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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Mortimer, Richard: Die Berliner Kunstausstellung im Landesausstellungsgebäude, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0359

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Die Berliner Aunstnusistcllung im Lnnde^nu^stellungägebäudc.

voll Richard

enn man alte Berichte über die Berliner Aus-
stellung uachlicst, so scheint cs, als ob schon oft
in Berlin die Umfrage gehalten worden ist, ob Wohl
die Ausstellung in Moabit noch schlechter werden könnte.
Diese Frage ohne weiteres zu verneinen, hieße zu weit
gehen. Unter den zwölfhundert Bildern, die ausgestellt
wurden, sind immer noch gut zweihundert, die des Bc-
trachtcns wert sind. Nur ist der Schlußeindruck, dank
der tausend Undiskutierbaren, der einer Ausstellung ohne
Phsiognomie, an der niemand, der Kunst sucht, ungemischte
Freude habe» wird. Es giebt eine Reihe von berühmten
Meistern, deren Werke kaum noch den wechselnden Ans-
stellungen, sondern dein Kunsthandcl angehörcn. So
Menzel, Leibl. Und so finden wir denn auch in
dieser Ausstellung einige glanzende Namen, welche aber
eben deswegen, weil sie gleichsam längst historisch ge-
worden sind, das Bild der Ausstellung, soweit sie die
heutige Produktion repräsentiert, nicht zu heben ver-
mögen. Lenbach ist mit einer Reihe von Porträts
vorzüglich vertreten, ebenso Thoma mit seinem Selbst-
porträt, das man stets gern wiedersieht. Die Berliner
Produktion steht ganz im Vordergrund. Von auswärts
hat mau sich vieles kommen lassen, was im allgemeinen
dem Gepräge der Ausstellung entspricht: viel Gleich-
gültiges, vereinzeltes Gute. Hier und da entdeckt man
einen neuen Namen; anscheinend jüngere, welche mit
frischen Kräften in den Kampf ziehen und gute Waffen

mitbringcn. Dann wieder ganze Reihen von Bildern,
die man im „Sturmschritt" nehmen kann, d. h. man kann
Laufmarsch an ihnen vorbeimachen, ohne etwas zu ver-
lieren. So wird die Ausstellung mehr und mehr die
Schaustellung für die große Masse, die nicht ahnt, daß
nian von Bildern noch mehr verlangen kann als zu
sehen, was darauf ist, und deren Abneigung sich darauf
gründet, daß sie das Mädchen nicht hübsch genug finden
oder nach dem Orte keine Sommerreise machen möchten.

Ein großer Teil des Guten ist also retrospektiv.
Aber man nimmt auch hier gern die Gelegenheit wahr, eine
Reihe von wundervollen Bleistiftzeichnungen Menzels zu
studieren, wie sie heute zu den Kostbarkeiten eines Kupfer-
stichkabinetts gerechnet werden müssen. Es sind vor allem
eine Reihe Dctailstudieu nach Geräten, Waffen w., wie
sie der Altmeister mit seiner so wissenschaftlichen Strenge zu
Hunderten gemacht hat. Da sind Hundehalsbänder, Thür-
klopfer, Reliquienkästen, Pulverflaschen, Vexiergläser w.
und jedes in fabelhaft geistreicher Weise gezeichnet, daß
man nicht das Interesse des Sachlichen braucht, um lange
vor ihnen zu stehen. Eine zweite historische Kollektion
ist die von Teutwart Schmitson. Wer ist Schmitson?
wird da wohl mancher fragen. Ein deutscher Maler, der
1830 in Frankfurt a. M. geboren wurde und mit drei-
undreißig Jahren in Wien starb. Trotzdem er nicht
älter geworden, war seine kurze Laufbahn von rauschen-
dem Erfolge begleitet. Aber dann vergaß man ihn
wieder, vergaß ihn sogar in recht undank-
barer Weise. Und es ist ein großes Ver-
dienst von Tschudi, daß er ihn hier wieder
ausgrub und so seinen Namen der Ver-
gessenheit, der er anheim zu fallen drohte,
entriß. Tank ihm besitzt die Berliner
Nationalgalcrie zwei seiner Werke, von
denen das letztere sogar erst ganz kürzlich
erworben wurde. Aber trotzdem ist sein
Name nicht so bekannt, wie er es verdient.
Schmitson war vor allen Dingen Tier-
maler, doch muß man hier die Betonung
auf Maler legen. Er war ein echter Maler,
ein feinsinniger Kolorist, der als solcher fast
ein Vorläufer für moderne Farbcnideen
genannt werden kann. Seine fünfzehn hier
versammelten Bilder sind zumeist dem
ungarischen Steppenlcben entnommen:
„Arbeitspferde am Waldrand", „Ochsen-
hirten auf der Pußta" und „Scheuende
Gespanne", das sind die Gebiete, auf denen
er sich mit Vorliebe bewegt. Eine sichere
charakteristische Zeichnung verband er mit
tiefen aber klaren und leuchtenden Tönen,
deren Accord ebensoweit von einer nüch-
ternen Naturabschrift wie von Schönfärberei
entfernt ist. Meyerheim fällt das Ver-
dienst zu, die Kollektion zusammengebracht
zu haben. Eine andere Sonderausstellung
est die von Friedrich von Schennis,
dessen hier versammelte Werke, obgleich
der Künstler noch im bestem Mannes-

Der schlaf. Grabdenkmal. Hans Dammann fee.
 
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