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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 11.1895-1896

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Pecht, Friedrich: Karl von Piloty: zur zehnten Wiederkehr seines Todestages, 21. Juli 1886
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https://doi.org/10.11588/diglit.12003#0408

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Prarl von Mloty.

Zur ;ehnlen Wiederkehr seines Todestages, 21. Juli 1886.

vom Herausgeber. n.chdru-k °°rb°..n.

!^1Aie weit hinter uns liegt doch bereits die Erscheinung
dieses die Münchener Malerei während eines Viertel-
jahrhunderts fast ausschließlich beherrschenden Meisters! Nur
ein Jahrzehnt ist seit seinem Tode vergangen, aber wie ist
die herrschende Kunstrichtung seither von ihm abgerückt! Um
so weniger ist seine Schule, freilich einst die größte, die
München je gesehen, vom Schauplatz verschwunden; ja die
Lenbach, Defregger, Gabriel Max nehmen noch heute bei
uns die ersten Plätze ein. Es ist denn auch keine Frage,
daß Piloty als Lehrer noch höher stand, denn als produ-
zierender Künstler. Muß man es doch als das Hauptverdienst
des Meisters bezeichnen, daß er zuerst von allen Münchnern
das Handwerk seiner Kunst ordentlich gelernt hatte und es
daher wieder lehren konnte. — Ist es ein Grundgesetz aller
künstlerischen Entwicklung, daß jeder einzelne doch immer nur
die Brücke vom Heute zum Morgen schlagen, die Kunst nur um
einen Schritt weiterführen könne, so konnte auch Piloty wenig-
stens in der Erfindung, eben doch nur eine Mittelstufe zwischen
Kaulbach und den heutigen extremen Naturalisten einnehmen.
Denn eine eigentlich selbständige Weltanschauung konnte
er schon darum nicht entwickeln, weil er der Kunst erst eine
neue Sprache erobern mußte. Dies war sein eigentlicher
Beruf, den er aber glänzend erfüllte. Sind seine Werke voll
von Reminiscenzen an Delaroche, Gallait u. a., konnten sie
eben darum keine Nachahmung finden, so setzte er sich dafür
um so vollständiger in den Besitz der künstlerischen Darstellungs-
mittel, ja er hat z. B. das Helldunkel oder ein solides Jmpasto
erst in die Münchener Malerei eingeführt. Aber ihr das theatra-
lische, absichtliche Wesen, das „auf den Zuschauer spielen" ab-
zugewöhnen, das wollte er Wohl, vermochte es aber noch
nicht, ja er unterscheidet sich da kaum von seinem Vorgänger
Kaulbach, während er in der Technik der Malerei bereits welt-
weit von ihm entfernt ist. In seiner Naturbeobachtung blieb
er aber fast immer beim Modell stehen und bei der Kostümtreue,
so daß ein boshafter Rezensent ihn Wohl einmal den „Schneider-
meister der Weltgeschichte" nennen konnte. Denn auch darin
unterscheidet er sich so gründlich von seinem Zeitgenossen
Menzel, daß er, statt sich wie dieser auf die heimische Ge-
schichte zu beschränken, umgekehrt, nach dem Vorbilde der
Kaulbach und Delaroche, für seine Stoffe die ganze Welt-
historie plünderte, ohne Ahnung davon, daß wir Heutigen
einen Cäsar oder Alexander den Großen eigentlich gar nicht
mehr recht verstehen können, also regelmäßig bei ihrer Dar-
stellung mehr oder weniger aufs Komödiespielen angewiesen
bleiben. Denn wenn Shakespeare uns für seine Römer den
größten Anteil einflößt, weil er uns in ihnen wenigstens
vollständig wahre Engländer seiner Zeit gibt, so wagte
Piloty noch nicht, seine antiken Helden ins Deutsche zu
übersetzen. Darum, weil er ihn am ersten verstund, ist
denn auch der tote Wallenstein seine lebendigste historische
Figur geblieben, während er den bald nachher folgenden
Nero schon nicht mehr recht begriff, obwohl seine in ihm
sehr wirksame italienische Abstammung ihm doch auch noch

Barl von Piloky.

Geb. zu München am 1. Oktober 1,826, gest. ebenda am 21. Juli 1886.

Vir Geschwister, von Karl von Piloty.

Mit Genehmigung von Lranz tzanfstängl in München.

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Die Aunst für Alle XI, 21. I. August 1896.
 
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