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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten - Denkmäler - Vermischte Nachrichten - Preisausschreiben
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-sr*ö> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN -CösM^

hr. BERLIN. Zum erstenmale vor einem deutschen
Publikum erschien in Ed. Schuttes Kunstsalon der
(vergl. das Mai-Heft d. vor. Jahrg. d. >Kunst>) schon
rühmlich bekannte Spanier Ignacio Zuloaga mit
einer grösseren Anzahl von Bildern. Er gleicht in
nichts den übrigen spanischen Malern; erspielt weder
mit den lustigen Farbenfunken, die Fortuny in die
Kunst gebracht,noch hat er jenes akademisch-theatra-
lische Air, das anderen Landsleuten von ihm zu eigen
ist; er wirkt wie ein Nachkomme von Velazquez und
Goya. Von jenem hat er den tiefen Ernst und die
grosse Auffassung, mit diesem hat er die Vorliebe
für das Volk der Strasse gemein. Auf seinen Bildern
sieht man seit langer Zeit zum erstenmale wieder
das wirkliche Spanien. Keine Seidenkleider, kein
Theaterprunk, keine sich durch Spiele über ihre
Jämmerlichkeit tröstende Menge. Auf Zuloagas Bil-
dern erscheint das spanische Mädchen mit dem dicken
Haarschopf, dem vollen roten Munde, der unklas-
sischen Nase und den brennenden Augen im weissen
oder bunten Kattunkleide, mit der unentbehrlichen
Mantilla, in der rue de l'amour Bekanntschaften und
Abenteuer suchend; erscheint die Zigeunerin, die ge-
schmückt im Kostüm der Dame durch die Strassen
geht oder Sängerin in einem Chantant ist. Er malt
die geputzt in ihrem Hause wartende Courtisane,
der alte Weiber Goldstücke bieten; den Dichter Don
Miguel da Segovia, der wie eine aus einem Romane
des Cervantes stammende Erscheinung wirkt, den
Nachtwächter, der eine kleine spanische Stadt behütet
und ein Stiergefecht in einer vor einem verfallenen
Renaissancepalast errichteten hölzernen Arena, wo-
bei freilich die ländliche Zuschauermenge der eigent-
liche Gegenstand der Schilderung ist. Zuloagas
Farben sind schwer, aber sie leuchten; er kompo-
niert sicherlich sehr sorgsam, aber seine Gestalten
und ihre Bewegungen sind die natürlichsten von
der Welt, er stellt das Alltägliche, das Plebejische
dar, aber die Wirkung seiner Kunst ist am Ende
höchst vornehm. Ein unendliches feines Gefühl
für den Wert und die Bedeutung der Farbe zeichnet
die Bilder des Künstlers aus. Mit Ausnahme des
Stiergefechts sind darauf sämtliche Figuren in Lebens-
grösse gegeben, aber auch wenn er, wie in jenem
Werke, kleinere Masse wählt, zeigt er sich in der
Kraft und Wucht der Pinselführung als ein Künstler
grossen Stils. Er setzt mit stolzer Kühnheit leb-
hafte Farben gegeneinander, die dann prachtvoll
zusammenklingen, verwendet aber auch gern Schwarz.
Zuloaga ist ein grossartiger Psychologe. In einem
Blick, einer Bewegung, einem Lächeln giebt er den
ganzen Menschen. Besonderen Wert legt er auf
eine wirksame Silhouette, die durch ihre Einfachheit
und Grösse sich dem Beschauer seiner Bilder fest
einprägt. Es ist nichts Impressionistisches in seiner
Malerei, aber auch nichts Kleinliches. Er unter-
scheidet sich von alten Meistern nur durch die Neu-
heit seiner koloristischen Kombinationen und seiner
Typen, aber er steht, wie sie, mitten im Leben und
giebt es mit jener Unmittelbarkeit, die das höchste
Ziel aller Kunst ist und ewig die Herzen be-
zwingen wird. — Weiter präsentiert sich in diesem
Salon eine Gruppe von jüngeren Bracht-Schülern
als „Club moderner Landschafter". Wenn die meisten
auch noch im Banne der Aeusserlichkeiten ihres
Lehrers sind, so zeigen doch einzelne eine über das
Mittelmass hinausgehende Begabung. H. Klohss
wirkt sogar fast schon persönlich, und auch Oesteritz
und Liedtke zeigen Ansätze zu einer eigenen Ent-
wickelung. Robert Anning Bell, der berühmte
englische Zeichner, ist mit einigen köstlichen Illustra-
tionen und einem durch seine originelle ästhetische
Haltung ansprechenden, auf Weiss und Grau ge-

stimmten Gemälde »Adagio« vertreten, und auch
der Dresdener Richard Müller hat einige gute
Arbeiten, unter denen besonders ein weiblicher Akt
zu rühmen ist, gesandt. Die zierliche Zopfigkeit
des Musaeus'schen Märchens - Die Bücher der Chro-
nika der drei Schwestern« haben die Wiener Heinr.
Lefler und Jos. Urban in wundervolle, farbige
Illustrationen übersetzt, die zu den besten gehören,
die in den letzten Jahren von deutschen Künstlern

MAX KLEIN BISMARCK
(Zweiter Preis bei der Konkurrenz für das Berliner
Bismarck-Denkmal)

geschaffen wurden. Sehenswerte Leistungen sind
ferner von Clara Walther (München), Paul
Mathieu (Brüssel) und John Reid Murray (Glas-
gow) vorhanden. — Im Künstlerhause hat man sich
wenigstens zu einer halbwegs anständigen Eröff-
nungs-Ausstellung aufgerafft. Auf ein schlechtes
Bild kommt zum mindesten ein erträgliches; aber
die paralysierten Schwächen lassen doch keine be-
hagliche Stimmung beim Beschauer aufkommen.
Geschmackbildend können derartige Ausstellungen

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