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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Lessing, Julius: Hugo-Vogel
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0095

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Hugo-Vogel. Von Julius Lcssiug.

gestellt ist. Der Gegensatz des schwarz behängten Sarkophages zu den gelben Paramenten und dem bunt durch
die Scheiben einfallenden Lichte ist von gewaltiger Wirkung. In der „Messe im Maimvnat" kommt die
Fülle prächtiger Blütenzweige, in welche der Altar völlig eingetaucht ist, zu glänzender Wirkung.

Eine Reihe dieser niederländischen Bilder führt direkt in das holländische Dorf mit seinen
nicdern Stuben, altgeschwärzten Möbeln und blauen Fliesenwünden, in den bäuerlichen Garten mit seinen bunten,
wuchernden Blumenmassen. Der eigentümliche Gleichmut, welcher den Bewohnern etwas Ernstes, fast Feier-
liches giebt, kommt zur vollen Geltung in dem Bilde „Wieder daheim", einen Fischer darstellend, der im Garten
seines Hauses das jüngste Kind auf den Arm genommen hat, und noch mehr steigert sich diese Stimmung in
dem Bilde „Heimweg" (Abb. a. S. 74), der jungen Mutter mit dem Kinde auf dem Arme, das in seiner-
menschlich tiefen Eindringlichkeit an die schlichte Hoheit eines Millet gemahnt.

Aber dieses Zusammenklingen von Mensch und Natur ist bei dem Künstler nicht an die Äußerlichkeit
des holländischen Bauernhauses gebunden. Mehr als einmal, im „Abendfrieden" (Abb. s. Bilderbeil. d. H., Besitz
des Magdeburger Museums), in der „Sonntagsruhe" (Galerie Liechtenstein in Wien) gewahren wir inmitten eines
vom Abendlicht durchleuchteten herbstlichen Gartens eine edle Frauengestalt von holdester Schönheit mit einem an-
mutigen Kinde, und wenn die Züge dieser Frau vielfach in die Werke des Malers Hineinspielen, so empfinden
wir wohl, daß diese Schönheit auf dem festesten Lebensgrunde, auf dem Boden des eigenen Hauses wurzelt,
und wir verstehen es, wie sich diese den Künstler ganz beherrschende Erscheinung zu dem Erhabensten verklärt,
was jede Kunstperiode christlicher Zeit je nach ihrem nationalen und menschlichen Empfinden geschaffen, zu der
Gestalt der Maria mit ihrem Kinde.

Für einen Maler, der es so trefflich versteht, die ihm gegenübertretenden Menschen in charakteristischer
und stets liebenswürdiger Weise zu erfassen, mußte das Porträt ein dankbares Feld werden.

Sehr charakteristisch für seine künstlerische Absicht ist das Porträt des Geh. Rat Dohme, welches
bei seiner Ausstellung in Berlin Bewunderung und dabei auch Befremden erregte. Viele verstanden es
nicht, daß so ganz von einer bestimmten Pose abgesehen sei, der Dargestellte erschien ihnen zu ungezwungen,
zu sehr zufällig, der blaugrünliche Hintergrund zu unbestimmt. Aber alles dies hat der Maler gewollt, und
er hat es erreicht, daß uns von dem Dargestellten ein volles Stück Leben erhalten ist. Mehr repräsentierend
sind ihrer Bestimmung entsprechend die für das Rathaus von Berlin gemalten Porträts des Bürgermeisters
Duncker und von Virchow, sowie das für die Kunsthalle von Hamburg gemalte Porträt des Bürgermeisters
Versmann in seiner malerischen Tracht (Abb. a. S. 77). Die Perle dieser Gruppe ist das für die Loge
von Magdeburg bestellte Porträt des Oberbürgermeisters Bötticher, kurz vor seinem Tode vollendet. Wie
dieser treffliche, von liebenswürdiger Lebenskraft strotzende Mann, dem Vogel freundschaftlich nahe stand, mit
lebhafter Ansprache und erhobener Hand behaglich in seinem Lehnstuhle sitzt, das ist vollendet in der Form
und überzeugend im Ausdruck. Von weiblichen Porträts ist das anmutige, ganz lichte Kniestück der Frau v.
Gr. in diesem Blatte erschienen?)

.fnigo-Vogel hat vieles erreicht, er beherrscht weite Gebiete der Malerei mit gleicher Meisterschaft

und doch betrachtet er selbst das bis jetzt Errungene
erst als den Sockel für ein Schaffen in großer monumen-
taler Form, zu dem ihm jetzt, da er in der Fülle
seiner Kraft steht, die heißersehnte Möglichkeit geboten
ist. Ihm ist von der Regierung der Auftrag geworden,
für die Ausmalung des neuen Ständehauses zu Merse-
burg, seiner heimatlichen Provinz, zunächst die Ent-
würfe zu schaffen; das Treppenhaus, der Erholungs-
raum, der Sitzungssaal sollen ausgemalt werden; die
große Geschichte des sächsischen Kaiserhauses, interessante
Motive der neueren Zeit werden hier zu ihrem Recht
kommen. Es ist sehr erfreulich, daß eine solche Aufgabe
nicht an verschiedene Kräfte verzettelt, sondern in ein-
heitlichem Sinne von einem vollerprobten Meister aus-
geführt werden soll.

Wir dürfen hoffen, daß dieser Bericht von den
Werken Hugo-Vogels, die keineswegs alle aufgeführt
sind, erst die kleinere Hälfte von dem sein wird, was
einstmals dankbar von der Lebensarbeit dieses trefflichen
Künstlers zu verzeichnen sein wird.

Ein Kirchvater, von Hugo-Vogel.

») Abb. s. Jahrg. VII, Heft 20.
 
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