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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Voll, Karl: Neues von Fritz von Uhde
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0292

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Meucp von Fritz von Uhde.

von vr. Rarl Voll. Nachdruck aeiba.en.

1 l^hdes künstlerische Erziehung und Entwicklung ist im ersten Jahrgang unserer Zeitschrift von Franz von Reber
^ eingehend geschildert worden und zwar bis zu der Zeit, wo der Künstler ans den verschiedenen Anregungen
heraus, wie sie ihm von alten und modernen Künstlern gekommen waren, seine eigene Art gebildet hatte. Wir
sehen ihn als jungen Novizen altertümlichen Akademietraditionen unwillig entlaufen, als Mitkämpfer im deutsch-
französischen Krieg immer noch der alten Liebe zur Kunst gedenken, dann nochmals einen Versuch mit deutscher
Professorenweisheit an der Münchener Akademie machen, wir finden ihn dann wieder als emsigen, aber freien
Schüler der modernen Richtung in Frankreich und Holland, daneben auch in den Galerien vor den alten
Meistern, nachdem er sich bei Munkacsy in kurzer, aber bis heute nachwirkender Lehrzeit die Grundlagen seiner
Kunst geschaffen hatte.

Wenn Uhdes Name genannt wird, denkt jedermann zunächst an unsere heutige Bibelmalerei, die, allen
archäologischen und gelehrten Witzchen abhold, die Geschichten des Neuen Testamentes uns so erzählt, wie sie
uns am verständlichsten sein sollten. Reber hat die Berechtigung dieser vielumstrittenen Auffassung des religiösen
Bildes verständnisvoll begründet. Es ist darum hier nicht nötig, die Frage abermals zu behandeln, obwohl
sich viele Freunde des Althergebrachten noch nicht mit Uhdes Regeneration der Bibelmalerei versöhnt haben.
Es ist umso unnötiger, den alten Streit neu zu entfachen, als Uhdes Stellung in der Geschichte unserer
Malerei die gleiche bleibt, ob wir seine Bilder als „echt christlich" betrachten wollen oder nicht; denn seine
Bedeutung liegt weniger darin, das; er sich mitbeteiligt hat an der Wiederbelebung des religiösen Bildes,
als darin, daß er uns die Kenntnis der modernen französischen und holländischen Malerei in anregender
Weise vermittelt hat. Er ist kein rücksichtsloser Neuerer, er hat auch vieles vom Alten beibehalten und ist
insofcrne der Antipode Liebermanns, mit dem er sonst so viel gemeinsam hat; aber in seiner konzilianteren,
weicher mitempfindenden Art hat er viel größeren Einfluß ausüben können, als andere, die konsequent genug
waren, nichts vom Thcaterkram der Pilotyschule beizubehaltcn, die aber dadurch viel unverständlicher und
ungeberdiger erschienen.

Uhde nimmt unter den modernen Künstlern den Platz eines scharfsinnigen, rastlos arbeitenden Gelehrten
ein. Genauer als er kennt keiner die Aufgaben der Kunst, genauer als er weiß keiner zu beobachten, was
alles auf einem Bilde zu geben ist, feiner erwägt niemand die Mittel, um den gewünschten und notwendigen
Eindruck hcrvorzubringen: kurz, eine größere Kenntnis
der Zwecke und Mittel der Malerei wird nicht leicht
in einem andern Atelier Deutschlands zu finden sein-
Da sich dieses absolute, sichere Wissen mit einer zart-
fühlenden Empfänglichkeit verbindet, so erklärt es sich
auch, warum seine Früchte so gar nichts Trockenes an
sich haben. Uhdes Gelehrsamkeit hat sich in schöpfe-
rische Kraft verwandelt und wenn seine Anfänge noch
ziemlich unselbständig waren, so steht er seit Jahren
als ausgercifter, freier Künstler da, ein Lehrer für die
vielen, die, seinen Anregungen folgend, die moderne
Kunst jenem Höhepunkt zuzuführen streben, auf den Uhde
und seine künstlerischen Freunde hingewiesen haben.

Als Rebers Aufsatz erschien, vollzog sich ge-
rade der Umschwung von Unselbständigkeit zu Freiheit.

Damals malte Uhde noch Landschaften mit festen
Bauernmädchen, ganz in der Manier des Bastien
Lepage. Aber damals stand auch bereits sein erstes
Abendmahl auf der Staffelei, als abgeklärte und auf-
klärende Fortsetzung des neutestamentlichen Cyklus, der
mit dem schönen, jetzt im Leipziger Museum befindlichen
Bilde: „Lasset die Kindlein zu mir kommen", kurz vor-
her begonnen hatte. Von nun an war Uhde seiner
selbst sicher und es vollzog sich rasch die Loslösung
von der französischen Kunst, wenn auch die Erinnerung
gerade an Bastien Lepage noch einige Zeit lang in
ihm lebendig blieb. Werke wie „Die heilige Nacht",

Die Am,st fstr Alle XIV, IS. I. Mai ISW.
 
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