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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Adelung, Sophie von: Cornelius Schwämmlein, [2]: Umrisse in Pech-Schwarz gezeichnet
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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten - Kunstliteratur u. vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0161

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Cornelius SchwSmmlein. — Personal- und Ateliernachrichten. — Ausstellungen und Sammlungen.

1-4

noch zarter, noch blässer sah sie aus wie sonst und um
die Mundwinkel zuckte heute etwas wie halb Gram und
halb stille Lust — eine süße, unbeschreibbare Schwermut,
wie er sie noch nie auf ihrem Gesichte gesehen hatte.
Cornelius zitterte beim Gedanken, dieser Ausdruck könne
verloren gehen. Schweigend begann er zu malen, und
im Atelier herrschte bald lautlose Stille. 3kur die Fliegen
an der Wand summten manchmal leise auf, und Cornelius'
Pinsel flog.

Heute mußte er es hineinbringen, das Etwas, das
seinem Bilde noch fehlte — er fühlte, wie es in ihm
aufleuchtete, mächtig, siegesbewußt, und immer rascher flog
sein Pinsel, immer stiller wurde es in dem kleinen
Atelier ....

Da geschah plötzlich etwas — etwas Unerhörtes,
Entsetzliches. Er strichelte gerade mit liebevollem Pinsel,
am rechten Mundwinkel seiner Melancholie herum, als
ihn ein unbestimmtes unbehagliches Gefühl aufblicken
machte. Minele war aus ihrer Stellung gewichen: mit
einem Satze sprang sie vom Podium herab, und ehe
Cornelius wußte, wie ihm geschah, ehe er auch nur eine
Bewegung machen konnte, hatten sich zwei runde Mädchen-
arme um seinen Hals geschlungen, zwei Mädchenlippen
drückten sich auf seinen Mund und eine Mädchenstimme
flüsterte ihm ins Ohr: „Ich habe dich so lieb, du guter,
herziger, dummer Mensch du, — so lieb, daß ich es
dir einmal sagen muß, denn länger halte ich cs
nicht aus!"

Cornelius war wie vernichtet. Wenn Himmel und
Erde zusammengestürzt wären — er wäre weniger ent-
setzt gewesen. O welch' tragisches, furchtbares Ende
seiner Melancholie!!!

Wie sich Cornelius aus den ihn umstrickenden Armen
losgelöst, was er in jenem entsetzlichsten Augenbicke seines
Lebens gethan und gefühlt — Cornelius hätte es später
selbst nicht mehr zu sagen gewußt. Als sich die Thüre
hinter Minele geschlossen, als er seinen zerstörten Hoff-
nungen allein gegenüber stand — da ließ er sich lautlos
auf den Sessel niedersinken und vergrub das Gesicht in
beide Hände. Es war ihm zu Mute wie einem Manne,
dem sein Heiligtum mit roher Hand zertrümmert worden
ist — um ihn her war Finsternis, schwarze trostlose
Nacht.

Armer Cornelius!!

Später, als seine Freunde zu ihm kamen, stand das
Bild in der dunkelsten Ecke, an die Wand gelehnt. Cor-
nelius hat es nie wieder umgekehrt. Ob er noch ein
viertes Mal um den Preis ringen wird — oder ob ihm
nach seiner letzten bittersten Erfahrung der Mut dazu
vergangen ist — das weiß ich nicht. Er hat sich mehr
und mehr in sich selbst zurückgezogen und lebt nur noch
seinen Phantasiegebilden. Vielleicht wird die nächste große
Kunstausstellung ein epochemachendes Werk von ihm
bringen — wir werden ja sehen!

Atelier-Gedanken.

Der Künstler soll nur, was er kann, und darf nur,
was er muß. _ H. Glücksmann.

In der Kunst fragt der Laie nach dem „Was", nach dem
„wie" der Kenner, nach dem „warum" der Narr.

Z. g. Mokr,

--- Berlin. Die feierliche Einweihung des neuen Reichs-
tag sgebäu des hat am 5. Dezember stattgefunden. Die offi-
zielle Ehrung, die dem genialen Erbauer des Gebäudes aus diesem
Anlaß zu teil wurde, bestand in der Verleihung des Geheimrats-
titels. Am 7. Dezember fand Paul W'a l lo t zu Ehren ein Fest
statt, an dem sich über 800 Architekten, Maler, Bildhauer und
Ingenieure Berlins, sowie die Vertreter des Verbandes deutscher
Architekten- und Ingenieur-Vereine beteiligten. Aus 20 größeren
deutschen Städten waren Vertreter erschienen. Anton v. Werner
eröfsnete die Feier. Unter anderen sprachen Thiersch-München,
der die Urkunde der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der All-
gemeinen deutschen Kunstgenossenschaft überreichte, und Wolff-
Franksurt a. M. Wallot dankte für die Anerkennung der Fach-
enossen und hob hervor, daß das Reichsamt des Innern sowie
as Ministerium der öffentlichen Arbeiten ihm stets freundlich
entgegengekommen seien; er ermahnte schließlich die Vertreter der
Architektur, Malerei, Bildhauerei und Jngenieurkunst, gemeinsam
auf die volkstümliche Kunst hinzuwirken. Zwei Tage vor dieser
Feier hatte das Professorenkolleaium der technischen Hochschule
in Darmstadt durch Professor Lepsius eine Glückwunschadresse
überreichen lassen. sWi2I

— Prag. Professor Vacslav Brozik arbeitet zur
Zeit an einem großen Historienbilde, das in der Darstellung der
Kindertrauung in der Stefanskirche zu Wien ISIS die Gründung
der habsburgischen Dynastie durch Kaiser Maximilian I. zum
Vorwurf hat. Das dem Künstler von Sr. Mas. dem Kaiser von
Österreich in Auftrag gegebene Gemälde wird wahrscheinlich seinen
Platz in dem Empfangssaal der neuen Hofburg erhalten. Mi«!

K. Rom. Der deutsche Bildhauer Heinrich Gerhardt
Hierselbst, der mit der Vertretung der Berliner Akademie und
mit Wahrnehmung der Interessen der preußischen Künstler in
Rom und mit der Förderung der Studien der Stipendiaten der
vorbezeichneten Akademie betraut ist, konnte jüngst das Jubiläum
seines fünfzigjährigen Aufenthaltes in Rom festlich begehen.
Der deutsche Künstlerverein Hierselbst feierte dies seltene Ereignis
am 22. Dezember 1894. Der preußische Kultusminister hat dem
Jubilar den Titel eines „Königlich Preußischen Professors" ver-
liehen. M08I

— Leipzig. Der Historienmaler Anton Dietrich ist
unter Ernennung zum Professor als Lehrer an der hiesigen
Kunstakademie und Kunstgewerbeschule angestellt worden. lS8i4>

— Gestorben: Am 10. Dezember in Fürstenfeldbruck der
LandschaftsmalerGeorgKübel, geboren 1807;am27. November
in London der Tiermaler Burton Barber; in Genua am
1. Dezember Guiseppe Grandi, einer der bedeutendsten unter
den jüngeren Bildhauern Italiens; in Paris, 89 Jahre alt, der
Historienmaler Jean Gigonx, der letzte Vertreter der romanti-
schen Schule. IZsiss

O. K. Düsseldorf. Der Künstlerklub St. Lukas pflegt
mit seiner Sonderausstellung im Dezember den hiesigen Kunst-
freunden ein Weihnachtsvergnügen zu bereiten. Auch dieses Jahr
haben die Genossen unsere Erwartungen nicht getäuscht und sind,
wenn auch nicht ganz vollzählig und nicht alle ganz vollgültig,
mit flotten und frischen Leistungen hervorgetreten. Es geht durch
die meisten ihrer Bilder jener gesunde Künstlergeist, der äußere
und innere Wahrheit, wie er sie ehrlich in der Natur gesucht und
gefunden hat, in seinen Werken zum Ausdruck bringen will. So
schaffen, heißt im besten Sinne modern sein: denn unzweifelhaft
prägt sich dabei die Persönlichkeit des Künstlers in aller Klarheit
aus; und wenn wir in Kunst und Leben das Individuelle über
alles schätzen, so schätzen wir doch an ihm ganz unbedingt nur
das Urwüchsige, im tiefsten Sinne Harmonische einer begnadeten
Menschennatur, während das Nervöse und Kapriziöse, also das
Abgeleitete, ja Kränkelnde in ihm uns nur in bedingtem Sinne
zu reizen pflegt. Aber wie mannhaft, kraftvoll und echt deutsch
steht Ol0f Jernberg mit seinen niederrheinischen Feld- und
Waldstücken da! Sei es graue oder goldige Herbst- oder Winter-
stimmung, die über seinen breiten Wassergräben, seinen Rainen,
Büschen und Pappelreihen liegt — immer packt er den natur-
liebenden Beschauer mit einer Sicherheit, die eben nur aus seiner
 
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