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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Wiener Frühjahr-Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0389

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<^s^> WIENER FRÜHJAHR-AUSSTELLUNGEN <3^~

schade, dass Matiegczek in Manier befangen Geistvoll charakteristisch, vornehm in der
ist (siehe besonders „Medea"), er ist sicher- Farbe. Mit mehreren anderen Porträts, be-
lich einer der Erstbegabten der Gruppe, geist- sonders weiblichen, hat der reichbegabte
reich und mit persönlicher Malweise; Thor's Ungar nicht dasselbe Glück. Ueber Horo-
Bildnis seiner Frau erinnert in Ton und Vor- vitz und Pochwalski wäre nichts Neues zu
trag fast an alte Meister. Dem Parodisten sagen; Koner bringt ein höchst lebensvolles
und Capricciomaler Strathmann hat man ein Bildnis des Baurates Kayser; Goltz, dessen
ganzes Kabinett überlassen. Seine Kunst ist Mädchen im Kahn „Vorüber" voll schöner
bisweilen amüsant ausfällig. Der Mensch wird Abendstimmung ist, bringt ein gutes Porträt
bei ihm Ornament, das Ornament paradox; Kremsers; Frau Marie Rosenthal-Hatschek
unerschöpflich ist der Reichtum seiner far- (Erzherzog Eugen) und Mehoffer mit einem
bigen Schnörkel- und Aufputzeinfälle. Ganz lebensgrossen Damenporträt schliessen sich
ingrimmig muten die nordischen Schlachten erfolgreich an. Von der Wiener Jungschule
eines anderen Absenderlichen, des Norwegers ist auch diesmal Erfreuliches anzumerken.
Gerhard Munthe an; thatsächlich sieht es Victor Scharf wird in Paris ein guter
aus, als wäre ein malender Wikinger in diesem Bildnismaler. Im übrigen stehen die Land-
Nachfahr lebendig geworden. schafter voran, während Altmeister wie
Das eingangs erwähnte beste Bildnis der August Schaeffer und Robert Russ sich
Ausstellung ist Laszlo's Reichskanzler Fürst aus der Hand der „Moderne" den Lorbeer
Hohenlohe, welches sich selbst neben einem zu holen wissen. Zoff „ Letzter Sonnenblick",
prächtigen Männerkopfe Lenbach's behauptet. Kasparides, Hans Wilt, Adolf Kaufmann,

Graf, Suppantschitsch, Ameseder,
Tomec, Hans Ranzoni sind fast
alle aufsteigend. Ein Grossbild von
Kasparides „Im Schweisse deines
Angesichts" ist sehr ansprechend,
Wilda's „Flucht nach Aegyten"
poetisch anempfunden. Die beiden
neuentdeckten Slaventalente sind
Hudecek und Slavicek; „Mond-
schein" des ersteren und „Junitag"
des letzteren wirken mit einfachen
Mitteln; man wird sich die Namen
merken. Im glyptischen Mittelsaal
empfangen Abgüsse der MAisoN'schen
berittenen Reichsherolde, mattgold
der eine, grünstahlblank der andere
gerüstet, den Eintretenden; die Illu-
sion frappiert. Ebenso wirksam ist
die Statue des ersten Ottonenkaisers.
Bedeutende Marmorwerke halten fest.
So besonders die mächtige Ringer-
gruppe von Jef Lambeaux, das Hof-
mann'sche Standbild des Leonardo
für das Künstlerhaus, Prachtbüsten
von Cifariello (Böcklin), Zumbusch,
Vallgren. Wilhelm Hejda, der Bild-
hauer-Maler, hat im Saale links ein
plastisches Schauerstück „DerMensch-
heit letzter Spross". Der Tod reitet
mit einem schlummernden Säugling
in den Händen über ein Leichen-
feld .... Man wird das Ding nicht
mehr los.

Karl von Vincenti

peter stachiewicz dcl.

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