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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Albrecht de Driendt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0189

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VIII. Jahrgang. Heft IO

iA. Februar 1893

—Herausgegelien von Friedrich Wecht -r—

„Die Kunst für Alle" erscheint in halbmonatlichen Heften von 2 Bogen reich illustrierten Textes und 4 Bilderbeilagen in Umschlag geheftet. Bezugspreis im
Buchhandel oder durch die Post (Reichspostverzeichnis Nr. 3661, bayer. Verzeichnis Nr. 167l, k. u. k. österr. Zeitungsliste Nr. 429) 3 M. 60 Pf. für das Vierteljahr
__ (6 Hefte); das einzelne Heft 75 Pf.


Albrecht de Vricndt.

Wort Historienmalerei hat keinen guten Klang in den Ohren
unsrer jüngeren Künstlergeneration, und fügt man hinzu, daß
es sich um dekorative oder Wandmalerei handelt, so ist sie sofort
geneigt, diese als Ausübung einer Kunst zweiten Ranges zu behandeln.
Wohl sehr mit Unrecht. Denn die Kunst, welche einen Raffael mit
seinen Fresken in den Stanzen des Vatikans, einen Michelangelo in
der Capelia Sistina, einen Girlandajo und den Mönch aus Fiesole
in der Ahnenprobe anfführen kann, braucht sich ihrer Herkunft wahrlich
nicht zu schämen. Freilich handelt es sich bei ihr um etwas andres,
als ein Stück Natur abzuschreiben oder einer „Impression" sich hin-
zugeben und sie auf die Leinwand zu bannen. Diese Historienmalerei
erfordert eine Summe von Wissen und Studium, ein liebevolles Sich-
versenken in die Aufgabe, verbunden mit einer Beherrschung der
Technik, welche zu erringen einem großen Teile unsrer Künstler längst
zu mühsam geworden ist. Damit soll nicht ein Tadel gegen die
moderne Kunst ausgesprochen werden. Jedermann muß ihren Ver-
diensten Gerechtigkeit angedeihen lassen, ihrer Ehrlichkeit in der Dar-
stellung, ihrer Intimität der Naturbetrachtung und ihrer Schärfe der
Charakteristik gegenüber einer geistlosen Anekdotenmalerei, der die Wahl
des Titels mehr Mühe macht als das Bild selbst. Nur das soll
gesagt werden, daß diese jene nicht ausschließen soll, will sich die
Kunst nicht eines ihrer schönsten Rechte berauben: auch Erzieherin des
Volkes zu sein. Denn für dieses sind die historischen Wandmalereien aufgeschlagene Seiten aus dem Buche der
Geschichte. Sie reden eine verständliche Sprache, an ihnen erstellt und bildet es sich.

Das alte Brügge im Flandrischen, einst das nordische Venedig, die Beherrscherin der Nordsee, in
dessen zweihunderttausend Einwohner zählende Straßen aus dem jetzt versandeten Hafen die Reichtümer und
Schätze sich ergossen, ist eine stille verarmte Stadt geworden, die kaum fünfzigtausend Einwohner zählt. Aber
die Bürgerschaft hat einen lebendigen Sinn für die Erinnerung an die einstige Größe, und so beschloß sie den
Schöffensaal in ihrem Rathaus mit Wandmalereien zu schmücken und übertrug deren Ausführung dem dazu
geeignetsten spezifisch nationalen Maler, dem Antwerpener Akademiedirektor Albrecht de Vriendt. Seit dem
Jahre 1888 schaffte dieser an den Kartons zu den Wandgemälden, welche in dreifacher Größe der Kartons
ausgeführt werden sollen. Sieben von den acht Kartons, die es werden sollen, hat der Künstler bereits
fertig, und diese führen wir heute unfern Lesern in Wort und Bild vor. Dem großen Publikum sind sie be-
reits durch die vorjährige Münchener Jubiläums-Ausstellung bekannt geworden.

Albrecht de Vriendt hat sich seiner Aufgabe mit großer Meisterschaft entledigt. Seine Kartons, die
man freilich nicht als Gemälde, sondern als das, was sie sein wollen, als Kartons zu dekorativen Wandmalereien
ansehen darf, gehören ihrem Charakter nach ganz der altvlämischen Schule an und vereinigen Korrektheit
der Zeichnung mit kräftigem farbenreichen Kolorit. Der Künstler hatte da eine, wenn auch schwierige, so doch

Klbrechk dr Vriendt.

Runst fLr All- VNI.
 
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