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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Die Holbein- und Böcklin-Ausstellung in Basel
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Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten - Denkmäler - Kunstliteratur u. vervielf. Kunst - Vom Kunstmarkt
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Die öolbein- und Böcklin-Ausstellung in Basel.

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Meistern des Cinquecento." Basel hat somit vollen
Anspruch darauf, nicht bloß in humanistischer, sondern
auch in künstlerischer Beziehung als im Hauptausgangs-
punkt der mächtigen Bewegung der Geister jener Zeit
angesehen zu werden. Für eine Ausstellung bildeten die
Schätze des Museums an Bildern und Handzeichnungen
an und für sich schon einen Grundstock achtunggebietender
Art. Nun sind zahlreiche Werke des großen Meisters
in tadellosen Faksimile-Reproduktionen angereiht, so daß
aus der Menge des gebotenen Stoffes sich, wie schon
gesagt, ein klares Bild des Schaffens Holbeins d. I. ge-
stalten läßt. Auf weitere Details einzugehen, ist hier nicht
der Platz. Die Ausstellung ist im Museum untergebracht.

In den geräumigen Oberlichtsälen des Baseler
Kunstvereins dagegen haben Werke des größten Malers
unserer Zeit, Arnold Böcklin, eine würdige Aufstellung
erfahren. Es sind circa hundert Nummern. Die Aus-
stellung ist deshalb von allergrößter Wichtigkeit, weil
sie den ganzen Entwickelungsgang Böcklins, von seinen
frühesten Jugendarbeiten angefangen, bis in die aller-
letzte Zeit (Polyphem, gemalt 1896) durch charakteristische
Beispiele illustriert. Erschöpfend ist sie ja nicht, das
ist richtig. Aber wer wollte es unternehmen, die geradezu
unglaubliche Menge, was dieser Künstler geschaffen, zu-
sammenzutragen? Seine Bilder, die er nie als „opus
so und soviel" bezeichnete, sind häufig nicht einmal datiert,
bei manchem finden sich überhaupt als Signatur bloß
die Buchstaben A. B. Er weiß es selbst nicht mehr,
was er alles geschaffen. Wenn nun auch die Zahl der
ausgestellten Arbeiten quantitativ nicht des Künstlers volle
Wirksamkeit illustriert, so thut sie es qualitativ desto
besser. Aus öffentlichen Galerien — jene von Basel
ausgenommen -— ist nichts da. Fast sämtliche Bilder
stammen aus Privatbesitz, und unter diesen befindet sich
wiederum die weitaus größere Zahl in der Schweiz.
Darunter sind, besonders, was die Jugendarbeiten betrifft,
viele Nummern, die überhaupt öffentlich noch nie gezeigt
wurden und wohl auch schwerlich ein zweitcsmal zu solchem
Zwecke ausgeliehen werden. Die Ausstellung selbst ist
mit Geschick und Liebe von einem Schüler Böcklins,
Hans Sandreuter, arrangiert, von dem auch das
äußerst wirksame, in breiten Flächen gehaltene Aus-
stellungsplakat — ein steinschleudernder Centaur — her-
rührt. Der Katalog giebt dankenswerterweise das Ge-
samt-Material in chronologischer Reihenfolge und enthält
eine Reihe von Selbstbildnissen des Künstlers, so das
tiefstimmungsvolle, wo der Maler, die Palette in der
Hand, sich von seiner Arbeit abwendet, um, wie durch
eine Plötzlich ausgetauchte Vorstellung von seinem Thun
abgelenkt, Tönen zu lauschen, die ein hinter ihm stehender
Sensenmann der Fiedel entlockt, weiter das von strotzender
Lebenskraft sprechende Porträt, wo Böcklin, in der er-
hobenen Rechten ein gefülltes Weinglas, die Linke fest
in die Hüfte gestemmt, dem Beschauer direkt in die Augen
sieht mit jenem seltsamen Blick, den er auch manchem
seiner Fabelwesen gegeben hat. Sandreuter hat eine
vortreffliche Medaille hergestellt, die den siebzigjährigen
Böcklin zeigt. Es wäre nur zu wünschen, daß gerade
die Zeichnung hierfür die Reihe der früheren Porträts
ergänzte und der Allgemeinheit zugänglich gemacht würde.
— Als erste Nummer fungiert ein „1843" datiertes
Porträt, das des Künstlers Mutter darstellt. Die Farbe
ist hart, die Zeichnung vorzüglich, das Ganze breit auf-

gefaßt, offenbar unter dem Einflüsse der Holbeinschen
Porträts, die Böcklin zu sehen Gelegenheit fand. Er
hatte bis dahin außer der Anleitung seines Lehrers
Keltenborn keine weiteren künstlerischen Studien im
eigentlich erzieherischen Sinne genossen. In die gleiche
Zeit fällt eine größere Reihe landschaftlicher Studien,
offenbar unter dem Eindrücke Calamescher Vorbilder
entstanden. Kleinere Oelbilder, so z. B. eines mit weitem
Hügelterrain, das einer Bergkette vorgelagert ist und
durch die darauf angebrachten Ruinen antiker Aquä-
dukte sich als ein italienisches Motiv kennzeichnet, muß er
offenbar nach fremden Originalen gemacht haben, denn er
war als Sechzehnjähriger selbst noch nicht im Süden ge-
wesen. Daneben finden sich Skizzen, die er in der weiten
Rheinebene, in dem benachbarten Jura und den Vogesen
gemacht zu haben scheint. Der Charakter der landschaft-
lichen Erscheinungen ist mit einer gewissen Treffsicherheit
erfaßt. Ein anderes, kleines Bildchen aus der nämlichen
Periode zeigt den Kreuzgang des Alban-Klosters zu Basel.
Noch deutlicher als am Porträt seiner Mutter zeigt sich
der Einfluß Holbeins in einem jugendlichen Porträt des
später an der Baseler Universität als Professor der
klassischen Philologie thätigen Jakob Mähly, während
eine Landschaft, flaches Terrain, darüber ein aufsteigendes
Gewitter, ganz an holländische Vorbilder gemahnt, in
seiner Ausführung übrigens eine Hand verrät, die schon
mit fabelhafter Sicherheit arbeitete. Von 1845 datiert
eine Pastell-Skizze: „Meeresbrandung", eine Arbeit, die
umsomehr anmutet, als der gereifte Künstler ja gerade
das geheimnisvolle Wesen des nimmer ruhenden Oceans
in einer Art erfaßte und zu schildern verstand, wie kein
Maler es je vor ihm gethan. — 1846 wanderte er nach
Düsseldorf. Auch diese Zeit ist nicht spurlos an ihm
vorübergegangen. Eine Sturmlandschaft mit sehr schöner
Luft, im Vordergründe eine altheidnische Opferstätte, an
der ein schwarzer Reiter vorüberzieht, ist bezeichnend
dafür. Doch offenbart sich hier schon, noch mehr aber
in einigen weiteren, aus den nächsten Jahren stammenden
Bildern der Hang zu durchaus selbständiger Auffassung
der Natur. Böcklin getraute sich da bereits an Probleme,
die sicherlich nicht auf dem Programme irgend welchen
akademischen Lehrers standen. Von ganz außerordentlich
malerischer Anschauung — man möchte beinahe an Zeich-
nungen von Rousseau denken — ist ein größeres Blatt,
eine Waldlisiere darstellend, wo das Massiv der Baum-
mauer vollständig in Ton aufgeht und nur die Wipfel der
alten Eichen in gut studierter Silhouette vor der Luft
stehen. Daß er übrigens neben rein malerischer, toniger
Zeichnung auch in äußerst präciser Weise den Formen
der Natur gerecht zu werden wußte, zeigt sich in einer
Reihe von nahezu „ausgetiftelten" Bleistiftzeichnungen,
unter denen besonders die Resultate seines ersten Aufent-
haltes in Italien auffallen. Bei aller Liebe, mit der
diese Sachen gemalt sind, ist aber doch eines äußerst
auffallend: der ausgeprägte Sinn für bildmäßige Er-
scheinung, die sich bei Böcklin in so ganz außerordentlich
hohem Maße entwickelt hat und ihn dadurch in scharfen
Gegensatz zu jenen stellte, die jeden beliebigen Ausschnitt
aus der Natur für bildmäßig oder vielmehr bildfähig
halten. Böcklin hat stets mit dem gegebenen Raume
gerechnet und diesem seine Komposition untergeordnet;
freilich in einer Weise, die den Eindruck der Bildflächengröße
trotz des Rahmens oft ins Unendliche steigert. — Vergleicht
 
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