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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Barth, Hans: Von italienischer Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0051

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Von italienischer Aunst.

Von Vl'. AüNS Vürth. Nachdruck verboten.

nsere Zeit ist der italienischen Kunst nicht übermäßig
günstig, und — gestehen wir es — nicht ganz mit
Unrecht. Denn an bahnbrechenden großen Meistern fehlt
es im »bei passe« seit langem und die Kunst beschränkt
sich weit mehr auf der Variation des Alten, als daß sie
energisch neue Pfade beträte. Es ist tatsächlich, als
hätte das so geniale Volk im Cinquecento all sein künst-
lerisches Vermögen ausgegeben und besäße heute nur
mehr etwas kleine Münze. Nun — auch unter dieser
„kleinen Münze" finden wir, wie die Bilder des heutigen
Heftes zeigen, manches Stück von Wert. Manches Stück,
von einer Meisterhand geschaffen, die hoffentlich dazu
bestimmt ist, auch wieder Zechinen zu Prägen, die der
italienischen Kunst ihren Weltruf verliehen.

An der Spitze der modernen italienischen Kunst
steht die venezianische Schule; sie hat mit dem Aus-
lande am meisten Kontakt, die meisten und innigsten
Wechselbeziehungen und ist auch dort, und insbesondere
bei uns in Deutschland, am bekanntesten. Eine Reihe
der hervorragendsten venezianischen Künstler werden heute
mit Achtung nicht nur, sondern mit unverhohlener Be-
wunderung allenthalben genannt — so der leider zu früh

verstorbene Favretto, so ferner Milesi, Laurenti, Ciardi,
Dall' Oca Bianca, Tito, Zezzos, von deren einem oder-
anderem wir heute unserem Publikum einige Perlen
unterbreiten.

Zu den besten Venezianern von heute zählt in erster
Linie der Landschafter oder vielmehr das Haupt der
modernen venezianischen Landschafterschule, Guglielmo
Ciardi, der hier mit vier Bildern vertreten ist. Ob-
schon als Sohn der Lagunenstadt geborener Marinemaler,
ist heute Ciardi doch der Specialist der Tiroler Alpen,
der Hochgebirgsmaler par excsllerics — und wohl-
verstanden, ohne darin seinen echt venezianischen Charakter
abgestreift zu haben. Seine gewaltigen, von unerschöpf-
licher Poesie erfüllten Landschaften aus dem Cadore,
(Tizians romantischer Heimat), seine herrlichen Alpen-
panoramen mit dem an den deutsch-tirolischen Charakter
erinnernden weltverlorenen Dörflein mit der stillen Gasse,
den verandaumgebenen Bauernhäusern, dem stereotypen
Tiroler Kirchturme und den wenigen, in der Gegend ganz
verschwindenden Menschen — das sind Werke, die mit
ihrer Plastik und Leuchtkraft, mit ihrer klaren, durch-
sichtigen Luft, ihrem vorzüglich gemalten Himmel, mit

Die Kunst für Alle XIV, 3. I. November )(898.

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