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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Schulze, Otto: Bilder und Rahmen, [3]
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Ein Skandal im Luxemburg-Museum
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0234

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Bilder und Rahmen, von Vtto Schulze. — Lin Skandal im Lurembourz-tNuseum.

als das gemalte, wir wollen seine Sprache hören —
von der Landschaft erwarten wir die Ruhe, das stille
Schaffen der Natur in ihr ahnt und weiß die Seele.
Sind wir in der Natur, dann sehnen wir uns nach
stillem Frieden, fern von dem Lärm des hastenden
Lebens. — Vaterländische Geschichtsbilder, biblische Bilder
und heitere und ernste Bilder aus unserm Dasein bilden
dann eine zweite große Gruppe zur Erfüllung unsrer
Wünsche. Wo dürfte ein Bild aus dieser Gruppe nicht
Aufnahme finden? So lange Vaterlandsliebe, religiöses
Leben bestehen wird, werden Darstellungen dieser Art,
Bildnisse von Helden, Künstlern, Dichtern, wie auch ihre
Thaten und ihre Werke bildlich festgchalten werden,
zwischendurch zieht sich aber wie ein lieberoter Faden
die Bilderreihe der christlichen Legende. Aber auch
Blumenbilder, Stilleben und Tierbilder sind dankbare
Stücke als Bilderschmuck, ihr frisches, farbenfreudiges
Genre bringt Abwechslung in die Wandschmückung. —
Die vorerwähnten verschiedenen Bildergruppen können
schon ziemlich „gut nachbarlich" Zusammenhängen. Es
darf natürlich nicht das Konterfei eines behäbigen Bürgers,
vielleicht des eigenen Familienoberhauptes, neben einer-
geschichtlichen Größe oder neben einem Wagner, Lessing,
Schiller, Cornelius oder sonst einer Künstlergröße hängen,
zu der es in keinerlei Beziehung steht. Bildnisse noch
lebender Familienglieder sollte man mehr abseits hängen.
Neben einem religiösen Bilde passen Blumenstücke, wie
Passionsblumen nnd Lilien, sehr gut, während Feldblumen-
sträuße besser neben profane Darstellungen gehören.
Marine und Landschaft vertragen sich nebeneinander,
Architekturbilder können neben Interieurs wohl bestehen,
während Tierstücke vollständig für sich gruppiert werden
sollten. Man kann eben nicht Geschichte, Religion, Leben,
Blumen und Stilleben durcheinander würfeln, jedes an
richtiger Stelle auf einer Wand, wenn auch in einem
Zimmer. — Es bedarf wohl nunmehr hier kaum noch
der besonderen Erwähnung, daß ein Schlachtenbild nicht
in das Schlafzimmer, die Auferweckung des Lazarus oder-
gar die Kreuzigung nicht in den Salon, der Rembrandtsche
Anatom nicht in das Wohnzimmer gehört. Jedes Zimmer
verlangt von uns eine ganz bestimmt ausgeprägte Lebens-
stimmung, und da darf von den Wänden nichts hernieder-
blicken, was diese Stimmung unmäßig reizen oder drücken
könnte. Bei Wahl der Bilder für ein Kinderzimmer
sei man sehr vorsichtig; der Bilderschmuck soll hier an-

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regend und erziehend, beruhigend wirken, nicht das Kinder-
gemüt martern und mit Dingen quälen, die seiner Seele
fern liegen. — Ich will noch aus einen Fehler aufmerk-
sam machen, der häufig begangen wird. Das ist das
Anbringen von Frucht- und Tafel-Stilleben, Jagdstücken
und dergleichen im Speisezimmer. Weshalb seinen Gästen
die Qualen bereiten, ihre Blicke von der Tafel abzu-
lenken und auf gemalte bessere Diuge zu richten, die die
Tafelfreuden dagegen mangelhaft erscheinen lassen. Oder
ist es gar nötig, zu zeigen, daß die auf den Bildern
dargestellten zusammengeschossenen Hasen und Feldhühner
erst ihren Weg durch die Küche nehmen mußten, um
mundgerecht zu werden?! In ein Speisezimmer gehört
ein leichtes Genre, dessen Betrachtung die Berdauungs-
sähigkeit fördert ohne langes Grübeln und Nachdenken:
Es brauchen nicht immer Originalgemälde zu sein, es
giebt so meisterhafte Reproduktion hervorragender Werke
von Meistern fast aller Zeiten, daß man für jedes Zimmer-
Wohl das Passendste auswählen kann, natürlich immer
mit Maß und Ziel. Bilder mit tragischen Szenen, odcr
über konfessionelle Streitfragen, Überschwenglichkeiten in
allegorischen Kompositionen, sinnliche Darstellungen u. s. w.
sind aus Besuchszimmern ganz entschieden fernzuhalten.
Gönne ihnen der Liebhaber einen Sonderraum, derartiges
Gewürz ist nicht jedermanns Sache. Wie peinlich für
Gast und Wirt muß es sein, durch tendenziösen Bilder-
schmuck aus der Politik, Religion oder guten Sitte be-
leidigt zu haben. Hüte sich deshalb jeder davor!

Die Freude am Guten, Schönen, Wahren ist ja
von Geburt an in jede Menschenbrust gelegt, und unsere
junge Zeit strebt mit allen ihr zu Gebote stehenden
Mitteln dahin, diesen herrlichen Keim zu wecken und ins
Sprossen zu bringen. Unstreitig sind es neben den
Schöpfungen der Musik und Dichtkunst die Werke der
bildenden Kunst, die uns aus dem Treiben der Werktage
zu einer sittlich idealen Lebensanschauung emporheben
und unser irdisches Ringen verklären, und deshalb ist
es dringend zu wünschen, daß solchen Gebilden auch aus
den Kreisen des sogenannten größeren Publikums ein
lebhafteres Interesse, ein liebevolleres Verständnis ge-
widmet würde, denn, ohne Gewissensbisse zu empfinden,
darf man behaupten, daß fast bei keiner Sache im all-
gemeinen mehr Geschmacklosigkeit entwickelt wird, als ge-
rade bei Auswahl der Bilder und ihrer Rahmen, ob-
gleich dieselben so vorzüglich in Handel gebracht werden.

Lin Skandal im Luxembourg-Museum.

ist in französischen Kreisen etwas Bekanntes, daß
die Direktion des Luxembourgmuseum durch Kenner-
schaft nicht ausgezeichnet ist. Zahlreiche Erscheinungen
haben hiervon schon Kunde gegeben, sowohl das Hinein-
kommen gewisser Kunstwerke, die dem Museum den An-
blick eines mittelguten kunstindustriellen Magazins geben,
wie andererseits die nicht genügende Energie im Erkennen
solcher Kunstwerke, die den Eintritt in das Museum
wirklich verdienen. Aus diesem Grunde haben wahrhaft
intelligente und kunstbegeisterte Männer wie Huysmans
unter andern schon den natürlich nur ideellen Plan aus-
geheckt, dem Luxembourg gegenüber und zum Tort sollte

ein Museum moderner Kunst errichtet werden; zweitens
haben leidenschaftliche Kunstfreunde den Eintritt gewisser,
bezeichnender, bahnbrechender Gemälde in die der aka-
demischen Mittelmäßigkeit anheimgefallenen Säle dem
Direktor entgegen ertrotzt; drittens haben Freunde der
Direktion, Herr Richtenberger unter ihnen, in akademi-
schen Blättern den Eintritt dieser wenigen neuen Bilder
in die geheiligten Hallen bitter beklagt und die Rache
der beleidigten Musen herabgesteht.

In der Nähe von Paris lebte ein Bootbauer. Er
war Kunstsammler und hatte eine wunderschöne Samm-
lung der besten Bilder eines Teils der besten modernen
 
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