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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Relling, ...: Die Berliner Kunstausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0367

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2Y0

Die Berliner AunstauLstcllung.

unnahbaren Selbstherrschers wirkt im Keller-
scheu Bild fremdartig und legt ein ablehnen-
des Urteil nahe. Gegenüber hängt das viel-
besprochene Kaiserporträt von Frau Par-
laghy, über dessen Zulassung wieder ein
boshaftes Histörchen erzählt wird. Wenn es
doch erfunden wäre! Von der Ausstellung
bei Schulte war das Bild schon bekannt und
bei dieser Gelegenheit auch hier besprochen
worden. Bei nochmaliger Betrachtung ge-
winnt das Bild nicht, selbst hier im soge-
nannten Ehrensaal in keineswegs blendender
Gesellschaft. Hans Bohrdt hat im Ehren-
saal ein historisches Seestück ausgestellt: die
kurbrandenburgische Flotte in der Schlacht
bei Bornholm. Mit diesen neuen Spezies
der Geschichtsmalerei, die spekulativer Pa-
triotismus hier hervorgebracht hat, wird man
sich kaum befreunden können. W. Simm-
lers Fahrt des Großen Kurfürsten über
das Haff gehört in dieselbe Kategorie histo-
rischer Bilder, bei denen man über dem
Gegenstand den Kunstwert vergessen kann,
wenn man den guten Willen dazu hat. Nun
aber schnell an den anderen Schrecknissen
des Ehrensaales vorüber und die wenigen
anschauungswerten Sachen, die hier hängen,
angesehen. Ein großes Historienbild von Peter-
Ja ns sen in Düsseldorf, das einen wenig ver-
ständlichen und unbedeutenden Vorgang aus der
Düsseldorfer Geschichte darstellt, hat manchen
trefflichen Zug und ist durch das Kolorit wie
durch die lebendige Komposition angenehm.
Seltsam wirkt zunächst das Bildnis der Groß-
herzogin von Mecklenburg-Schwerin von Hub.
Herkomer, weil es von seiner sonstigen Malweise, so weit wir sie hier wenigstens kennen lernen konnten, so
abweicht. Die Fürstin, die mit klugen Augen aus dem Bilde sieht, ist weiß gekleidet mit hellblauer Schärpe. Im
bunten Teppich und im getäfelten Hintergrund des Zimmers sind die Farben durch einen glühenden Bernstein-
ton znsammengehalten und vereint. Das befremdet anfangs, aber man sieht sich hinein und kehrt gern vor
das Bild zurück. Neben dem Kaiserbild von Frau Parlaghy hängt in pikanter Nachbarschaft eines der guten
Bismarckporträts von F. v. Lenbach. Die Nachbarschaft ist auch vom künstlerischen Standpunkt lehrreich,
weil die Vergleichung der beiden Bilder zeigt, wie weit die einstige Schülerin hinter der Kraft und der trotz
allem doch einzigen Kunst des Lehrmeisters zurückgeblieben ist. Früher aber stand sie ihm näher. Trefflich
ist hier noch das in eigener Weise gemalte Bildnis eines protestantischen Geistlichen vom Grafen Ferdinand
Harr ach. Die Zusammensetzung des Ehrensaales ist vorbildlich für die der Berliner Abteilung der Aus-
stellung und wiederholt sich hier im vergrößerten Maßstab. Neben einer erdrückenden Fülle von Mittelware,
die zumeist noch unter dem polizeilich erlaubten Durchschnitt bleibt, einige wenige gute Sachen (von denen, die
hier immer gut sind), die ein Einhändiger an den Fingern abzählen kann. Wer nicht ortskundig ist, muß
sich nun durch die lange Reihe der Berliner Säle durchwürgen, bevor er im Münchener Saal endlich auf
wirkliche Kunstwerke stößt. Ich aber kenne glücklicherweise die Gelegenheit und gehe hintenherum durch ein
kleines Pförtchen und bin so gleich da, wo die moderne Kunst anfängt: bei den Münchnern. Wenn es doch
möglich wäre auch die Berliner Kunst hintenherum auf verborgenem Wege zur Erkenntnis zu führen und
ihnen den langen Passionsweg zu ersparen, der sie doch nicht zur Erlösung führt. Im Saal der Münchener
Sezessionisten hängt ein Bild, an dem schon am ersten Tag ein Zettel mit Aufschrift: Angekauft von der Gemälde-
galerie in Dresden befestigt war. Das ist Max Klin gers Pieta, bisher sein bestes Bild und überhaupt eines
der hervorragendsten, das ein deutscher Künstler zuwege gebracht hat. Zum engern Kreise der Münchener Sezessionisten
gehört Klinger nun freilich nicht, aber nicht weit genug kann man den Kreis ziehen, der alle die umfaßt, die mit den

Pvrkräk sr. Kgl. Hoheit des Prinxregenken Buikxold von Bayern,
von Wilhelm Räuber.

Große Berliner Kunstausstellung !s89Z.
 
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