Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

DOI Artikel:
Tanera, Karl: Überlistet, [2]: ein modernes Märchen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0355

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
281

Überlistet.

Ein modernes Märchen,

von Tanera.

(Schluß aus dem vor. Hefte.)

cm Teufel war es nur darum zu thun, Zeit zu ge-
winnen, denn daß er nun und immermehr ins Para-
dies eindringen könne, wußte er ja. Wie vorher der
Maler, so ging jetzt Baron Satanas mit sich zu Rat.
Bald hatte er seinen Entschluß gefaßt und erschien
wieder bei Paul Döring.

„Herr Professor, alle Mühe war vergebens. Wo
ich einzudringen suchte, standen Engel und warfen so
heftig mit Sternschnuppen nach mir, daß mir Hören und
Sehen verging. Ich schäme mich; aber ich muß es ein-
gestehen, ihr Auftrag ging über meine Kräfte."

Der Maler konnte nicht umhin, den armen Teufel
tüchtig auszulachen. Resigniert bemerkte dieser: „Sie
haben recht, Herr Professor, über mich zu spotten. Ich
verdiene es. Es liegt mir aber daran, mein Ansehen
in Ihren Augen wieder herzustellen. Ich will Sie doch
zum berühmtesten Meister Ihrer Zeit machen und zwar —"

„Bitte, bitte. So kann ich Sie nun unterbrechen,
Baron Satanas. Unser Handel ist aus. Ich gebe keine
Unterschrift mehr."

„Gestatten Sie, daß ich ausspreche, Herr Professor.
Ich wollte sagen: und zwar ohne Gegenleistung Ihrer-
seits."

„Wie meinen Sie das?"

„Einfach so. Ich habe mich, aufrichtig gesagt, vor
Ihnen blamiert. Dies will ich nicht auf mir sitzen lassen.
Aber ich kann Ihnen nicht mehr zumuten, meiner Leistungs-
fähigkeit zu trauen. Darum will ich Ihnen zuerst den
Beweis liefern, daß ich doch mein Versprechen zu halten
vermag. Befriedigt Sie mein Werk, so können Sie mir,
wenn Sie wollen, immer noch eine Unterschrift geben.
Halten Sie es nicht für gelungen, so sind Sie an gar
nichts gebunden. Übrigens verzichte ich ans jede Ein-
wirkung auf Ihr Urteil und bin schließlich auch zufrieden,
wenn Sie mir einfach Ihre Anerkennung zollen, ohne
mir nur das geringste Recht auf Ihre Seele einzuräumen.
Sind Sie damit einverstanden?"

„Wie wollen Sie mich denn so berühmt machen?"

„Ich werde in Ihre Augen und in Ihre Seele
etwas Äther einspritzen, ohne daß Sie nur das Geringste
empfinden. Dann werden Sie alles auf der Welt absolut
wahr sehen und können daher Ihre Bilder in einer bis-
her ungeahnten und noch von niemand erreichten Voll-
endung malen. In spätestens drei Jahren sind Sie der
berühmteste Maler Ihres Jahrhunderts."

„Ist dies wirklich wahr?"

„karole Uvonneur. Auch der Teufel hat seine
Ehre und hält sein gegebenes Wort."

„Und ich verpflichte mich zu gar keiner Gegen-
leistung ?"

„Nicht zur geringsten."

„Gut. Darauf gehe ich ein. Sie lehren mich also,
absolut wahr zu sehen?"

„Auf mein Wort. Sie sollen mehr wie jeder andere
Sterbliche sehen. Sie sollen überall das Wahre so genau
erkennen, wie ich selbst."

„Was habe ich zu thun?"

„Sehen Sie mir in die Augen. Ich blase Sie

dann an. Hierauf schließen Sie Ihre Augen zwei
Minuten. Das ist alles. Sind Sie bereit?"

„Ich bin es."

Er blickte dem Baron Satanas scharf in die Augen.
Zuerst hatte er diese für schwarz gehalten. Jetzt sah
er, daß sie graugrün waren. Nun blies ihn der Teufel

Mus Toby Uosenthals Skirxenbuch.

an. Er fühlte nichts. Der Baron rief: „Schließen Sie
die Augen." Er gehorchte. Nach zwei Minuten schaute
er wieder auf. Herr von Satanas stand noch genauso
vor ihm wie vorher. Dieser reichte dem Professor die
Hand, verneigte sich und sprach: „Ich gratuliere im
voraus. Bald werden Sie durch die Ihnen gespendeten
Ehren, Orden, Titel und Würden erkennen, daß ich
mein Wort gehalten. Auf Wiedersehen."

vie «unß für Alle X.
 
Annotationen