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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Voll, Karl: Die Reform der deutschen Kunstvereine, illustriert am Münchener Verein
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0330

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Die Kesorm der deutschen Amistdereiue, illustriert sm Münchener Verein.

von c>r. Rarl Voll.

lfred Lichtwar k hielt kürzlich in der Münchener
Literarischen Gesellschaft einen Vortrag über die
Mittel, mit denen der Kunst zu helfen sei. Er kam dabei
auf die Kunstvereine zu sprechen und erklärte sie für ver-
altete Institutionen, die den Kontakt mit der lebendigen
Kunst verloren haben und darum nicht mehr zu den be-
stimmenden Faktoren des deutschen Kunstlebens gehören.
Unter den süddeutschen Kunstvereinen ist nun der Münchener,
wenn auch nicht der älteste, so doch der bedeutendste und,
da er sozusagen das Herz für eine Reihe anderer mit ihm
in Verbindung stehender Vereine ist, so darf vielleicht der
Versuch gemacht werden, ihn als Grundlage für einen
Versuch zu machen, der unsere Kunstvereine wieder in
engere und nützlichere Beziehung zur Entwickelung der
deutschen Kunst bringen könnte.

Als er gegründet wurde, war München noch eine
ziemlich kleine Stadt. Obwohl ihre Einwohner sich im
Verhältnis viel lebhafter am Vereine beteiligten, als es
in unseren Tagen geschieht, war seine Mitgliederanzahl
und sein Einkommen doch wesentlich geringer als heute.
Seine Aufgaben mußten darum, so weit sie Mit Geld
zu lösen waren, natürlich eng gesteckt bleiben. Sie be-
schränkten sich im wesentlichen auf den Ankauf von Bil-
dern und auf jährliche Verteilung von Vereinsgeschenken
in Gestalt mehr oder weniger wertvoller Stiche. Aktiv
in das Kunstleben einzugreifen, lag ihm fern; denn
erstens erlaubten ihm das seine Mittel nicht und zweitens
war es auch nicht nötig. So lange König Ludwig I.
lebte, war in dessen Umgebung auch die Zentrale Münchener
Kunst verlegt. Seit den dreißig Jahren nach Ludwigs
Tode hat sich alles geändert. München ist eine große
reiche Stadt geworden; der Verein hat sich zu ungeahnter

Größe und zu ansehnlichem Reichtum erhoben, eine neue
Kunst hat sich gebildet, und das Ausstellungswesen hat
sich in wahrhaft beängstigendem Umfang entwickelt. All
diesen Wandel hat die Organisation des Vereins über-
dauert, ohne sich sehr viel zu ändern. Manche unzeit-
gemäße Verfügung der Statuten ist zwar rationeller ge-
staltet worden, mancher Zusatz ist gekommen, der Verein
schuf sich ein stattliches Haus und erwarb im Laufe der
Jahre eine wertvolle Galerie, die er aber heute bereits
als Ballast empfindet: trotzdem blieb im wesentlichen
alles beim alten. Nur die Stellung des Publikums zu
ihm ist eine andere geworden. Die Menge der Kunst-
ausstellungen, sowie die Leichtigkeit im Reisen und Auf-
suchen fremder Orte mit ihren neuen Kunstschätzen haben
abgestumpft gegen das, was der Kunstverein zu bieten
pflegt und bei seinen gegenwärtigen Einrichtungen zu
bieten vermag. Darum wird jetzt von mehreren Seiten
aus daran gearbeitet, ihn auf die Höhe der Zeit zu
bringen und seine Kräfte den neuen großen Aufgaben
dienstbar zu machen.

Der gefährlichste Uebelstand ist die Monotonie seiner
Ausstellungen, von denen sich in den letzten Jahren der
größte Teil der bedeutenderen Künstler fernhält.

Seine Ausstellungsräume werden allzu reichlich von
mehr oder weniger talentierten Anfängern in Anspruch
genommen, von Künstlern dritten und vierten Ranges und
sogar, zumal in letzter Zeit, von Dilettanten. Ihnen
haben die Künstler von Rang nicht ohne allen Grund
das Feld geränmt; denn es ist kein großes Vergnügen,
in stark gemischter Gesellschaft zu verkehren. Der Kunst-
verein hat, wie das leicht zu erweisen ist, eine stattliche
Anzahl von Pensionisten, denen er jährlich ein „Kunst-

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Die Kunst für Alle XIV, 17. 1. .'Zuni 1899.
 
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