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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Perfall, Anton von: Unter dem Schlapphute!, [3]: Novelle aus dem Künstlerleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0057

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38

Unter dem Tchlapphute!

Er schleuderte seinen eigenen Hut
auf den Tisch, stülpte den Schlapphut
auf und ehe die Frau sich von ihrem
Staunen erholen konnte, war er ver-
schwunden.

Ratlos lief sie mit der Uhr in
der Hand auf die Straße.

„Herr, — Herr — sind S' denn
narrat. Ich Hab' ja g'rad Spaß
g'macht. Er kost' ja g'rad a Markl."

Von Julei war nichts mehr zu
sehen.

Er stand in einem engen ein-
samen Gäßchen unv drehte und wandte
seinen Schlapphut. Ja, er sprach mit
ihm, er drückte und herzte ihn, daß
ein vorübcreilcnder Junge ein lautes
„Auweh, den hat's" ausricf. Dann
stülpte er ihn nach der alten Weise
auf den Kopf und ging damit mitten
durch die vornehmsten Straßen seiner
Wohnung zu.

Er war ja eiu ausgemachter Narr,
aber es war doch so. Aufjauchzen hätte er können vor
innerer Freude, vor schwellendem neuen Mut. Es war
ihm als ob er eine Krone trüge statt des alten Filzes.

Vor dem Hause hielt er. Ein schlimmer Gedanke
kam ihm. Was wird Frida dazu sagen, — denken
wenigstens. Kind! Großes Kind! Oder schlimmeres!
schlimmeres! Dann war es vorbei mit der Freude, das
fühlte er — dann warf er ihn direkt ins Feuer, den
Unverwüstlichen! Den treuen Freund? Nimmermehr!
— eher —

Oder war er wirklich nicht bei Trost, war es am
Ende gar nicht sein Schlapphut? —

Jetzt stieg er bangen Herzens die Treppe hinauf,
läutete.

Frida nahte, öffnete.

Es war zu dunkel, im Gange etwas zu erkennen.

„Was hast du denn für einen Hut auf?" sagte sie.

„Sieh' dir ihn einmal an bei Licht."

Er öffnete die Thüre zum Atelier. Das volle Licht
traf ihn.

Da schlug Frida die Hände zusammen, ihr ganzes
Antlitz leuchtete.

„Ja Julei, ist es denn möglich! Unser Schlapp-
hut!" Da lag sie schon an seiner Brust und blickte zu
ihm auf, in den Augen Helle Thränen.

„O, jetzt ist alles wieder gut, alles, alles und nimmer
darfst du ihn lassen, dein Leben lang nimmer, Julei —"

„Ja, gefällt er dir denn jetzt besser?" fragte der
Maler, entzückt von der unerwarteten Aufnahme.

Frida erwiderte nichts, nur inniger schmiegte sie
sich an ihn und beide fühlten den Zauber, der ausging
von dem alten, treuen Freund.

Denselben Abend noch packte Frau Frida.

Auf die Frage: „Wohin denn, Kind?" lautete die
Antwort: „In die Waldmühle!" —

Julei ahnte den Zusammenhang. Schon
lange sehnte er sich darnach, aber er hatte
den Mut nicht und fürchtete den tauben
Alten, das geschwätzige Rad, den ernsten
Felsen, den flüsternden Wald.

Den nächsten Tag ging es in die
Waldmühle.

Wieder loderten die Buchen in purpur-
roter Glut.

Julei lag auf dem Moos und betrachtete
sein fertiges Werk: — Herbst im Bergwald!
Hatte er denn wirklich das gemalt? Das
konnte er beschwören. Aber eine andere
Frage, — sah er denn auch recht: da
steckte ja wieder die alte Kraft darin, nach
der er sich so lange vergeblich gesehnt. —
Ja, aber — wer sagt ihm denn, daß er
das auch beurteilen kann? Wie oft glaubte
er das auch früher, eine Stunde, einen Tag,
und dann kam die große bittere Erkenntnis
 
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