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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Viktor Tilgner
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0319

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250

Viktor Tilgner.

Kämxsrnde Hirsche, von Ludwig volh.

Photographie-Verlag der Photographischen Union in München.

detzky-Liebig, Graf O'Sullivan, Frau Brody) bezeugen
dies ganz besonders. Als monumentaler Realplastiker
hat er in seinem Werndl-Denkmal, dessen Sockelfiguren
zu dem besten gehören, was die bildnerische Moderne
aufweist, in seinen Brunnengestalten, welche die Kaiserliche
Villa in Ischl, die im Tiergarten bei Wien sowie einen
Platz in Preßburg zieren, Mustergültiges geschaffen.
Der pustende Faun im Wiener Volksgarten, welcher die
geraubte Najade emporhält, ist bei der heiteren Lebens-
lust, welcher diese schattige, von Wiener Walzermusik
durchflutete Anlage erfüllt, fast beziehungsreich zu nennen.
Tilgners Streben nach Monumentalität spornte ihn, so
überhäuft er sein mochte, zum Denkmal-Wettbewerb an.
Das brachte dem Lebensheitern manchen erbitterten
Kampf. Zwei Konkurrenzen wurden für das Mozart-
Denkmal ausgeschrieben, bei der ersten war Tilgner
Juror, bei der zweiten Mitbewerber. Für das Goethe-
Denkmal maß er sich zuletzt mit Helmer, der bekannt-
lich Sieger blieb. Solche Kämpfe verzeiht ein krankes
Herz nicht. Seine beiden Goethe-Entwürfe haben in
Deutschland Liebhaber gefunden; der eine wurde in
Modellgröße, der andere als Statuette in Bronze ge-
gossen. Sein letztes Werk war das im Modell vollendete
Makart-Standbild, zu welchem er durch die berühmte
Makartbüste besonders berechtigt schien. Makart ist in
der Festzugstracht der kaiserlichen Silberhochzeit (1879)
dargestellt, ein Irrtum zweifelsohne, so populär auch der

liebe Hans damals im Rubenswamms geworden war.
Erwähnen will ich noch eine lebensgroße Gestalt des
Kaisers Franz Josef und den Hamburger Bürgermeister
Petersen, welche Tilgner modellierte. Für die künst-
lerische Zukunft Groß-Wiens sind Makart, Hasenauer und
Tilgner unersetzliche Verluste. Alle drei, der Maler,
der Baukünstler und der Bildhauer, hatten etwas
von dem Renaiffancestreben der Verschmelzung der bil-
denden Künste. Wie träumte Makart Architektur! Und
Tilgner folgte mit Begeisterung dem Rufe des werk-
thätigen, so verdienstvollen Kunstfreundes Baron Leiten-
berger für monumentale Ausgestaltung des großen
Platzes zwischen Burgtheater, Rathaus, Universität und
Parlament. Das phantasievolle Projekt blieb unaus-
geführt, ebenso wie jenes der Umgestaltung und plastischen
Schmückung der Schwarzenberg-Squares, für welche
Tilgner mit Wehr konkurrierte. Tilgner starb am
16. April, am 18. geleiteten wir ihn zum Zentral-
friedhofe, wo ihm ein Ehrengrab beschieden ist. Am
21. April enthüllte der Kaiser das Mozart-Denkmal auf
dem Albrechtsplatze bei herrlichem Frühlingssonnenschein,
wie ihn der Heimgegangene für das Denkmal so sehn-
lichst gewünscht. Und durch all die Freude, welche bei den
Teilnehmern der Feier der Anblick des Meisterwerkes hervor-
rief, an welchem der Schöpfer mit seinem ganzen Herzen so
innig gehangen, klang der Schmerz darüber, daß der Meister
sein bestes Werk nicht überlebte. U. v. Vincent,.
 
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