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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Philippi, P.: Häusliche Betrachtungen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0206

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Die Au „st im Hause.

iSY

Material, seine äußeren
Eigentümlichkeiten hervor-
kehren; das Holz darf also
nicht mit Deckfarbe über-
strichen werden, dagegen
ist ein Beizen oder Oelen
erforderlich, um dem frisch-
bearbeiteten Holze den
rohen Anschein zu nehmen.
Bei gemalter Ornamen-
tierung (am besten Braun
in Braun) muß entweder
als Grund der reine Holz-
ton stehen bleiben, oder
die Ornamente behalten
den Holzion und der
Grund, welcher jedoch nicht
die vollständige Fläche
einer Balkenseite ein-
nehmen darf, sondern von
dein reinen Holze um-
^ ^ rahmt sein muß, um dieses

als das herrschende Material erkennen zu
lassen, wird bemalt. Sehr empfehlenswert
ist in diesem Falle der Goldgrund.

Wo eine ebene Decke heutiger Art vor-
handen ist, lasse man keine fabrikmäßigen
Gipsornamente aufkommen oder verbanne
dieselben; solche Ornamente müssen in ihren
Motiven aus der architektonischen Konstruk-
tion herauswachsen, aufgeklebte Fabrikware
ist, abgesehen von den häufig sehr armseligen
Renai'ssanceformen, ein verwerfliches Sur-
rogat.

Soll eine derartige Decke aufs einfachste
behandelt werden, so streiche man sie mit
einenr matten, hellbraunen oder bräunlich-
gelben Tone und nicht mit dem leider so
beliebten Weiß. Weiß und Schwarz sind die
unwohnlichsten Farbentöne und als größere
Flächen in Junenräumen durchaus zu ver-
meiden. Ein breiter Rand in etwas dunklerem
Tone als der der Decke bildet einen angenehmen
Übergang zwischen der Decke und den Wänden,
bei welch letzteren nicht nur das absolute
Weiß, sondern überhaupt ein zu Heller Ton
vermieden werden muß, da einem solchen
erstens an sich der Eindruck der Behaglichkeit

mangelt und er

zweitens nicht, wie ein
mittlerer Ton, bei all
den Möbeln und son-
stigen Gegenständen
denen die Wand als
Hintergrund dient,
einen einheitlichen Ge-
samteindruck zu ver-
mitteln vermag.

Etwas schmuckvoller
könnte jener Rand ge-
staltet werden durch ein
Ornament, für welches
der romanische und der
gotische Ornamenten-
schatz reichliche schöne
Motive bieten. Auch
hier ist zu empfehlen,
daß die Ornamente sich
auf dem dunkleren
Rande in der Farbe
der Decke abheben, da
in der dadurch gewahr-
ten Einheitlichkeit ein
großer Vorzug gegen-
über der Anwendung
andersfarbiger Orna-
mente liegt. Denn es
ist leichter mit einfachen
Mitteln ein harmonisch
abgerundetes Ganze zw

schaffen als mit reichen
Mitteln, und wenn
man sich heutzutage be-
müht, das Gefühl für
Formen- und Farben-
schönheit in den wei-
testen Schichten des
Volkes zu entwickeln,
so ist die Erzielung
eines gründlichen Ver-
ständnisses nur mög-
lich, wenn man mit
dem ABC der Sache
anfängt und dem ver-
kümmerten Geschmacke
zuerst das Schöne und
Harmonische in seiner
einfachsten Gestalt vor-
führt und erst wenn
dieses volkstümlich ge-
worden ist, in allmäh-
lich aufsteigender Stu-
fenleiter die reichere
Formen- und Farben-
welt folgen läßt. Läßt
man aber auf einen
verdorbenen oder unentwickelten Geschmack

gleich die ganze Ueberfülle des üppigsten

Formenreichtums wirken, so ist diese Dosis

zu stark, das Auge
sieht durch die Hülle
des Nebensächlichen
nicht den wesentlichen
Aufbau der harmo-
nischen Erscheinung,
verwechselt beides,
sieht den Kern der
Sache in prunkenden
Lappalien, und die
Folge ist ein Streben
nach ausschweifender,
gehäufter Formenge-
bung ohne ästhetisch-
solides Gerippe.

Aus diesem Grunde
halte ich auch die heut-
zutage besonders be-
günstigte Renaissance
für eine viel weniger
geeignete Erzieherin
in den Elemtarfächern
des Kunstgewerbes
als die Gotik und
Romanik. Außerdem
genießen die Orna-
mente der italienischen
Renaissance mit ihren
vielfach ganz unmalerischen Formen heut-
zutage eine unverdiente Verehrung, we-
nigstens ist in den betreffenden Samm-
lungen die Spreu nicht von dem Weizen
gesondert. Aber diese Spreu ist erstens
alt und zweitens weit her.

Schließlich sei noch darauf aufmerksam
gemacht, daß eine Zimmerdecke durch allerlei
herabhängende Zuthaten in malerischer Weise
belebt werden kann, was hauptsächlich bei
den besprochenen Decken einfachster Art
wünschenswert ist. Ausgestopfte Vögel und
Fledermäuse, kleine Segelschiffe, Laternen,
japanische Papierlampen und anderes werden
mit bestem Erfolge verwendet.

(Fortsetzung folgt.)


Meine.Mitteilungen. -

O. 8. Berlin. Das große Fest des Schüler-
verbandes der Unterrichtsanstalt des königlichen
Kunstgewerbemuseums ist der beiden Trauerfälle
wegen — Professor Schütz und Baumerster Speer —
auf Freitag den 3. Mär; verschoben worden.

O. 8. Halle a. S. Der Kunstgewerbeverein
erläßt im Aufträge deS Herrn Verlagsbuchhändlers
Wilhelm Knapp in Halle a. S. ein allgemeines Preis-
ausschreiben behufs Erlangung von Entwürfen zur
Einrichtung eines bürgerlicht n Kneipzimmers von etwa
6 m Länge und 4 m Hohe. Zur Verteilung kommen :
ein erster Preis von l20 M, ein zweiter Preis von
75 M.; weitere gelungene Entwürfe sollen zu je
50 M. angekauft werden. EinlieserungSzeit bis
10. Februar. Die näheren Bedingungen sind von
Herrn Verlagsbuchhändler Knapp zu beziehen. Das
Preisausschreiben ist nach unsrer Einsicht in die Be-
dingungen ein sehr dankbares, nochzumal auch die
zur Verteilung gelangenden Preise ausreichend be-
messen sind für die aufzuwendende Arbeitsleistung.

0. 8. Berlin. Wieder hat der Tod der Unter-
richtsanstalt des königlichen Kunstgewerbemuseums
eine bewährte Lehrkraft entrissenArchitekt Rudolf
Speer. Mitinhaber der bekannten Arckitektensirma
Schmieden L Speer — früher Gropius L Schmieden
— starb in der Nacht zum 6. Januar plötzlich an
einer Herzlähmung im 44. Lebensjahre. Sp^er war
der Bearbeiter der Pläne und architektonischen Details
für das jetzigePrachtgebäude des Kunstgewerbemuseums,
das nach dem Entwurf von Gropius L Schmieden
erbaut ist. Für die Projektionslehre. Schatten-
konstruktion und Perspektive war Speer ein schneidiger
Vortragender, an dessen Worten nicht lange zu deuteln
war. Ich habe diesen Mann hochgeschätzt und mit
mir werden viele seiner Schüler und Schülerinnen
ihm über das Grab hinaus tiefe Dankbarkeit zollen.

— Berlin. Der Verein für deutsches Kunst-
gewerbe erläßt soeben wieder vier ferner anregenden
Preisausschreiben, und zwar- 1. Buchtttel in Typen-
druck in deutscher Schrift ohne Rand; 2. Gardinen-
halter mit Quaste (Posamentier-Arbeit); 3 Modell
für einen silbernen Patenbecher (Holzkörper mit Wachs-
modellierung) ; 4. Photographische Originalaufnahme
eines eigenartig aufzubauenden Stilllebens nach der
Natur. Einzuliefecn bis 1. Februar. 4. März,
1. April und 1. Mai 1893. Für jedes Ausschreiben
je ein Preis von M. 80. 60 und 40. An diesen
Preisausschreiben dürfen sich beteiligen: die Mit-
glieder, deren Mitarbeiter und alle in Berlin wohnenden
Kunsthandwerker, Künstler, Zeichner und Fachleute.
Bisher hatte der Verein nur Entwürfe refp. Zeich-
nungen von den Konkurrierenden verlangt, und be-
schränkt derselbe also in den vorliegenden Wettbe-
werbungen die Teilnahme auf die betreffenden
ausübenden Kunsthandwerker — ein sehr weiser Ent-
schluß, denn die ausgeführte Arbeit ist vielfach doch
etwas andres als ein gezeichnetes Bild.

0. 8. Dresden. Der durch Semper und
Springer geschultebekannteKunsthistorikerundArchitekt
Professor Or. Richard Steche, am 17. F-bruar 1837
in Leipzig geboren, ist am 3. Januar in Niederlößnitz
bei Dresden gestorben. Er war einer der eingreifend-
sten Bahnbrecher für die Geschichte des Kunstgewerbes,
und hatte den an der technischen Hochschule zu Dresden
dafür neu errichteten Lehrstuhl inne. Königreich und
Provinz Sachsen haben in ihm ihren unermüdlichen
Wander-Avostel verloren, dessen zahlreiche, trefflich
durchgearbeitete und meisterhaft gesprochene Vorträge
kunstgewerblichen und baugeschtchtlichen Inhalts für
weite Kreise fruchtbringend geworden sind.

Lillersrur.

^ H. Bouffier „Anleitung zur Modellier-
kunst." 58 Seiten 5« mit Abbildungen. (Leipzig.
Moritz Nuhl Preis 2 M.) Das Büchelchen ist ledig-
lich für Liebhaberkünstler geschrieben. Es will in Ne
Modellierkunst einführen — und Übung allein macht
den Meister. Der Verfasser ist den ausübenden Haus-
künstlern nicht mehr fremd, er hat ihnen auf den Ge-
bieten des Malens und Zeichnens schon manchen
Fingerzeig gegeben und manche Sorge genommen. —
Denken wir an das „Sandspiel" der Kinder, die
mittelst kleiner Holzformen Kuchen „backen", auch
Lehm. Thon. Brod- und Semmelteig, ja selbst Pech
und Wachs zu Knetübungen nicht verschmähen, so ist
der Trieb für plastische Wiedergabe von Gebilden
größer als die durch Pinsel, Bleistift und Griffel auf
der Fläche. Sicher ist die Modelliertechnik ungemein
übend für Hand und Auge, dürfte sich aber bei Ver-
wendung von Thon nicht für jeden Haushalt empfehlen
lasten, da Schmutz von Thon und Gips bei größeren
Arbeiten unausbleiblich ist — die Billigkeit des
Materials außerdem zu großen Aufgaben verleitet,
denen der Dilettant nur vereinzelt gewachsen ist. Das
Büchelchen behandelt durchweg die figürliche Seite
der Modellierkunst; das liest sich alles recht schön,
ist aber nur dazu geeignet, im Dilettanten ganz
falsche Begriffe von eigener Kraft und Fähigkeit zu
entwickeln und auf falsche Bahnen zu bringen. Man
sollte gerade den Liebhaberkunsten mehr Ernst und
Gewissenhaftigkeit schenken, kleinere Aufgaben, stellen
und nähere Ziele stecken, und dazu halte ich die
Modellierkunsk in Thon für verfeHlt.) die in "Wachs
bedeutend geeigneter. 0.3.
 
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