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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Schultze-Naumburg, Paul: Die Internationale Ausstellung 1896 der Secession in München, [1]
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Stier, A.: Ketzerisches, Aphorismen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0373

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von j?aul Schnltze-Naumburg.

2AS

Troubetzkoy, das mit einer Energie und Einfachheit heruntergemalt ist, die seinesgleichen sucht. Sehr vornehm
ist auch von ihm der Kopf einer alten Dame. Seltsam mutet zwischen all dem eine kleine Landschaft von
Constable an. Ziemlich neue Gäste in der Secession sind die Italiener, von denen nur Segantini früher ver-
treten war. Man hat klugerweise zwei seiner ausgezeichnetsten Bilder von der Frühjahrsausstellung hängen lassen,
über die schon berichtet wurde — das dritte neu hinzugekommene scheint mir ihnen nicht ebenbürtig zu sein.
Sonst am meisten ausgefallen ist mir noch Tito, der eine Feldscene, einen Bauernburschen mit zwei Pferden
in der Abendsonne mit spielender Leichtigkeit und großer Feinheit heruntergemalt hat. Nicht weniger keck und
frisch ist sein Damenporträt am Strande oder auch die Prozession, die unser Heft in Nachbildung enthält.
Bezzi bringt stimmungsvolle venezianische Straßenscenen, Zezzos einen Markusplatz im elegantesten italienischen
Vortrag. Zum erstenmal sind mehrere Russen in der Secession. Es ist grad keine Offenbarung, die sie
bringen, aber eine frische und ehrliche Kunst, die an die früheren Anfänge der Skandinavier erinnert und aus der

heraus sich alles mögliche entwickeln kann. Besonderes
ist mir nicht ausgefallen, das meiste sind schlicht gemalte
Landschaften, die sich weder durch Kühnheit noch durch
besondere Eigenart anszeichnen, aber daran denken lassen,
daß sie aus dem Lande stammen, in dem Turgenieff
geboren wurde.

Aus Schweden sind einzelne vorzügliche Arbeiten
gekommen. Zuerst von Larsson ein Kain und Abel,
eine großartige Landschaft von vorweltlichen Formationen,
in der vorn der Erschlagene liegt, während der Bruder-
mörder durch wildes Gestrüpp entweicht, das wie auf-
lodernde Flammen einen Gang bildet. Von Liljefors
ein reizendes Bild: ein Falkennest, in dem ein ganzes
Hänschen der drolligsten kleinen Falkenkinder hockt, denen
die Mutter grad irgend ein gemordetes Federvieh mund-
gerecht macht. Es ist ganz bewunderungswürdig, wie
Liljefors solche Vorwürfe, die schon stofflich so interessant
sind, auch malerisch zu gestalten weiß. Von den Nor-
wegern ist vielleicht das beste Bild Thaulows kleiner
Mondschein, während das größte Bild der Ausstellung,
Skredsvig „Des Menschen Sohn" seine räumlichen
Dimensionen wenig rechtfertigt. Das ganze wäre Wohl
ohne Uhde nicht entstanden — aber Uhde war stets viel
mehr Maler, als es Skredsvig hier ist. Es ist zwar
eine respektable Leistung, die große Fläche so einheitlich
und wahr zu bedecken, aber ein Rest von Unerfreulichkeit
und Langerweile bleibt zurück, über die Gott sei Dank
unsere deutsche Kunst hinaus zu sein scheint, die doch
Skudirnkoxf. von Felix Borckardt. wohl eingesehen hat, daß in der Malerei die Schönheit

bildender Uünstler Fläche stets das letzte Wort reden muß.

Von diesem Kapitel dann das nächste Mal.

(Ein zweiter Artikel folgt im nächsten Heft.)


Rehe risches, Aphorismen von m. Viier

Jüngst hat einer — Gott sei's geklagt! —
Blasxhemistisch zu mir gesagt,

Aus manchen Bildermuseumsmauern
Weh' es ihn an wie mit Kirchenschauern;
Man verwahre dort in goldenem Schrein
Zuviel vermodertes Heil'gengebein,

Im Geruch der Wunder, unschätzbar an Wert
von allen Gläubigen blind verehrt.

Und er liebe nicht die verschimmelten Knochen.
So hat der Ketzer zu mir gesprochen.

Doch, daß ihr nur beileibe nicht denkt,

Ich hätte dem Manne Beifall geschenkt!

Mit Ruhm und Beifall ist's ein eigen Dingl
Der, den Posaunenstöße laut verkünden.

Lr wird in weiten Kreisen Echo finden,

Und doch: der Weise achtet ihn gering!

Lr weiß, zu Haufen ist gar leicht geschart
Aus ein Signal die urteilslose Menge,

Indes sich hütet vor dem Volksgedränge,

Wer eig'ner Meinung Mut im Busen wahrt.
Mehr als nach brausendem Lvvivaschrein
Wird er nach jener Anerkennung ringen,

Die ihm geräuschlos edle Geister bringen,
Denn Wert und Dauer hat nur sie allein!
 
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