnt hat, ist
keineswegs neu und durchaus nicht das Beste.

Wir verdienen aber auch nichts anderes. Wie
Cornelius Gurlitt (übrigens der einzige
unter den Berliner Kunstschreibern, der ein
offenes Auge für die Entwicklung der mo-
dernen Kunst hat und der ohne dünkelhafte
Vorurteile und ohne gelehrte Schrullen
an die Bilder herantritt) kürzlich so richtig
sagte: „Für die Kunst ist München die
Hauptstadt Deutschlands, Berlin die Pro-
vinz." Wenn ich jetzt über die Münchener
in Berlin schreiben soll, komme ich mir vor,
wie ein Provinzler, der über den Besuch
hauptstädtischer Gäste in seiner Heimat be-
richten soll. Hier zeigt sich der Hauptstädter
nicht in der neuesten Mode, sondern trägt
die alten Röcke auf, die unterscheiden sich
aber immer noch von der landesüblichen
Tracht, so daß Hinz nnd Kunz über die
verrückte Mode Zeter schreien. Was die
Münchener uns geschickt haben, sind auch
meistens alte Röcke, für den neuesten Schnitt
sind wir noch nicht reif. So ist die neueste
Phase der Münchener Schule auf der Ber-
liner Ausstellung gar nicht vertreten und
die führenden Münchener Meister, selbst die
der älteren Richtung, lernt man hier nur
sehr unvollkommen kennen.

Von den vier ausgestellten Bildern
von Fritz von Uh de ist höchstens der
„Ostermorgen" auf der Höhe seiner sonstigen
Werke. Leibls Bedeutung — ich zitiere
in beliebiger Reihenfolge — wird durch die ausgestellten
Proben keinem klar, ebensowenig Trübner, dieser
allenfalls noch durch den Zimmermannsplatz. Hans
v. Bartel's vorzügliche, manchmal freilich etwas derbe
Aquarellen sind hinwiederum eine glückliche Zusammen-
stellung bester Arbeiten, wie sie uns auch auf der Aquarell-
ausstellung dieses Winters nicht besser geboten wurde.
Gut und den besten Leistungen des Meisters anzureihen
ist ferner Piglheins Frühlings-Idylle, eines der an-

ziehendsten Bilder der Ausstellung. Der phantastische
„heilige Georg" von Ludwig Herterich hat große
Schönheiten, den Berlinern gefällt das Bild aber natür-
lich nicht. Von Münchener Porträtmalern erwähne ich
Marr und Graf Kalckreuth. Sehr pikant in der
Färbung ist das Bildnis einer Malerin von Freiherrn
v. Habermann. Die Bilder von Fr. Stuck,, die sich



Der

Gang zum Tempel, von Harry Humphrey Moore

diesmal hier vorfinden, sind von den Ausstellungen von
Schulte her alte Bekannte.

Von den übrigen deutschen Kunststädten ist wenig
zu sagen. Aus Düsseldorf ist wenigstens ein gutes Bild
eingesandt worden: Arthur Kampf „Professor Steffens
begeistert zur Volkserhebung im Jahre 1813 zu Breslau".
Also ein historisches Bild, und man meint doch sonst,
daß für dieses Fach die Zeit vorbei sei. Es sind wenig
Historienbilder auf der Ausstellung und an diesen gehen

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