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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischte Nachrichten - Kunstlitteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0169

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vermischte Nachrichten. — Kunstlitteratur und vervielfältigende Kunst.

12!

-r. Kunstnotiz aus Abdera. Liegt da an zwei schiff-
baren Flüssen, zwischen Neckar und Rhein, eine der bedeutendsten
Handels- und Jndustriemetropolen, welche in Anbetracht der un-
gezählten vielen Millionen, die daselbst ihr Wesen treiben, in
richtigem Verständnis auch 7500 M. pro Jahr sür Kunst-
erwerbungen verausgabt. Das ist dankbar anzuerkennen,
umsomehr, als man in früheren Jahren einen solchen
Aufschwung nicht sür möglich gehalten hätte. Die Haupt-
sache, das „heidenmäßig viele Geld" ist nun da; aber bis
sich die Gehirne und Busen der achtzehngliederigen sog.
Sachverständigenkommission und der aus vierundzwanzig
Häuptern bestehende löbliche hochweise Stadlrat über die
richtige Verwendung hindurchgearbeitet haben, das ist —
man muß das zugeben — keine kleine Geistesarbeit. Außer
diesen zweiundvierzig Personen mit offiziellem Verständnis,
kommen dann noch die Zivilverständigen, welche die eigent-
liche Sachverständigen-Kommission noch überlressen. Da
ist das zum Ankauf vorgeschlagene Bild zu realistisch, zu
konventionell, zu „mariniert", zu worpswedisch rc. -c. Der
eine wünscht die neue Richtung, der andere die alte —
natürlich aber immer das, was momentan nicht zu haben
ist, während doch eines das andere nicht auszuschließen
braucht. — Merkwürdig ging es in unserer Metropole zu
bei der beabsichtigten Erwerbung der „Büßenden Magdalena"
von Professor Gabriel Max. Im vornherein hatte sich der
Stadtrat für das Bild ausgesprochen. Der Vorschrift
entsprechend ging cs nun an die achtzehngliederige Kom-
mission, welche, nach Anhörung eines Privatdozenten der
benachbarten Universität, der zwar nicht als Professor, aber
doch professionell Kunstgeschichte treibt und daher Autorität
in Kunstsachen ist, das Bild zum Ankauf empfahl. Darauf-
hin kam es zur definitiven Abstimmung an denselben
Stadtrat, welcher sich von Anfang an für das Bild aus-
gesprochen halte. Aber der Stadlrat denkt's und der Lehr-
amtspraktikant B. lenkt's. Bon diesem Herrn war am Tage
der Abstimmung in der „Neuen Bad. Landeszeitung" ein
Bericht über die Slevogt-Ausstellung erschienen. Nebenbei
wurde auch der arme Professor Gabr. Max verarbeitet.

Unter anderem heißt es da: „Was an süßlicher Farben-
gebung, an porzellanener Glätte und Seelenlosigkeit ge-
leistet werden kann, trägt diese kokette Sünderin an sich"
rc. re. Der Sladlrat, welcher in seiner Majorität ja selbst-
verständlich nicht unbedingt Kunstverständnis besitzen muß,
um doch ein tüchtiger Stadtrat sein zu können, lehnte darauf-
hin den Ankauf des Bildes mit elf gegen neun Stimmen
ab (einige Herren fehlten). Es geschah dies auf die aus-
drückliche Bemerkung eines Mitgliedes, daß nach der
„N. B. L." (also nach der Meinung des Lehramtsprak-
tikant B) Gabr. Max doch nicht die Bedeutung haben
müsse, wie man allgemein annimmt. — So geschehen zu Abdera-
Mannheim im Jahre des Heils 1898 — und der Herr Professor
Gabriel Max wird nun ganz genau wissen, was er von sich
zu halten hat. l«-s2;

3.K. Gegen Lichlmark ist jüngst eine Schmähschrift „Protest
Hamburger Künstler gegen Professor Alfred Licht-
war k von Josef Michael", (Hermann Walther, Berlin,
60 Pf.) erschienen, die an sich wenig Interessantes sür unsere
Leser bieten würde. Nur zur Orientierung für die, welche viel-
leicht davon hören, ein paar Worte darüber. Jeder derartige
Versuch, eine Persönlichkeit zu vernichten, wirkt von vornherein
unsympathisch und der Angriff fällt auf den Autor zurück. Dieser
hier verliert ganz besonders, wenn sich im Laufe der Schrift
herausstellt, daß der Angreifer ein durch Lichtwark Refüsierter ist,
der im bekannten Resüsierten-Groll mit den üblichen Redens-
arten über moderne Kunst rc. zu Felde zieht, und durch Erzählen
läppischer Anekdoten und Anekdötchen über Lichtwark einen Mann
wie diesen zu vernichten glaubt. Aus der inferioren Art, wie
der Verfasser über Kunst 'Vricht, wird jeder feinfühligere Leser
bald wissen, was er von dein Ganzen zu halten hat. In ganz
Deutschland weiß man, was für die deutsche Kunst eine Persön-

lichkeit wie Lichtwark bedeutet, und wer seine Schriften kennt und
verstanden hat, weiß, daß es nicht viele wieder giebt, die mit so
gesunden Gedanken ausgezeichnete Anregung geben. Lichtwark
steht seit Jahren in der vordersten Reihe der Förderer und Inter-
preten echter Kunst und niemand wird durch die kleine Schrift
irgend eines Unbekannten von dem Gegenteil überzeugt werden.
Und Hamburger Lokalstreit hat für die übrige Welt wenig
Interesse. lMSi

Arthur Kampf kec.

Eine Bitte!

Ein junger, talentvoller Künstler hat ein Velgemälde ge-
schaffen, das bei einer Konkurrenz der Münchener Akademie mit
dem ersten Preise ausgezeichnet wurde. In seiner weiteren Thätig-
keit ist jetzt rNrRhm der Karton für ein großes monumentales
Werk vollendet worden, das ein bedeutendes Kunstwerk zu werden
verspricht und dessen Ausführung seinen Schöpfer mehrere Jahre
in Anspruch nehmen würde. Um nun die Schaffensfreudigkeit des
Künstlers nicht durch materielle Sorgen gedrückt zu sehen, würde
ibm sehr damit gedient sein, wenn ihm wenigstens für einen
Teil der Zeit, welche er dem neuen Werke zu widmen hätte,
Lxistenzmittel aus dem verkaufe des oben erwähnten Vel-
bildcs zu Gebote stünden.

Zur Ermöglichung dieses Verkaufes richten wir hiemit,
zum erstenmal seit dem vierzehnjährigen Bestehen unserer Zeit-
schrift, die Frage an unseren Leserkreis, ob sich nicht unter ihm,
im vertrauen auf unser Urteil, ein Gönner fände, der das
fragliche Bild für 2000 M erwürbe, vielleicht auch finden sich
zwanzig Kunstfreunde zusammen, die unter Zeichnung von
Anteilscheinen von je coo Uk. für den Erwerb des Bildes das
Los entscheiden lassen. Ernsthaften Anfragen dieserhalb werden
wir gern mit näheren Auskünften begegnen, wie auch seiner
Zeit über den Erfolg des Aufrufes an dieser Stelle berichten.

München, 24. Dezember isgs.

Die Redaktion der „Kunst für Alle".
 
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