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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Zuckerkandl, B.: Die achte Ausstellung der Wiener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0174

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«!r*ö> AUSSTELLUNG DER WIENER SECESSION

Werke am Platz ist. Es sind trefflich ge-
schaute, individuell gegebene Stimmungen
sowohl von Ausländern als auch von öster-
reichischen Künstlern. Von letzteren er-
wähnen wir vor allem F. Andri. Dieser
Künstler erregte als ganz Neuer vor zwei
Jahren in der Secession mit seinen breit und
derb gemalten Volkstypen aus Galizien Auf-
sehen. Er wirkt vor allem durch die kräf-
tigen Linien seiner Konturen; in wenigen,
nur immer das Wesentliche berührenden
Strichen zeichnet er Menschen, Stimmungen,
Ereignisse. Voll Bewegung und lustiger Far-
benflecke ist sein „Wochenmarkt". In seinen
Ernte-Bildern weht echte Sonnenluft, die ganze
Schwüle der grossen Reifetage vibriert in
diesen Naturausschnitten. Der Direktor der
Berliner Nationalgalerie, Hugo von Tschudi,
welcher zur Eröffnung der Ausstellung nach
Wien kam, hat sofort ein Bild Andris für
diese Galerie erworben.

Die Biegung feiner Frauenformen ist das
Problem, welches Kurzweil intensiv beschäf-
tigt. Er fand diesmal eine ungemein harmo-
nische, wohllautende Linie, welche er kolo-
ristisch durch die feine Farbengegenüber-
stellung von Rot und Braun verstärkte.

Die Bedeutung der modernen Landschafts-
malerei liegt in der Verschiedenartigkeit der
Visionen und der Uebersetzungen von Natur-
vorgängen. Hier stille, dunkle Nachtbilder,
deren Schimmer wie bei Stöhr und List

mystische Gefühle regen — dort wie bei
Auchenthaler die glühende Wiedergabe
dramatischer Naturstimmung. Luft und Licht
durchzittern H. TiCHy's Landschaften. Er
malt einen blühenden Apfelbaum, der seine
Aeste breit und machtvoll ausspannt und
bringt durch die kräftig knorrige Behandlung
der Baumstruktur und durch den duftigleicht
daraufhingestreuten Blütenzauber eine sug-
gestive, ernst-liebliche Wirkung hervor. No-
wak liebt realistischere Themen, die er auch
in sehr decidierter Weise durch keck an-
einandergereihte Farbenflecke ausdrückt. Tiefe
Melancholie, die dichterisch ihre Themen aus
den Naturerscheinungen auslöst, spricht aus
dem „Gewitter und Bergsee" Jettaiar's. Der
„Baumschlag" Meiser Alt's, die Bilder Myr-
bach's und der „Blick aus einem Fenster"
Jettel's zeigen ebenfalls für alle diese Wiener
Landschaftsmaler die innige Zugehörigkeit
zum heimatlichen Boden und die echt öster-
reichische Art ihrer Naturempfindung.

Bedeutsame Individualitäten bringt das Aus-
land, Aquarelle von Menzel, Klinger und
Böcklin. Letztere sind wohl eine Delikatesse
für den Kunst-Feinschmecker. Gehören doch
Aquarelle dieser Meister zu den allergrössten
Seltenheiten. Böcklin hat drei Genien ge-
malt, welche in die spriessende Jungfrühlings-
stimmung fröhliche Flötenklänge senden.
Klinger konterfeite die Villa Steglitz, diese
Villa, in welcher er einst grosse Fresken

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