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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Schumacher, Fritz: Etwas vom Einrahmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0199

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von Fritz Schumacher.

nötig, sofern er für die Wirkung des Bildes und nicht
für die eigene Wirkung da sein soll. Die Hauptsache des
künstlerischen Ausdrucks muß liegen in der richtig abge-
wogenen Breite des rahmenden Bandes und in der
Farbennuance.

Für die Farbennuance ist nicht nur der wirkliche
Ton des Rahmens, sondern in ebenso hohem Grade seine
Profilierung maßgebend; bei gleicher Färbung — sagen
wir beispielsweise bei gleicher Vergoldungsart —, können
durch die Schatten und Glanzlichter, die verschiedene
Profile Hervorrufen, deutlich verschiedene Tonwerte ent-
stehen. Das Profil kann durch seine Gliederung eine
pikante, flimmernde Wirkung Hervorbringen, es kann das
Ganze schlaff und weichlich erscheinen lassen, es kann
einen straffen und ruhigen Eindruck durch die Verteilung
der Reflexwerte erzielen. Ob man nun für ein Oel-
gemälde eine ruhige oder eine mehr pikante Rahmen-
wirkung nötig hat, ob man beispielsweise eine üppige
Goldleiste, oder einen breiten Ebenholz-Rahmen bevor-
zugen soll, das kommt ganz auf den Charakter des Bildes
und auf seine Umgebung an. Um hier richtig zu gehen,
muß man etwas von dem nervösen Feingefühl jenes
Mannes besitzen, den Huysmans in seinem Romane

Uebcmrs« schildert: weil diesem Manne die Farben-
wirkung eines Perscrteppichs etwas zu lebhaft erscheint,
kommt er endlich auf die Idee, eine lebende schwarze
Schildkröte in die Farbensymphonie zu verpflanzen, —
der Teppich erscheint noch bunter, und erst wie er das
Gehäuse der Schildkröte mit blitzenden Steinen besetzt
und das Tier nun auf dem persischen Muster spa-
zieren gehen läßt, da ist die Harmonie vollkommen,
er ist zufrieden. — Die Funktion jener Schildkröte
hat meistens der Rahmen bei einem Bilde zu über-
nehmen, ein schwarzer Rahmen läßt ein ruhiges Bild
noch ruhiger erscheinen, unter Umständen aber kann
er die Tendenz zur Unruhe noch verstärken, und so
bedarf man bald des Glanzes, bald der Neutralität,
um den ganzen Effekt einer Farbenstimmung heraus-
zuholen. Mit einem Worte, es giebt ein allo-
pathisches Verfahren, durch das man die Intensität
einer vorwiegenden Farbenstimmung durch den Kon-
trast verschärft, und es giebt eine homöopathische
Methode, die man anwendet, wenn man beispielsweise
eine Schneelandschaft in blendend Weißen Rahmen steckt.

Eine ebenso große Verantwortung tritt an uns
heran, wenn wir nicht Oelbilder, sondern graphische
Darstellungen irgendwelcher Art einzurahmen haben.

Für den Maler ist es bekanntlich ein sehr wichtiger
Punkt, wie er sein Gemälde abschneidet, das heißt,
wie das dargestellte Sujet in der Fläche sitzt; ein
kleines Stück dieser Größenabgrenzung wird bei gra-
phischen Blättern dem Einrahmenden zugeschoben, er
hat die Möglichkeit, das ganze Bild in gewissen
Grenzen verschieden zu dimensionieren, da solche
Blätter in der Regel einen Rand besitzen.

Es giebt Fälle, wo man gut thut, ganz auf
weißen Rand zu verzichten; wenn man es mit Ton
in Ton-Reproduktionen zu thun hat, vermag man
die geschlossene bildartige Wirkung eines Blattes da-
durch zu erhöhen, daß man es gleichsam wie ein
Gemälde behandelt; vor Goldrahmen ist dabei natür-
lich zu warnen, sie kommen nur in Betracht, wo
Farbe auftritt. Bei Original-Radierungen und

tSI

Stichen wäre es eine Barbarei, den Rand abschneiden
zu wollen. Das künstlerische Wesen dieser Blätter liegt
in der Art ihrer Herstellung durch Künstlerhand, und die
Erinnerung an diese Herstellung würde verwischt werden,
wenn man versuchen wollte, das Werk anders zu charak-
terisieren, als den Abdruck einer Platte auf ein Blatt. —
Bei der Bemessung dieses Randes muß man bekanntlich
einer optischen Täuschung entgegenarbeiten: einerseits
nämlich erscheint uns ein Heller Streifen senkrecht ge-
nommen breiter als wagerecht und andererseits drückt ein
Bild im Raume mehr auf den unteren als auf den
oberen wagerechten Rand, sodaß es gerutscht erscheint,
wenn man diese beiden Ränder gleich breit macht; es
gilt also, den oberen Bildrand etwas breiter zu halten,
als die seitlichen und dem unteren Rand noch größere
Breite zu geben. Die Bemessung der Durchschuittsbreite
darf erfahrungsmäßig nicht weniger als etwa ein Viertel
der kleineren Dimension des Bildes betragen, wenn die
Sache nicht ärmlich aussehen soll, sie kann aber weit
breiter sein, und sie muß breiter sein, wenn man Bilder
sehr kleinen Formats an die Wand hängen will; ein
Rand in gleicher, doppelter, dreifacher und höchstens
vierfacher Breite der kleineren Dimension des Bildes ist
hier am Platze, je nach der Bedeutung, die man dem
kleinen Werke geben zu müssen glaubt. Hier dient der
weiße Rand vor allem dazu, um das Bild an der Wand,
wo es sonst ein verlorenes Dasein führen würde, zu iso-
lieren und uns das Hereinversetzeu in sein Sujet zu er-

Stlldienkoxf für „Der Friede». z. Geselschax a-I.

Wandgemälde im (1690).

Berliner Zeugbause.
 
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