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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Graf, Franz: Eugen Klimsch
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0152

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Lugen Klinisch

NI

kopieren konnte, so mußte er darauf den Stift in die
linke Hand nehmen und mit dieser dasselbe Kunststück
nochmals von neuem beginnen. Eine Unmöglichkeit, ein:
„Ich kann nicht!" das gab es Hierüberhaupt nicht, auch
kein Ruhen und kein Rasten. Ob es Tag war oder
Nacht, ganz einerlei: cs wurde immer weitergearbeitet,
bis das Pensum erledigt. Dem alten Herrn mit den
jugendfrischen, geradezu rosigen Wangen, sah niemand,
der ihm in die ewig freudestrahlenden Augen geblickt,

Skudirnkopf. Von Lugen Uli in sch

die vielen durchwachten Nächte an, und dem Sohne, dem
gehen sie gottlob auch nicht nach.

Dabei blieben dem jungen Klimsch die sonstigen
Molesten und Anstrengungen, wie sie der Unterricht auf
der Gewerbeschule und dem Gymnasium mit sich bringt,
aber keineswegs geschenkt. Auch das mußte durchgebissen
sein, und während seine Schul- und Leidensgefährten
sich bei heiterem Spiel der knappen Erholungsstunden
freuten, saß er daheim und zeichnete so lange die Rechte
den Stift halten konnte, und war diese müde, dann kam
eben die Linke daran. Dem Stift folgten das Schneid-
messer, der Grabstichel und die Nadel, so ging es in
ewigem Wechsel.

Mit dem Jahre 1860 fand diese strenge aber ge-
sunde Lehrzeit ihr Ende und der damals Zwanzigjährige
kam nach München zu Professor Andreas Müller, dem
Historienmaler, bekannter unter dem Namen des Kom-
ponier-Müller.

Das Samenkorn, welches der Vater so sorgfältig
gepflanzt, hier ward es unter der Leitung des hochbe-
rühmten Meisters zur Reife gebracht und Jahre fröh-
lichen und gedeihlichen Schaffens begannen. Ein Glück
für Klimschs fernere Entwickelung war es,
daß, wie der Vater es schon gethan, auch
Müller die Pflege des Schönen über alles
und in erste Linie setzte, ein Glück, daß
auch er zu jenen soliden Naturen gehörte,
welche jedem Dinge auf den innersten Kern
kommen wollen, die sich nicht mit ein paar
genial hingeworfenen Strichen begnügen,
sondern an jedes Kunstwerk die Kardinal-
forderung stellen, daß es auch fertig und
bis ins letzte Detail durchgeführt sei. Fm
Laufe der Zeit, mit zunehmender Selbst-
ständigkeit und nach langen inneren Kämpfen,
kam allerdings und wie das ja in der
Natur der Sache liegt, des Schülers eigenes
„Ich" immer mehr zum Durchbruch und
immer stärker äußerte sich seine Hinneigung
zur ewigen Lehrmeisterin Natur. Eine
Neigung, die sich schließlich in einer Technik
Bahn brach, welche gerade am wenigsten
dazu berufen schien, ihr Ausdruck zu ver-
leihen, in der Kleinmalerei auf Pergament
nämlich. Hier war es, wo Klimsch seine
ersten Erfolge in künstlerischer und, was fast
noch mehr bedeuten will, auch in pekuniärer
Beziehung einheimste. In allerkürzester Zeit
war er auf dem Kunstmarkte der tonan-
gebenden Weltstädte Paris und London, ja
selbst in New-Iork aufs beste eingeführt.

Wem jemals eine dieser Miniaturen
im Original zu Gesicht gekommen, dem wird
allerdings dieser überraschend schnell ein-
getretene Erfolg begreiflich erscheinen, denn
zu jener Zeit war die Pflege gerade dieses
Zweiges der zeichnenden Kunst nur in wenige
Hände gelegt und unter diesen Wenigen nahm
Klimsch schon bei seinem ersten Auftreten
eine geradezu hervorragende Stellung ein.
Seinem kindlich reinen, in des Wortes edelster
Bedeutung naiven Gemüte schien gerade in
dem edelsten aller Materiale, dem Pergament,
die richtige und seinen Intentionen sich am zwanglosesten
anpassende Unterlage gegeben zu sein. Hier konnte er sich
im Kleinen und Kleinsten groß zeigen, hier gelangten die
edlen, immer heiteren und liebenswürdigen Gestalten seiner
schaffensfreudigen Phantasie auf die zwangloseste Weise
zur Darstellung. Hier war er in dem ewigen Kampfe
des Künstlers mit dem Material jedesmal der unfehlbare
Sieger, so zwar, daß von den Spuren dieses Kampfes,
der schließlich ja auch ihm nicht erspart wurde, auch
nicht das geringste Überbleibsel mit in das fertige Kunst-
werk hinübergenommen worden. Reinlich und zweifels-
ohne stehen seine Gestalten da, seien es nun Amoretten,
Putten, vornehme Idealfiguren oder solche aus dem realen
 
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