Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0148
DOI Artikel:
Pecht, Friedrich: Max Schmidt
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0148
Landschaft. von Max Schmidt.
Max Schmidt.
vom Herausgeber.
7?flUe deutsche Landschaftsmalerei hat bekanntlich nicht weniger ihre
romantisch-klassizistische Periode gehabt, als die Historienmalerei,
ja, dieselbe war sogar noch viel dauerhafter als diese. Brauchte es
doch ein volles Jahrhundert und mehr, um aus der unverständigen
Schwärmerei für Italien und den Orient halbwegs wieder herauszu-
kommen, die mit Philipp Hackert und Josef Koch angefangen hatte.
Wenn es noch eines Beweises bedürfte, daß auch die größte Kultur
die sündige Menschheit nicht vor einem gelegentlichen Rückfall in die
ärgste Barbarei schütze, so würden ihn diese beiden einst hochgefeierten
Meister jedenfalls für unsere Landschaftsdarstellung erbracht haben.
Denn sie verhalten sich zu ihren Vorbildern Claude und Poussin
jedenfalls noch viel mißlicher, als Carstens und Cornelius zur Antike
und Rafael. Zeichnen sich das siebzehnte und achtzehnte Jahrhundert
in Italien und Deutschland dadurch aus, daß man die Natur gar nicht
mehr, sondern nur ältere Kunstwerke studierte und nachahmte, so
studierte man doch wenigstens auch noch die Technik der Alten. Jetzt
gab man auch das auf. Keine Frage, daß dieser trostlose Rückfall in
den ärgsten Dilettantismus mit dem litterarischen Ursprung der ganzen
Romantik zusammenhängt, welche, die Kunst aus dem Gemüt stammen
lassend, die Künstler ganz vergessen ließ, daß sich Kunst vor allem vom Können herleitet. Mengs hatte
das noch gewußt, und erst der eigensinnige Holsteiner Carstens und der tolle Tiroler Koch hatten es vergessen.
Hatte doch Goethe, der alles mögliche eher als ein Gemäldekenner war, über den trostlos leeren Hackert
nichtsdestoweniger ein ganzes Buch geschrieben. Was brauchte es also mehr, als daß man wie er nach
Italien wanderte, um die unverständigen deutschen Kunstenthnsiasten dort abzufangen? Diese Art von Gimpel-
fängerei ist ja noch heute in Rom ein historisches Herkommen. Und so wurde es denn nach und nach in
Max Schmidt.
15
Vse Aunst für Alle XI, 6. jhö. Januar I8H6.
Max Schmidt.
vom Herausgeber.
7?flUe deutsche Landschaftsmalerei hat bekanntlich nicht weniger ihre
romantisch-klassizistische Periode gehabt, als die Historienmalerei,
ja, dieselbe war sogar noch viel dauerhafter als diese. Brauchte es
doch ein volles Jahrhundert und mehr, um aus der unverständigen
Schwärmerei für Italien und den Orient halbwegs wieder herauszu-
kommen, die mit Philipp Hackert und Josef Koch angefangen hatte.
Wenn es noch eines Beweises bedürfte, daß auch die größte Kultur
die sündige Menschheit nicht vor einem gelegentlichen Rückfall in die
ärgste Barbarei schütze, so würden ihn diese beiden einst hochgefeierten
Meister jedenfalls für unsere Landschaftsdarstellung erbracht haben.
Denn sie verhalten sich zu ihren Vorbildern Claude und Poussin
jedenfalls noch viel mißlicher, als Carstens und Cornelius zur Antike
und Rafael. Zeichnen sich das siebzehnte und achtzehnte Jahrhundert
in Italien und Deutschland dadurch aus, daß man die Natur gar nicht
mehr, sondern nur ältere Kunstwerke studierte und nachahmte, so
studierte man doch wenigstens auch noch die Technik der Alten. Jetzt
gab man auch das auf. Keine Frage, daß dieser trostlose Rückfall in
den ärgsten Dilettantismus mit dem litterarischen Ursprung der ganzen
Romantik zusammenhängt, welche, die Kunst aus dem Gemüt stammen
lassend, die Künstler ganz vergessen ließ, daß sich Kunst vor allem vom Können herleitet. Mengs hatte
das noch gewußt, und erst der eigensinnige Holsteiner Carstens und der tolle Tiroler Koch hatten es vergessen.
Hatte doch Goethe, der alles mögliche eher als ein Gemäldekenner war, über den trostlos leeren Hackert
nichtsdestoweniger ein ganzes Buch geschrieben. Was brauchte es also mehr, als daß man wie er nach
Italien wanderte, um die unverständigen deutschen Kunstenthnsiasten dort abzufangen? Diese Art von Gimpel-
fängerei ist ja noch heute in Rom ein historisches Herkommen. Und so wurde es denn nach und nach in
Max Schmidt.
15
Vse Aunst für Alle XI, 6. jhö. Januar I8H6.