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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Wielandt, E.: Von Stuttgarter Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0094

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■sr-s^T)- VON STUTTGARTER KUNST <^£^

fremden Blutes war man denn in den letzten
Jahren bedacht; man hat sich vor „Berufungen"
nicht gescheut, und diese Massregel, die
immer einen weiten und scharfen Blick bei
den massgebenden Persönlichkeiten, sowie
deren Mut persönlichen Misstimmungen gegen-
über voraussetzt, hat auch in diesem Falle
segensreiche Folgen gehabt. — In dem Grafen
Leopold von Kalchreuth, der gleich Carlos
Grethe von Karlsruhe nach Stuttgart berufen
wurde, war sicher eine vortreffliche Kraft
gewonnen; ein in seinem technischen Können,
wie in seiner ganzen Welt- und Kunst-
anschauung durch und durch moderner Künst-
ler, der mit seinem kraftvoll im Boden der
Heimat wurzelnden Naturell frei ist von aller
internationalen Haltlosigkeit; als Lehrer eine
so fesselnde und starke Persönlichkeit, dass
er eine ganze Reihe seiner Karlsruher Schüler
an den neuen Wirkungskreis mit hinüberzog.

Von der Thätigkeit der Stuttgarter Künstler
gab die Ausstellung der „Stuttgarter Kunst-
genossenschaft" bei der heurigen Jahresaus-
stellung im Münchener Glaspalast ein erfreu-
liches Bild. Die Stuttgarter hatten einen
Saal mit Gemälden und ein Kabinett mit
graphischen Arbeiten und Handzeichnungen
gefüllt. Neben Kalchreuth, der mit einer

gross gesehenen, ernsten Landschaft (s. d.
untenst. Abb.), einem liebenswürdigen Kinder-
bildnis (s. S. 86) und einem seiner mit
einer gewissen typischen Grösse aufgefassten
Bauernbilder, also gerade in den sein Schaffen
bezeichnenden Stoffgebieten vorzüglich ver-
treten ist —, neben Kalckreuth und Carlos
Grethe, der eine phantastisch belebte (s. S. 82)
und eine ruhig stimmungsvolle „Marine" aus-
gestellt hatte, war ein „alter" Stuttgarter,
Reiniger, mit zwei seiner Landschaften er-
schienen: einem „Waldrand" in der zarten Be-
leuchtung eines nach dem Regen sich aufhellen-
den Abends und einer „Frühling" betitelten
(s. S. 85), von imposantem Umfang, imposant
auch in der breiten, mächtigen Malweise und
hinreissend in der Wiedergabe des stürmischen
Vorfrühlings, die an Uhlands Verse erinnert:
„Horch, wie brauset der Sturm und der
schwellende Strom durch die Nacht hin!
Schaurig süsses Gefühl! Lieblicher Frühling,
du nahst!" — Um diese Hauptwerke gruppierte
sich eine Zahl kleinerer Bilder, von denen
wir in den Abbildungen einige Proben geben.
Die meisten erfreuen unsdurcheinen ehrlichen,
einfachen Wirklichkeitssinn; Rezeptmalerei
und Inhaltsmalerei erscheinen fast ganz ver-
mieden. Die Improvisation und die Phantasie-

GRAF LEOPOLD VON KALCKREUTH SCHOBER
 
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