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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Hellmuth, Leonhard: Kurze Winke für Dilettanten über das Ätzen
DOI Artikel:
Stockbauer, Joseph: Die Wahl der Tapete
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0127

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Die Aunst im Hanse


Krug

Das Prin-
..zip des
Ätzens be-
steht darin,
daß man
gewisse
Stellen der
zu ätzenden
Oberfläche
schützt und
die übrig-
bleibenden
durch Ätz-
mitteltiefer
legt. El-
fteres ge-
schieht mit
dem sogen.
Ätz- oder
Deckgrund,
letzteres
mit Aetz-
flüssigkeit.
Dabei un-
terscheidet
man nach

dem fertigen Aussehen zwei Meßverfahren: Die
Hochätzung und die Tiesätzung. Bei der Hoch-
ätzung bleibt die Zeichnung in der Höhe der
ursprünglichen Oberfläche, bei der Tiefätzung
dagegen bleibt der Grund stehen, während
die Zeichnung tiefer gelegt wird. Durch
die Hochätzung erhalt man ein leicht er-
habenes Flachornament, durch die Tiefätzung
eine Art Gravierung oder Radierung.

Beim Hochätzverfahren werden nur ein-
zelne Stellen der glatt polierten Oberfläche
geschützt, beim Tiefätzverfahren dagegen wird
die ganze Oberfläche mit Decklack übermalt
und erst dann die Zeichnung mit der Radier-
nadel ausgekratzt. Notwendig werdende Aus-
besserungen oder wünschenswert erscheinende
leichte Schattierungen bei der Hochätzung
können ebenfalls mit einer Radiernadel aus-
gekratzt werden. Außer jenen Stellen des
Gegenstandes, welche erhaben bleiben sollen,
muß auch die Rückseite desselben mit Deck-
lack übermalt werden. Schellacklösung in
Alkohol thut da dieselben Dienste und kann
leichter wieder entfernt werden.

Vor dem Austragen des Ätzgrundes muß
indes der Gegenstand vollständig gereinigt
werden. Fettspuren, die meist von der Be-
rührung mit
den Händen
herrühren,
entfernt man
durch Abrei-
ben mit ge-
schlemmter
Kreide und
Abspülen mit
verdünnter
Kalilauge
Vorhandene
Oxydschichten
beseitigt man
mit verdünn-
ter Schwefel-
säure. Eine
Berührung
mit den
Händen wäh-
rend des Auf-
tragens der
Zeichnung
oder auch des

Aetzgrundes Krug

vermeidet Entworfen von Tb. E^rich

man durch die sogenannte Brücke oder den
Steg, d. i. ein Brettchen mit zwei Leisten
an den Seilen.

Der Decklack ist als Asphaltlack im
Handel. Derselbe wird mit etwas Terpentin
verdünnt, um das Aufmalen mit dem Pinsel
zu erleichtern, zu sehr verdünnt bietet er
dem Ätzmittel nicht mehr genügend Wider-
stand. Man suche da durch Proben das
Richtige, zu finden.

Äls Ätzmittel verwendet man am häufigsten
10—30prozentige Salpetersäure oder auch
30—50prozenttgeEisenchloridlösung. Letztere
ist empfehlenswerter, da die Salpetersäure
beim Ätzprozeß übelriechende Gase und
gesundheitsschädliche Dämpfe entwickelt. Elfen-
bein ätzt man auch mit einer Höllenstein-
lösung (1 Teil salpetersaures Silber und
etwa 5 Teile destillierten Wassers), wobei
das salpetersaure Silber die geätzten Teile
schwarz färbt. Eine braune Färbung er-
zielt man dagegen mit einer Lösung von
1 Teil übermangansaurem Kali und l OTeilen
destillierten Wassers. Marmor ätzt man auch
mit konzentrierter Essigsäure oder verdünnter
Salzsäure. Der zu ätzende Gegenstand
wird in Wannen aus Glas oder Steingut,
sogenanten Planschalen, gelegt und dann
das Ätzmittel aufgegossen. Runde Gegen-
stände kommen „in andre passende Gefäße.
Während des Ätzens bewegt man diese
Wannen hin und her, dadurch findet eine
gleichmäßigere Ätzung „statt.

Die Dauer des Ätzprozesses hängt von
dem Material, der Stärke des Ätzmittels
und noch mehr von der beabsichtigten Tiefe
der Ätzung ab. Die geätzten Gegenstände
werden dann häufig noch der besseren Wirkung
wegen mit Farbe eingedeckt und metallische
zum Schutze gegen Oxydation mit Schellack-
firnis lackiert oder mit Schellackpolitur poliert
Man glaube übrigens ja nicht,, daß alles
sofort gelingen müsse, nur viel Übung bringt
Erfahrungen, welche über die Gründe des
Mißlingens Hinweghelsen. Wer sich einen
ausführlichen Ratgeber über die Ätztechnik
anschaffen will, dem ist das bei A. Hart-
leben in Wien erschienene Merkchen „Das
Ätzen der Metalle:c." von H. Schuberth
zu empfehlen.

Vie Mahl der Tapete

>^ahezu die erste und keineswegs eine
^ ^ nebensächliche Frage bei dem Einzuge in
neue Wohnungsräume ist die nach dem
augenblicklichen Zustande der Tapeten und
den eventuellen Bedingungen zu ihrer Neu-
gestaltung. Denn in der Regel wird man
die Tapete des Vorgängers nicht mehr
brauchen können, Bilder und Möbelrück-
wände haben aus der gleichmäßigen Fläche
ein Flickwerk von dunklen und Hellen Flecken
gemacht und hin und wieder hat ein aus-
gerissener Nagel bedenkliche Defekte zurück-
gelassen. Dazu kommt, daß sich gerade in der
Tapete der Geschmack des seitherigen Be-
wohners stark und wohl in manchen Fällen
unangenehm für den neu Einziehenden
geltend macht Die Tapete giebt der Fär-
bung des Zimmers und daher dem Gesamt-
charakter der Wohnungsausstattung die
eigentliche Prüfung. Man mag die dunkel-
Üen Möbel in ein helliapeziertes Gemach
stellen: der Eindruck wird ein Heller bleiben.
Wem daher daran liegt, den Räumen, in
denen er wohnt, ein individuelles Gepräge
zu verleihen, der hat in erster Linie die

Tapete in den Bereich seines thätigen Inter-
esses zu ziehen und dafür Sorge zu tragen,
daß durch die Tapete nicht der wohlüber-
legte Akkord einer geschmackvollen Einrich-
tung einen Mißton erhalte.

Die erste Frage muß immer sein: wel-
chem Zweck hat das Zimmer zu dienen, für
das eine Tapete gewählt werden soll. Ein
Arbeitszimmer, ein Boudoir, ein Eßzimmer
darf man nicht mit derselben Tapete ver-
sehen, will man nicht die charakteristischen
Eigentümlichkeiten der einzelnen Zimmer
verwischen und sie aus behaglichen Wohn-
räumen zu charakterlosen Gelassen ernied-
rigen. Man vertiefe sich in das eigentliche
Wesen, in den Geist, der in dem einzelnen
Zimmer herrschen soll, und man wird selten
in der Wahl der Farbe der Tapeten irre
gehen. Der dunkle Ton wird für die Welt
der Gedanken, für ernste Arbeit, den passen-
den Hintergrund bilden, während lichte
Farben der heiteren Freude, dem harmlosen
Genießen gewidmet scheinen.

Schwieriger dürste die Frage nach dem
Muster der Tapete sein. Ihre Beantwor-
tung ist unter anderm davon abhängig, ob
die Wand des Zimmers noch in andrer
Weise geschmückt werden soll und in welchem
Matze. Wo Bild an Bild, Dekorations-
stücke und Draperien die Wand bedecken,
muß die Tapete möglichst einfarbig, mög-
lichst musterlos erscheinen, um die Blicke
nicht von den Schaustücken abzulenken,
während die große unbenutzte Fläche leb-
hafte und reiche Musterung verträgt.

In beiden Fällen aber hat man sich
vor dem Streifigen und vor dem Fleckigen
zu hüten. Ein Zimmer soll nicht an einen
Käfig oder an das Lattenwerk eines Gartens
erinnern. Die Wand ist eine glatte Fläche
und es ist stets unschön, wenn man den
eigentlichen Charakter eines Gegenstandes zu
vertuschen sucht. Die Tapete soll als wär-
mender Behang erscheinen, nicht aber den
Eindruck der Wärme durch anscheinende
Zerteilung der Mauer aufheben. Daher
ist es im höchsten Grade tadelnswert,
wenn — wie man es zuweilen sehen kann —
naturalistische Ranken an schmalem Gitter-
werk die Wände des Zimmers umgeben.
Nicht minder aber, wenn einzelne Punkte
in der Fläche derartig hervorgehoben werden,
das die Ruhe des Musters gestört, der reine
Zusammenhang gewissermaßen durch Flecken
unterbrochen wird.

Man hüte sich überhaupt vor allem Auf-
fälligen, insbesondere vor allem Natura-
listischen. Bunte Blumenbouquets, Tierstücke
und Genrebilder haben auf einer Tapete
nichts zu thun, die nicht allein und als
Kunstwerk wirken will. Gobelins mag man
an die Wände hängen, aber man überlege
sich wohl, ob Tapeten mit ähnlichen Dar-
stellungen nicht uncker einen andern Gesichts-
punkt fallen. Ein Rahmen, der eine figür-
liche Komposition durchschneidet, ein Nagel,
der in ein Menschenantlitz geschlagen werden
muß, lehrt, was man vermeiden sollte.

Im allgemeinen thut man wohl daran,
schlichte, ruhige Muster von wohlthuender
Färbung, die mit dem Ton der Möbel
harmoniert, zu wählen und dabei die Regel
zu befolgen, daß die Größe des zu tape-
zierenden Zimmers und das Muster der
Tapete in einem gewissen Verhältnis zu
einander stehen müssen. Ein kleines Gemach
mit riesigem Muster auf der Tapete erscheint
noch kleiner und wirkt — unschön.
 
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