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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Pecht, Friedrich: Genie und Talent in den bildenden Künsten
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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten - Kunstlitteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0161

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Personal- und Atelier-Üachrichten.

Rinderbildnis. Arthur Kampf pinx.

Wandernden Böcklin gerade der unvertilgbar schweizerische
Charakter ist, welcher seinen Figuren den geheimnisvollen
Reiz giebt, während ihr spezifisch altpreußisches Wesen
denen Menzels ein solch scharf ausgeprägtes Aussehen
mitteilt, wie es sich seit Holbein kaum je wieder in
unserer Kunst findet. Denn diese ist nicht eben reich
an so spezifisch nationalen Künstlern, wie es in unserem
Jahrhundert Peter Heß, Menzel, A. v. Ramberg, Knaus,
der Tiroler Defregger und der Schweizer Böcklin sind.

Als hervorragendster unter den Lebenden bleibt aber
dermal in München fraglos Lenbach, da er, wie sich jetzt
immer deutlicher herausstellt, in seiner selbständigen Art
ganz einzig dasteht. Nichtsdestoweniger mußte er ein
Sechziger werden, die Halbe Welt mit seinen Werken
überschwemmen, bis man in München dahinterkam, daß
er „auf jeden Fall ein Genie, am Ende gar der Teufel"
sei. Wahrscheinlich ist es gerade der starke dämonische
Zug seines Wesens, die anscheinend kalte Gleichgültigkeit,
die er allem nicht Hervorragenden entgegenbrachte, seine
geniale Nüchternheit in der Betrachtung der Charaktere,
die so oft an ihm abstießen, wenn sie nicht unwider-
stehlich anzogen. Es ist darum durchaus kein Zufall,
daß er schon als ganz junger Mensch den Dichter Heyse
fesselte, wie später selbst einen Bismarck. Daß er auch
die Frauen durch seine anscheinend kalte Gleichgültigkeit
gleichzeitig abstieß und anzog, ist begreiflicher. Unstreitig
haben wir seit Holbein in Deutschland keinen mit solcher
instinktiver Menschenkenntnis ausgestatteten Bildnismaler
mehr gehabt, selbst der Schweizer Graff nicht, der ihn
an tiefem Verständnis bedeutender Menschen schon darum
nicht erreicht, weil er als begabter Handwerker selbst
nicht dazu gehört. Denn Niemand kann in der Schilderung

l2,

fremden Geistes über die Höhe des eigenen hinausgehen.
Gerade dieses ungewöhnliche Verständnis macht aber
Leubachs Bedeutung aus. Neben dem Studium der Alten,
das er allerdings gründlicher betrieben hat, als irgend
ein anderer Moderner. Seine Kopien nach Tizian,
Velasquez u. a. sind darum unerreicht geblieben, wie seine
Darstellungen von bedeutenden Mäunercharakteren, obwohl
er eigentlich kein guter Zeichner ist, sondern nur ein
meisterhafter Kolorist. Dafür ist er im Verständnis der
alten Renaissancemalerei freilich weiter gekommen als
irgend ein zweiter Moderner und nur in der Schilderung
der Frauenschönheit hinter vielen zurückgeblieben, weil
er überhaupt nicht zu den idealisierenden Künstlern gehört,
sondern durchaus Realist bleibt. Um aber seinen ganzen
Wert zu verstehen, muß man ihn, wie fast alle genialen
Menschen, durchaus erst neben anderen sehen.

Bildnisses Professors
N?. von Mettingen.


Düsseldorf. Der Historienmaler Franz Müller hat
ein großes, dreiteiliges Altargemälde für die St. Remigiuskirche in
Bonn vollendet. Es ist die Ausführung einer Arbeit feines vor
einigen Jahren verstorbenen Oheims, des'Prof. Carl Müller. Dieser
hinterließ bei seinem Tode die noch kaum fertig gestellten Kartons
zu dem Bilde und einige Vorarbeiten, Studien rc. Nach seiner letzt-
willigen Bestimmung sollte sein Neffe Franz Müller, der Sohn von
Prof. Andreas Müller, die Ausführung des in sehr großen Dimen-
sionen in Auftrag gegebenen Gemäldes übernehmen. Franz Müller,
ein bewährter Meister auf dem Gebiete der religiösen Historien-
malerei, hat die ihm gestellte ehrenvolle Aufgabe in vorzüglicher
Weise gelöst. Das Triptychon stellt — eine Art Disputa — das
Dogma von der Kirche dar. Die Komposition ist von bedeutender,
monumentaler Wirkung, groß im Ausbau und schön in den Linien.
Die Gruppen verbinden und lösen sich harmonisch, jede Figur
kommt voll zur Geltung und ist im Sinne der Nazarener fein
und geistvoll individualisiert, trotz des strengen Stils, der priester-
lichen Gemessenheit in der Haltung, die gegeben war für ein Bild
an heiliger Stelle. I8LS8I



Die Kunst für Alle XIV.
 
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