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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Berger, Ernst: Einladungskarten für Künstlerfeste einst und jetzt
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0213

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Liiila-initzskartc» für Aünstlerfcste einst und jetzt.

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in erster Linie zu nennen sein; der „Künstlersänger-Verein" hat in
dieser Beziehung allen anderen den Rang abgelaufen. Seine Mit-
glieder sind ja meist ausübende Künstler und zahlreiche Talente
befinden sich darunter. Die Einladungskarten für Feste, Variete-
Vorstellungen, Ausflüge wurden in den letzten Jahren vollendet schön
von Künstlern wie Rickelt (S. 168), Gebhart (S. 167), Rieth
(S. 170, 171, 172), Franz Stuck (S. 165) und anderen gezeichnet,
die beigedruckten Proben geben davon Zeugnis, wie sich der Ge-
schmack für diese Art der Gelegenheitsillustration verfeinert hat.

Eine besondere Spezialität bilden die sog. Kneipen, die von
einzelnen Schulen der Akademie („Bencznr-Kneipe" von Franz
Stuck, S. 163, „Wagner-Schule" von E. Leuenberger, S. 165)
oder auch von deren Gesamtheit, arrangiert werden. Durch den
Ausschluß der holden Weiblichkeit bei diesen Festen ist dem derben
Humor und manchem „starken Stückchen" größerer Spielraum ge-
währt. Es mag hier gleich erwähnt werden, daß diese zarte Rück-
sicht für die Damenwelt in den Kreisen der jungen Künstlerinnen
übel vermerkt wurde, und diese nunmehr aus schnöder Rachsucht
ihrerseits Kostümfeste mit Ausschluß des starken Geschlechtes veran-
stalten. Eine von Frl. v. Geiger für einen solchen Ball gezeichnete
Karte veranschaulicht diesen Grundgedanken, indem einem kleinen Amor
durch einen energischen Fußtritt der Eintritt in die Pforte verwehrt
wird, auf deren Gebälk „Künstlerinnenball" geschrieben steht.

Die eben erwähnten großen akademischen Kneipen waren
seit jeher durch ihr großartiges Arrangement ausgezeichnet. Ist
das Hauptthema bestimmt, so wetteifern die einzelnen Schulen
miteinander, den übernommenen Teil möglichst glänzend und
wirkungsvoll, witzig und malerisch zugleich auszugcstalten; ganze
Wochen der Arbeit werden
dafür geopfert. Für die Einladungskarten und Plakate werden besondere
Konkurrenzen ausgeschrieben, die Erlangung des Preises ist an sich schon
ein Erfolg, geeignet, den Namen eines jungen Künstlers in weitesten
Kreisen bekannt zu machen. So ist z. B. Paul Hey durch seine vor-
treffliche Karte für die „Meeresgrundkneipe" (1891) ein vielbeschäftigter
Illustrator geworden. Mit Ausnahme der so unglücklich verlaufenen
Kneipe vom Jahre 1881 „die Reise um die Welt" (Karte von Carl
V o ß, S. 164), haben alle derartigen Feste nur die angenehmsten Er-
innerungen hinterlassen. Man glaubte, das Arrangement sei überhaupt
keiner Steigerung mehr fähig und doch übertraf eines immer wieder
das andere. Schon die Einladungskarten boten vortreffliches; für die
„Japanische Kneipe" (1887) zeichnete A. Seligmann, für die Kneipe
„am Meeresgrund", P. Hey, für die 1894er Kneipe „Märchen und
Sage", I. Tamberger (Abb. Jahrg. VIII S. 197). Diesen glän-
zenden Vorgängern stand auch die heurige Kneipe „Unterwelt", deren
von H. Pampel gezeichnete Karte wir a. S. 173 bringen, nicht nach.

Der Abschluß dieser kleinen Auslese von Gelegenheitsillustrationen
sei mit der Karte für die Löfftz-Feier von dem genialen Zeichner
O. Greiner (S. 169), mit der pikanten Karte zur „Kirchweih" der
Fchr-Schule von R. Engels (S. 170) und dem von Fr. Fehr flott
entworfenen Tanzprogramm (S. 172) gemacht. Man wird aus dem Vor-
stehenden entnehmen, von welch primitiven Anfängen sich die Einladungs-
karte zu ihrer heutigen Vollkommenheit entwickelt hat. Alle Phasen, die die
Kunst der letzten Jahrzehnte durchgemacht, spiegeln sich getreulich auch
hier wieder, von der Romantik bis zum neuesten Symbolismus. Immer
finden sich gewandte Zeichner und gar, wenn Prinz Karneval das
Scepter führt, dann feiert dieser Zweig der Kunst seine schönsten
Triumphe. _
 
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