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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Matthaei, Adelbert: Der aesthetische Genuss am Bauwerk, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0123

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-*-s^> DER AESTHETISCHE GENUSS AM BAUWERK <2si=^

Wir glauben aber, dass dem nicht so ist,
dass vielmehr, wenn man die Uranfänge der
Baukunst und die Erfahrungen der Ethnologen,
Anthropologen und Psychologen zu Rate zieht,
sich die Bestätigung dafür erbringen Hesse,
dass ursprünglich in der Seele des kunstbe-
gabten Menschen die reine Lust der Raum-
gestaltung das Treibende gewesen ist, wie das
Kind den Trieb hat, Räume zu schaffen, zu-
nächst ohne praktische Zwecke. Den Anlass
zur Verwirklichung der Raumvorstellung bringt
dem kunstbegabten Menschen dann die prak-
tische Aufgabe. Sie nötigt ihn, das freie
Phantasiegebilde in einem zweckmässigen
Grund- und Aufriss einzuspannen. Dann er-
wägt er die technischen und zuletzt die rein
äusserlichen praktischen Schwierigkeiten. Bei
der Realisierung dieses künstlerischen Pro-
zesses geht er den umgekehrten Weg.
Erst löst er die materiellen Fragen bezüg-
lich des Bauplatzes, der Fundierung etc.
Dann überwindet der Künstler in dem auf
dem Grundriss erwachsenden Steinwerke die
technischen Probleme; und als Resultat springt
schliesslich aus dem fertigen Bauwerk jene
Raumvorstellung hervor, die ursprünglich die

Seele des schaffenden Künstlers erfüllte. Die
Uebereinstimmung des Erreichten mit dem
ursprünglichen Gebilde der Phantasie gewährt
dem Künstler die Befriedigung und das Nach-
empfinden dieses Vorganges, dem Beschauer
den eigentlichen Genuss am Bauwerke.

(Der Schluss folgt im nächsten Heftel

GEDANKEN

Als die Romantik toll geworden war, genas sie
eines Kindes, genannt Naturalismus; aber die Natur
lässt sich nicht zwingen, und so bricht aus der
Tochter jetzt das Stammeswesen hervor.

*

Es ist herrlich, wenn man mit Aufbietung seines
ganzen Wollens und Könnens arbeiten darf für einen
edlen Zweck. Aber in den Kelch dieser Freude,
einer der höchsten und reinsten, fällt gar oft als
bitterer Tropfen die Vorstellung, dass wir auch eine
solche Arbeit auf den Markt bringen müssen, um
sie zu verkaufen. Diese Vorstellung lähmt oft auch
dem kräftigen Geiste die Flügel.

Otto v. Leix er

„Aus meinem Zettelkasten"
(Preis gebä. 5 M. Verein der Bücherfreunde in Berlin)

KARL ALBERT BAUR

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