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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 9.1893-1894

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Die internationale Jubel-Ausstellung in Wien, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11970#0300

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von Karl von vincenti.

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Artemis, von Math. Ga steig er.

nummer gelten: Ein altes, wegmüdes Weib zieht mit
einem müden Hundekarren des Abends daher. Die
Stimmung ist Zwielicht und Schwermut und Tages-
müdigkeit, grau die koloristische Parole, jenes Grau, aus
welchem die ganze Farbenskala der jungen und jüngsten
Graubrüder von der Wirkungsmalerei hervorgegangen.
Das beste holländische Bildnis ist das Selbstporträt der
hübschen Therese Schwartze; sie hält Palette und
Pinsel, womit sie so meisterlich zu hantieren versteht,
in der Hand und blickt dem Beschauer voll ins Gesicht.
Als so recht holländisch handfest wahr möchte ich noch
Amsterdamer Straßenbilder von Breitner, Jansen
und Karsen (Alt-Amsterdam) besonders hervorheben.
Ausgezeichnet sind wieder die beiden Maris, Jakob
insbesondere mit seinem reizenden Strandbild, vertreten.
Auch der alte Seemaler Mesdag bleibt unverwüstlich,
wenn auch seine Zeit vorüber ist.

Großhistorie ist heute spanisch. Auf der Weltkarte
ist Spanien zusammengeschrumpft, in der Kunst liebt es
Großformat und seine Regierungen unterstützen es. Fragt
man denn nach Historienmalern, so meldet sich die spanische
Akademie in Rom. Gute Schule, was man auch sagen
mag. Die Leute können viel, verstehen sich auf den
großen Wurf und bewältigen dessen technische Schwierig-
keiten spielend. Daß die Spanier daher auch köstliche
Fein- und Filigranmaler sind, weiß alle Welt. Die

Ausstellung thut diese Doppelsertigkeit mit dem bekannten
riesigen Dogaressen-Bilde des Jose Bille gas und dem
meisterhaften Kleinbildchen „Kardinal im Chor" von
Benlliure y Gil schlagend dar. Der Triumph
der „Dogaressa Foscari" mit seinem Massenaufgebot von
jungweiblicher venetianischer Schönheit hat alle Feuilleton-
federn in Bewegung gesetzt, verdientermaßen, denn die
Kolossalleinwand nimmt unleugbar die Massen im Sturm
und ist ein prächtig Stück Großmalerei, ein Triumph
malerischen Könnens, aber ein Makart ist sie trotzdem
nicht. Unser großer farbenrauschiger Hans hätte so etwas
doch anders gekonnt. Ja, Makart lernt man nicht,
Villegas bisweilen. Auch das Kolossalbild: „Tod eines
Stierkämpfers" von Villegas ist da, leider im Treppen-
hause, wirkt aber dort — für ein bewaffnetes Auge.
Der spanischen Porträts und Landschaften sind nicht
viele, hingegen hat man große Auswahl in nationalen
Sittenbildern. Sorolla tritt mit seinem „Kuß" als
Genremaler glücklicher aus, denn als Bildnismaler; ganz
köstliche Sachen sind Benlliures „Feierliche Messe",
Viniegras „Novize" und Rosellüs „Messe vor dem
Stierkamps".

Sittenmalerei ist die Stärke der modernen Italiener,
die sich längst das Monumentale, Historienhafte als
wenig marktfähig abgewöhnt haben. Wir finden in ihrer
Abteilung allerdings die monumental farbige „Herodias",

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