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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Mendelsohn, Henriette: Die skandinavische Ausstellung in Stockholm, ein Rückblick
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0050

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Die skandinavische Aufstellung in Stockholm, ein Kückkück.

von Henriette Mendetsobn. Na-bdruck v-rbo.-n.

ie Stockholmer Kunstausstellung ist eine vorwiegend
nationale. Sie umsaßt in ungefähr 1400 Kunst-
werken die Entwicklung der skandinavischen Kunst während
der letzten fünfzehn Jahre. Etwa 400 auserlesene Werke
eingeladener Meister der übrigen Völker eröffnen die
weite internationale Perspektive. Sie erleichtern durch
Vergleich an Ort und Stelle die Beantwortung der Frage:
Welche Bedeutung gebührt der skandinavischen Kunst in
der heutigen modernen Kunst überhaupt? Man muß er-
wägen, daß die 400 internationalen Werke mit wenigen
Ausnahmen verbindlicher Rücksichtnahme die führenden
Geister der fremden Nationen repräsentieren; in den
1400 Werken Skandinaviens findet neben dem Bahn-
brecher der tüchtige Durchschnittskünstler, der talentvolle
Anfänger seinen Platz. Das Ergebnis des Vergleiches
ist ein ungemein günstiges für die nordische Kunst.

Der skandinavische Norden, wozu ich außer Schweden
Dänemark, Norwegen auch noch Finnland rechne, hält
mit seiner künstlerischen Durchschnittsleistung auf dem
Gebiet der Malerei mit jeder der andern Nationen den
Vergleich aus — bezüglich der Skulptur hinkt er ein
wenig hintendrein. Die allgemeine Leistungsfähigkeit
auf dem Gebiet der Landschastsmalerei steht über dem
Niveau des übrigen kunsttreibenden Europa-Amerika.

Der hier repräsentierte fünfzehnjährige Entwicklungs-
gang zeigt uns, daß alle Strömungen des Auslandes
vom liebenswürdigen Anekdotenbild bis zum stilisierten
Neuidealismus in Skandinavien wiederkehren.

Am freiesten hat sich Norwegen vom stilisierenden
Einfluß erhalten. Das einzige bedeutendere Beispiel für
diesen bilden Gerhard Munthes originelle Illustrationen
mit Benutzung altnordischer Formensprache.

In Schweden bezeichnet Nord ström in einigen
seiner Werke den Uebergang von höchster lyrischer Indivi-
dualität in gewollte stilisierte Dürftigkeitsmalerei. Richard
Bergh ist ein zu sensibler Geist, um nicht diese neue
Richtung verständnisvoll nachzuempfinden. Sein farben-
prächtiges Bild „Ritter und Jungfrau" erfreut selbst
nach einem Rundgang bei den Meisterwerken der eng-
lischen Prärafaelliten. Georg Paulis „Legende" und
Hanna Paulis „Prinzessin", sowie ein etwas böcklini-
sierendes Bild „Menschen" von Eva Bonnier illustrieren
diese Seite der schwedischen Kunst.

In Finnland entrichtet der sonst so kräftige Na-
turalist Gallen in zwei altertümelnden Bildern zur
Urkalevala der neuesten Richtung seinen Tribut.

Den größten Protest gegen den Naturalismus bietet
ein Teil der Künstler der „Freien dänischen Ausstellung"
(Secession). Johann Joakim Skovgaard, der so vor-
trefflich in warmer breiter Pinselführung die Sprache
unserer Zeit zu reden weiß, hat im „Christus, der den
Räuber in das Paradies führt" und im „Guten Hirten"
archaistischen Neigungen gehuldigt. Neben dem „Guten
Hirten" wirkt besonders Viggo Petersens „Verkün-
digung" gut in ihrer einfachen, dekorativen Weise, während
Slott Müllers Anempfinden altgriechischer Reliefs im
„Sommerabend" und Agnes Slott-Müllers Imitation
naiven Unkönnens in drei hart aufgeklebten Schiffchen be-
reits mehr den Wert von Kuriositäten haben. Die bizarrste
Quintessenz dieser „Protestrichtung" heißt Willumsen.
Er beherrscht nicht nur spielend die Formensprache, son-
dern treibt wohl auch mit dem Beschauer sein Spiel.

Auf dem Gebiet der Landschaft innerhalb der däni-
schen Secession liefert Rohde mit seinen tiefen, vollen

Die Aunst für Alle XIII 3. 1. November f8y7.
 
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