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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Lichtwark, Alfred: Deutsche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0459

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fernand khnopff

ein opfer

Von Alfred

Die deutsche Kunst hat im neunzehnten
Jahrhundert unter Bedingungen anderer
Art gelebt als die französische oder die eng-
lische.

Frankreich und England besassen seit Jahr-
hunderten ein Zentrum des nationalen Lebens,
das alle oder doch die meisten scharfenden
Kräfte anzog. Wer in der Kunst oder der
Litteratur den Boden der Hauptstadt betrat,
hatte die geistige Heimat gefunden und fühlte
sich von der konzentrierten Lebensenergie
seines Volkes umweht. Was er schuf, ent-
hielt nicht nur das Maximum seiner eigenen

*) Mit freundlichst erteilter Erlaubnis entnehmen
wir diese Ausführungen Alfred Lichtwark's dem
Amtlichen Kataloge der Ausstellung des Deutschen
Reiches auf der Pariser Weltausstellung« (Berlin,
J. A. Stargardt, gebd. 2 M. 40 Pfg.), in welchem sie
der Abteilung i Kunst« vorangestellt sind. Auch
denen, welche die Weltausstellung nicht besuchen
werden, ist der Katalog von Interesse. Die den
einzelnen Abteilungen beigegebenen -Einleitungen-
schaffen eine dauernd wertvolle Uebersicht über die
wirtschaftliche, technische und künstlerische Kraft
unseres Volkes beim Eintritt in das zwanzigste Jahr-
hundert. Die Redaktion des Katalogs lag in den
Händen des Geheimrats Prof. Otto N. Witt in
Berlin, die bis in die kleinsten Einzelheiten künst-
lerische Form und Ausstattung des Bandes (sie wurde
geleitet von Bernhard Pankok in München) wird
nicht verfehlen, Eindruck zu machen.

Die Kunst flir Alle XV A

E KUNST

LlCHTWARK*)

(Nachdruck verboten)

Kraft, sondern war obendrein gesteigert durch
den Anschluss an die in einen Punkt ge-
sammelte geistige Kraft seines Volkes.

In Deutschland gab es für die bildende
Kunst keinen solchen Sammelpunkt des natio-
nalen Lebens. Es wurden nicht nach einem
Ort alle Kräfte zusammengezogen, wo sie in
Reibung und Ringen ihr Höchstes geben
mussten. Hohe Kunst wurde in fast einem
Dutzend grösserer und kleinerer Städte un-
abhängig gepflegt, deren jede einen umfassen-
den Ausdruck des gesamten künstlerischen
Vermögens anstrebte.

Damit ist schon gesagt, dass eine grosse
Mannigfaltigkeit der Lebensäusserungen bei
einer für den Durchschnitt geringeren ört-
lichen Kraftanspannung sich ergeben musste,
denn auch die materiellen Mittel zersplitterten
sich. Je nach ihrem Ursprung und den zur
Verfügung stehenden materiellen und geistigen
Mitteln waren die deutschen Kunststädte des
neunzehnten Jahrhunderts untereinander sehr
verschieden.

[I ' Im Mittelalter und zur Reformationszeit, als
die reichste Blüte der deutschen Kunst sich
entfaltete, waren ihre Zentren die grossen
Bürgerstädte von Cöln, Mainz, Ulm, Augs-
burg bis Nürnberg und nicht die unbedeu-
tenden Residenzen der Landesfürsten.

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