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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Kunstliteratur u. vervielf. Kunst - Vom Kunstmarkt - Vom Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0066

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Aunstlitteratur und vervielf. Kunst. — vom Runftmarkr. — von, Ruustgewcrbe.

— W. v. Gloeden, „Sizilianische Freilichtstudien".
(Leipzig, Hugo Grosser.) Wir nehmen gern Veranlassung, unseren
Leserkreis auf diese Sammlung photographischer Naturaufnahmen
von der Insel Sizilien hinzuweisen. Die ganze Kollektion ist jetzt
auf ca. 1500 Okummern angewachsen, die sich zu ungefähr gleichen
Hälften auf das Quartformat, ca. 20x25, und das Kleiu-Quart-
oder Kabinettformat, ca. 11x17 cm, verteilen, so daß also jedes
Format ca. 750 Nummern verschiedener Aufnahmen enthält. Der
weitaus größte Teil aller Aufnahmen stellt nackte junge Ein-
geborene der Insel Sizilien dar. Die Plastik ist eine vollendete.
Die in freier Natur bei prächtigem Lichte aufgenommenen jungen
Gestalten sind nicht nur Künstlern bei ihren Arbeiten als vor-
zügliches Studienmaterial wertvoll, sondern sie bieten auch dem
Lehrapparat des Anatomen eine willkommene Bereicherung, da
die außerordentliche Schärfe und Deutlichkeit der Aufnahmen dem
streng untersuchenden und Prüfenden Auge der Wissenschaft den
gleichen Dienst leisten wie dem kritisch betrachtenden Blicke des
Künstlers. Die autotypische Wiedergabe eines Blattes (s. Seite 45)
möge dies Urteil bekräftigen. Soweit bei der armseligen Be-
völkerung Siziliens von „Kostüm" die Rede sein kann, ist dem-
selben auch Rechnung getragen: es sind eine ganze Anzahl von
wohlgelungenen Blättern beider Formate, die bekleidete Fi-
guren männlichen und weiblichen Geschlechts bringen, immer mit
einem gewissen entsprechenden landschaftlichen Hintergründe, mit
lebhafter Staffage, wodurch auch diese Aufnahmen ganz interessant
und gefällig wirken. — Den kunsthändlerischen Vertrieb der
Kollektion hat das bekannte Kunstsortiment von Hugo Grosser
in Leipzig übernommen; selbiges ist, wie es uns mitteilt, gern
bereit, beide Kollektionen zur Ansicht zu versenden. issssi

?. ?c. „Deutsche Gesellschaft für christliche Kunst".
Jahresausgabe 1894. München, Obernetter. Diese schön aus-
gestattete Publikation bietet uns die Photomechanischeu Abbildungen
einer Reihe von Erzeugnissen der Gesellschaftsmitglieder, wie sie
erfreulicher kaum gedacht werden könnten. Jedenfalls sind sie
ganz geeignet, uns über die Zukunft unserer Kunst weit gründ-
licher zu beruhigen, als dies gar viele Ausstellungen mit ihrem
Mischmasch von Talent und Verrücktheit vermöchten. — Baukunst,
Bildnerei und Malerei haben ziemlich gleichmäßig dazu beigetragen.
Das Hervorragendste ist indes die Komposition von Fuget zu
einem von ihm in Fresko ausgeführten Chorbogen, einer Art
christlichen Olymps voll einer an Dürer erinnernden Großartig-
keit, und Georg Büschs bekannter, von uns schon hier besprochener
Altar, mit den herrlichen Gruppen musizierender Knaben zu
beiden Seiten, beides Schöpfungen von einer Gesundheit und
Selbständigkeit, wie man sie nur als ersten Ranges qualifizieren
kann. Dazu kommen aber noch kaum weniger wertvolle Arbeiten
von Defregger, Wadere, Baumeister, Feuerstein u. a., so daß man
dies Heft einen wahren Triumph nicht nur christlicher, sondern
auch echt deutscher Kunst nennen kann, da alle diese Arbeiten
einen ausgesprochen individuellen und nationalen Charakter zeigen.
Nicht weniger jenes gesunde Stilgefühl, den rhythmischen Sinn,
welcher mit der großen musikalischen Begabung unseres Volkes
so genau zusammenhängt. ftsisi

— München. Professor Herm. Baischs künstlerischer
Nachlaß wird anfangs Dezember durch die Fleischmannsche
Kunsthandlung Hierselbst zur Versteigerung gelangen, nachdem
derselbe vorher außer in Karlsruhe, dem Wohnsitz des verstor-
benen Meisters, auch in Frankfurt a. M. und Berlin zur Aus-
stellung gelangt sein wird. Die Sichtung des ca. 200 Nummern
umfassenden 'Nachlasses ist von Baischs Schwager und Testaments-
vollstrecker Professor E. Schönleber besorgt worden. Obgleich
Baisch ja dem Publikum durch seine rege Beteiligung an Aus-
stellungen als ein tüchtiger, genialer Künstler bekannt mar, so
werden selbst von denjenigen, die dem Verstorbenen in Freund-
schaft nahe gestanden haben, nur wenige eine Ahnung von der
großen Schaffenskraft des Verblichenen gehabt haben, wie sie sich
durch die Ausstellung des Nachlasses bekundet. M-Zi

— Berlin. Auf einer bei Rudolph Lepke abgehaltenen
Bücher-Auktion wurde ein Exemplar des NaglerschenKünstler-
lexikons mit 355 M. bezahlt. lse54i

Vvm Kunstgewerbe.

0. 8. „Traute Wohnräume", 5 Lieferungen^von je 10 Tafeln Imp.
Form- ä Lief. 18 Mk. Verlag von Ernst Wasmuth — Berlin 1893. — Seit Prof.
Luthmer fein herrliches Werk: Malerische Innenräume aus Gegenwart und
Vergangenheit 1886—88 bei H. Keller-Frankfurt a. M. erscheinen ließ, hat ein
merklicher Umschwung in der reicheren Wohnungsausstattung stattgefunden,
dessen Eigentümlichkeiten bisher in keiner beachtenswerten einheitlichen Publi-
kation festgehalten worden sind. Diesem Mangel hilft Wasmuth mit seinen
trauten Wohnräumen ab, in welchem er uns das Schönste und Reichste an
köstlichen Zimmereinrichtungen vorsührt, und zwar in so wohlgelungenen photo-
graphisch künstlerischen Aufnahmen, daß wir die^Räume selbst vor uns zu haben
meinen. Steht auch dieser Fülle und Pracht das Wort „traut" nach unserer
Meinung etwas fremd gegenüber, Übertritt das hier Gebotene selbst die An.
sprüche, die ein gut bemittelter Poet in seiner kühnsten Phantasie an ein
trautes Heim stellt, so spiegelt sich doch in diesen anheimelnden, hochmalerischen
Einrichtungen für Familie und Gesellschaft ein Zug deutschen Gemütslebens
wieder, wie er charaktervoller und gleich überzeugend wohl nirgends anders
als im Heim in Erscheinung treten kann. Was hier in den trauten Wohn-
räumen der gewichtige Mammon vermag, das erreicht auch mit bescheidenen
Mitteln der Kleinbürger. Landmann, Beamte und Handwerker. Wo sich
jeder nach seiner Decke streckt, da wird er sich auch heimisch fühlen; was
einen Raum traut macht, das läßt sich ja nicht in Rezepte kleiden, nicht von
außen hineintragen: unser eigenes ich. unsere Zufriedenheit muß zuvor
drin sein. Daß die hier gebotenen Prunkzimmer einen übergroßen Schatz an
Möbeln, Draperien, dekorativem Schmuck und wahrer Kunst bergen, und so
vielfachen Ausgaben dienen, die Architekten, Kunsthandwerker und die mit dem
nötigen Kleingeld behafteten Glücklichen in die Wirklichkeit übersetzen, steht
außer Frage. Aber auch ein Kapitel Kunst- und Sittengeschichte spricht aus
ihnen, wertvoll genug, späterer Zeit über unsere Lebensgewohnheiten Aufschluß
zu geben. Zahlreiche Blätter zeigen uns z. B. wie weit die Sammelsucht,
der Hang zum Alten um sich gegriffen hat, welchen großen Einfluß alle die
Raritäten aus vier bis fünf Jahrhunderten als Dekorations- und Gebrauchs-
stücke gewonnen haben; bis auf alte Holzdecken, Wandtäfelungen und Thüren
erstreckt sich die neugeborene Benutzbarkeit des Alten, einzelne der Zimmer
sind zu kleinen Museen geworden. Nach der anderen Seite ist eine Einschrän-
kung übermäßiger textiler Dekorationen, eine größere^Pflege architektonischer
Lösungen und fein abgestimmte malerische Gruppierung wahrzunehmen. Bei
allem Reichtum herrscht doch in den Möbeln fast durchweg eine wohlthuende
Zurückhaltung und^i Einfach heit, in der Gesamtstimmung liegt meistens eine
heitere Harmonie, eine ungesuchte Farbenfreudigkeit. Das Schwere, feierlich
Düstere und Beengende der letzten zehn Jahre ist überstanden, wir haben wieder
das „Wohnliche" in den Raumen. s2i89>

Arbeitszimmer. Aus „Traute wohnräume".
 
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