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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Schumann, Paul: Arnold Böcklin
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0314

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AN DER TRÄNKE

GIOVANNI SEGANTINI del.

ARNOLD

Unter dem Titel „Die Seele und das Kunst-
werk" hat Alfred Lichtwark, der um
das deutsche Kunstleben so hochverdiente
Direktor der Hamburger Kunsthalle Böcklin-
studien erscheinen lassen,*) die wir unseren
Lesern warm empfehlen möchten. Die drei
Aufsätze sind entstanden, als Arnold Böcklin
zu Ehren in Basel, Berlin und Hamburg die
grossartigen Ausstellungen seiner Werke ver-
anstaltet wurden, welche dem siebzigjährigen
Meister die Bewunderung der ganzen Welt zu
Füssen legten. Lichtwark ruft den Deutschen
vor allem ins Gedächtnis, wie spät ihnen
das Verständnis für Böcklin aufgegangen
ist, wie stumpf ihre Sinne jahrzehntelang ge-
wesen sind, mit welchem Hohn seine epoche-
machenden Werke auf deutschen Ausstellungen
empfangen wurden. Es war die Zeit, als man
sich fast ausschliesslich am Gegenständlichen
der Bilder erfreute, das rein Künstlerische
eine ganz geringe Rolle spielte und der Ge-
nuss der Ausstellungen und Museen unserer
Kunst keine grosse Anstrengung erforderte.
„So erschienen Böcklins Bilder, die nichts
von alle dem Bekannten boten, auf die die
gewohnte und bequeme Technik des Aus-
stellungsbesuchs keine Anwendung finden
konnte, und wirkten wie Rätsel. Man war

*) Berlin, Bruno u. Paul Cassirer, 2 M., kart.21 j M.

BÖCKLIN

(Nachdruck verboten)

gewohnt, die Kunst vorwiegend mit dem Ver-
stände zu betrachten, hier war eine neue
Kunst, die gefühlt werden sollte, und das
Gefühl war nicht geweckt." Lichtwark er-
innert sich sehr lebhaft, dass in den wilden
Entrüstungs-Ausbrüchen, die Böcklin zu An-
fang der achtziger Jahre in Berlin erregte,
der Vorwurf der absoluten Unverständlich-
keit am heftigsten ausgestossen wurde. Hierin
ging man aufs ganze. Sonst hielt man sich an
Einzelheiten, am meisten ärgerte die selbst-
ständige Auffassung der Farbe, heftig ver-
dammte man einzelne Kompositionsgedanken;
vor allem die Fabelwesen, konnte man ihm
durchaus nicht verzeihen, und endlich ver-
warf man auch die selbständige Technik,- die
Böcklin als Ausdrucksmittel seiner Empfindung
entwickelte. Ludwig Pietsch, der Kritiker der
„Vossischen Zeitung", wirft Lichtwark nun
allerdings vor, seine Schilderung, wie Böcklin
in Berlin verhöhnt worden sei und die Kritik
ratlos vor seinen Bildern gestanden habe,
entspreche nicht der Wirklichkeit; er selbst
sei schon von 1860 an mit ehrlicher Be-
geisterung für Böcklin eingetreten. Das ist
richtig. Und so nennt denn Pietsch auch 1883
Böcklins „Spiel der Wellen" ein bewunderns-
wertes Bild, er preist die Grösse, Kühnheit
und Kraft der Phantasie, den prächtigen
Humor in der Erfindung und Darstellung der

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