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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Pecht, Friedrich: Die Münchener internationale Ausstellung von 1892, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0446

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Z5§ Die Münchener internationale Ausstellung von ;8g2

Menagerie Paul Meyerheims, einem höchst geistvoll witzigen Bilde, das freilich die Zuschauer seinen Elephanten
und Büffeln eine gefährliche Konkurrenz machen läßt. — Unstreitig haben die Tier- und Landschaftsmalerei weit
größeren Nutzen aus der modernsten Kunstbewegung gezogen, als alle andern Fächer, weil die ganz einseitige
Verfolgung des koloristischen Prinzips oder der Pleinair-Malerei hier natürlich besser angebracht war als bei
Göttern und Helden, oder gar bei Heiligen. So hat Wenglein diesmal bei seiner großen, den ersten Schnee-
fall im Hochgebirge darstellenden Jsarlandschaft alle Nebenbuhler durch die Vereinigung von wunderbarer Licht-
fülle und tiefem Ernst geschlagen, die sein die Natur in all ihren feinsten Phänomenen so glücklich belauschen-
des meisterhaftes Bild auszeichnen. Dergleichen läßt sich eben nur erreichen, wenn man die betreffende Land-
schaft beständig beobachten kann, wie der Münchener die Jsargegend, der Venetianer die Lagune. Deshalb
haben sich denn auch die Münchener Maler mehr als jemals in der nächsten Nähe, um Dachau, Bruck, Starn-
berg, an der Amper und Würm oder Isar hin augesiedelt und es kann keine Frage sein, daß dieses gründlicher
als je betriebene Naturstudium die Herren Willroider (siehe dieses Heft), Strützel, Fink, Neubert, deren
Bilder besonders glücklich gegriffen erscheinen, gar sehr gefördert hat, wie die reizend zarten Frühlingsbilder
von Kubierschky (siehe S- 279) oder die keckeren von Fritz Bär, die delikaten Ernteszenen von Hugo
Mühlig in Düsseldorf, dessen „Schafweide" übrigens noch vollendeter ist, während Müller-Kurzwelly und
Poschinger den Herbst bald mit seiner Farbenpracht, wie Pötzelberger, bald mit seinem düsteren Ernst,
wie Kochanowsky vorführeu. Ins Hochgebirge hat sich fast nur der Berliner Ludwig mit seinem wahrhaft
großartigen „Albula-Paß" verirrt, einer ebenso schön aufgefaßten als durchgesührten Leistung; ans Meer führt
uns Baisch in drei trefflichen Bildern, ebenso Kallmorgen, Böhme und Normann, oder Canal und
Hans Hermann in seinen hübschen, aber allzu einförmigen Stadtbildern. Italien schildert Oswald Achen-
bach in zwei etwas zu konventionellen Werken und Schietzold brachte ein Capri mit edel stilvoller Auffassung,
während die Karlsruher Wieland und Ravenstein uns wenigstens nach Venedig oder ans Tyrrhener Meer
führen, wo uns der Schweizer Corrodi in einem malerischen Bilde die Störfischerei mitmachen läßt. Den
deutschen Wald haben eine Menge Künstler sich auserkoren, so giebt mit besonderer Bravour der Münchener
Peter Paul Müller einen herrlichen Buchenwald im Spätherbst, dann einen stillen Weiher am Waldrand,
Paul Flickel in Berlin einen Buchenwald an der Ostsee und Rettich eine großartige Eichenallee, Fanny
v. Geiger eine köstliche Allee, wohl im Schleißheimer Park im Frühling, wie Kami ah einen Waldrand im
Herbst, Eilers und Weichberger Waldinneres, Dall'Armi einen Hirsch im Bergwald, kurz, hier in der
Darstellung unsres größten landschaftlichen Schatzes zeigen die Maler, daß sie wohl wissen, wie kein andres
Land etwas dem deutschen Wald auch nur annähernd gleiches zu bieten hat. Natürlich wird er nicht nur im
Herbst und Frühjahr, sondern auch im Winter geschildert, wo denn diesmal Andersen-Lundby den Preis
mit seinem im tiefen Schnee und beginnender Abenddämmerung an einem Waldrand hinziehenden Ehepaar
davonträgt, weil hier das Erstarren der Natur mit wunderbarer Kraft geschildert wird. Oeder in Düsseldorf
giebt dann eine schneebedeckte Haide mit Tannengruppen und der Berliner Stahl einen hügelansteigend schnee-
bedeckten Friedhof in der Abenddämmerung, dessen unheimliche Ruhe merkwürdig absticht gegen das brausende
Leben und Funkeln eines dicht unter demselben sich hinziehenden Bahnhofs. Dies große Gemälde gehört
unstreitig zu unsren besten Stimmungsbildern. Eine in ihrer sonnigen Harmlosigkeit reizende Spreelandschaft
gab Schmitgen; Feldmann, Munthe und Hartwich haben gute Winterbilder gebracht. In die Ebene,
gelegentlich selbst in den Sumpf führen Bürgel in seinem herbstlichfarbigen Hochmoor, v. Berlepsch mitten
in eine Überschwemmung, wie der Weimaraner Hagen in ein sonniges Kornfeld, oder Keller-Reutlingen
gar aus das berühmte Dachauer Moos, wo wenigstens die Luftperspektive vortrefflich gegeben ist. An den
Strand führen uns Tina Blau und zwar auf den Nieuvendam bei Amsterdam, an die sehr fein studierte
Nordsee Heimes, an die sich auch Hans Hermann so gerne verirrt, während uns der Badener Kamp-
mann in einem lieblichen Bilde gar an die Bernsteinküste führt und die Berliner Schreiber und Hammacher
nach Mönchsgut auf Rügen mit seiner unermeßlichen Aussicht übers Meer. Dieses, mit allen Schauern wilder
nordischer Natur, läßt uns der Karlsruher Böhme in zwei sehr bemerkenswerten Bildern aus den Lofoten
kennen, während die beiden andern Badener Dill und Zoff uns der erstere an die venetianische Lagune und
der zweite mitten in einen wilden Seesturm bei Nervi führen, wo man sich dann nur verwundert, daß die
Lofoten und das Tyrrhener Meer in ihrer Färbung sich so auffallend gleichen. Ebenso könnte man auch
Ferys Nebelmorgen in Michigan ganz leicht mit Finks Spielhahnbalze im Dachauer Moos vertauschen. —
Ist es nun gar keine Frage, daß unsre Tier- und Landschaftsmalerei reich sind an interessanten und scharf
ausgeprägten Erscheinungen, und daß die durchschnittliche Geschicklichkeit sich gar sehr gehoben hat, so muß
anderseits auch zugegeben werden, daß so maßgebende Persönlichkeiten, wie es ein Rottmann oder Preller,
später Lessing oder auch A. Achenbach eine zeitlang waren, jetzt nicht mehr zu finden sind, da selbst
Wenglein oder der diesmal leider nicht vertretene Schönleber es noch nicht zu solch hervorragender Stellung
gebracht. Dafür hat, wohl infolge der überhaupt sehr gestiegenen technischen Geschicklichkeit, die Süllleben- und
Blumenmalerei einen sehr bedeutenden Aufschwung genommen, ja die erstere zählt in Kunz einen Meister ersten
 
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