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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Kreowski, Ernst: Vom "Blitz des Pinsels", [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0528

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VOM „BLITZ DES PINSELS"

Kunstplauderei von Ernst Kreowski (Stuttgart}
(Schluss aus dem vorigen Hefte)

(Nachdruck verboten)

reilich fehlte es auch damals nicht an Be- tausendsiebenhundertdreiundsechzig Bilder in
sonnenen, die dagegen scharf zu Felde die Welt setzte, malte, wie Joachim von Sand-
zogen, so Basaiti, der den schönen Satz aus- rart, zumal im Sommer, öfter zwei Bilder
sprach, dass „man die Malerei nicht hand- an einem Tage, wobei er zu Spaziergängen
werksmässig betreiben müsse, sondern wie die und gemütlichem Speisen doch noch genügend
Litteratur mit Ruhe Zeit fand. Alseinst

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und süssem Be-
hagen"; aber der
eitle Drang, es
einer dem andern
in der „Handfertig-
keit" zuvorzuthun,
war doch zu stark
eingerissen.Wetten
aus Grossmanns-
sucht oder niedrig-
stem Konkurrenz-
neid sind nichts
Seltenes. So malte
der Franzose Bour-
don einst an einem
einzigen Tage zwölf
Gesichter und ge-
wann dadurch eine
grosse Wette. Der
Niederländer David
Beek, ein Schüler
Van Dycks, hatte
ganz unglaubliche
technische Fertig-
keit und Blitz-
schnelle; und von
Francesco Maffei
sagten seine Zeit-
genossen, dass er
mit vier Pinsel-
strichen in Er-
staunen setzte. Die

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der wegen seiner
masslosen Eitelkeit

sprichwörtliche
Lübecker Gottfried
Kneller in England
mit einem Kollegen
den König zu glei-
cher Zeit malte,
war Kneller fertig,
bis der andere die
Leinwand grundiert
und die ersten Um-
risse aufgetragen
hatte. Er ist so
recht das Prototyp
fürdie fabrikmässig
betriebene Porträt-
malerei seiner Zeit,
indem er nur mehr
die Gesichtszüge,
und zwar mit fabel-
hafter Geschwin-
digkeit, hinwarf, da-
gegen seinen Schü-
lern dieschablonen-
mässige Verferti-
gung der andern
Bildteile, diesem
die Perücke, jenem
die Knöpfe etc.
übertrug. Daraus
erklärte es sich,

bayerische Histo- Ausstellung 1900 der adolf hildebrand fec. dass Kneller bei
rien- und Porträt- Münchener Secession seinem Tode fünf-
malerin Barbara hundert Bildnisse
Krafft-Steiner zu Bamberg warf einmal in unvollendet hinterliess. Ein köstliches Pendant
zwei Stunden vier Köpfe auf die Leinwand. zu ihm bildete später der ehemalige Linzer
Der Ungar Johann Kupetzky vermochte in Schuster Johann Schmidt, der es zu solcher
einem Tage neun Köpfe zu malen. Joh. Virtuosität brachte, dass er in einem Tage acht
Nep. Croce soll fünftausend Porträts und Landschaften bei allen Jahreszeiten und Tages-
über zweihundert Historienbilder, der Nieder- beleuchtungen mit Gewittern oder Feuers-
länder Miereveld sogar zehntausend Bild- brünsten vollendete. Dabei verfuhr er fol-
nisse gemalt haben. Der Engländer John gendermassen: er begann beim Blau der Luft,
Jackson brachte einmal an einem Tage von malte die Wolken ein, kam dann zum Hinter-
Sonnenaufgang bis -Untergang fünf sehr ähn- grund und rückte unter souveräner Verach-
liche Porträts fix und fertig zustande. Rienk tung des perspektivischen Malens als „Sklaven-
Jelgerhuis, der auch nicht weniger als sieben- werk" allmählich vor. Es hätte nicht einmal

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