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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 16.1900-1901

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Eduard Beyrer jr.
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https://doi.org/10.11588/diglit.12079#0200

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<^sS> EDUARD BEYRER <^S»s-

andererseits, bei ihm niemals jene unreifen,
grobschlächtigen Erzeugnisse eines wilden
Genietums anzutreffen, das sich unter der
Marke l'art pour l'art Geltung zu schaffen ver-
sucht. Was aus der Werkstätte des viel-
beschäftigten Künstlers hervorgeht, ist nicht
nur für die ephemere Kunstausstellung be-
stimmt, sondern darf sich getrost dauernd im
elegantesten Salon sehen lassen. Das gilt
wie von seinen Studienköpfen so von seinen
Porträts. Als Porträtist ist Beyrer nament-
lich in Frauenbildnissen glücklich ; besonders
liegtihm eingewisses weiches, schwärmerisches
Mädchenideal, doch auch im Festhalten eines
naiven und schlichteren Typus trifft er den
Ausdruck vortrefflich. Unter seinen zahl-
reichen Reliefbildern hatte er mit einem wohl-
gelungenen Profilbildnis des Prinzregenten
(Abb. a. S. 194) einen besonderen Erfolg.

Noch als junger Akademiker hat Beyrer
das Grabmal koncipiert, das wir nebenstehend
bringen. In starrer Trauer sitzt eine ver-
schleierte Idealgestalt auf einem Sarkophag,
die Graburne zur Seite. Die dünne fliessende

V-

EDUARD BEYRER FRÜHLING

Schleierdraperie, die — kein geringes Wagnis
und kein leichtes Problem in der Plastik -
auch das Gesicht bedeckt, ist namentlich in
den Partien der rechten Schulter mit einem
Raffinement behandelt, das lebhaft an die
Grabplastiken der oberitalienischen campi
santi erinnert. Hübsche Gewandmotive finden
sich auch in der ebenfalls zum Grabschmuck
dienenden Reliefkomposition a. Seite 193. Be-
merkenswert als schön erfundene Gruppe sind
hier namentlich die drei trauernden Frauen-
figuren zur Rechten; ausdrucksvoll schliessen
sie sich zusammen zu einer entschieden
plastischen Gesammtwirkung. Die mittlere
Gruppe von zwei Figuren, den Abschied für
ewig darstellend, lehnt sich unverkennbar
an das reizvolle, von der Frührenaissance er-
fundene und ausgebildete Motiv der „sancta
visitatio" an, wovon es, wohl unbewusst, an-
geregt sein wird.

Auf dem Gebiet der grossen Denkmals-
plastik trat Beyrer mehrfach, wenn auch nicht
immer mit äusserem Erfolg, so doch stets
mit originellen Ideen hervor, denen er jedes-
mal ein ausserordentlich geschickt berechnetes
Gewand zu geben verstand. Seine Denkmals-
skizzen sind durchweg so reizvoll und be-
stechend ausgeführt, dass sie als fertige Klein-
kunstwerke gelten können und ihr spurloses
Verschwinden auf dem Wege allen Atelier-
staubs nur zu bedauern ist. Gelegentlich
der Konkurrenz um das Münchener Friedens-
denkmal auf der Prinzregenten-Terra^se war
es, unseres Wissens, zum erstenmal, dass
Beyrer mit einem Denkmals-Entwurf in die
Schranken trat. Der Künstler lebte damals als
Stipendiat in Rom, und der, mit dem Wiener
Architekten Jos. Hoffmann gemeinsam ausge-
führten Skizze, die eine von einem Feuefbecken
bekrönte und von einem Tubenbläserchor um-
stellte Säule zeigte, sah man den klassischen
Boden ihrer Entstehung wohl an. Indess
war das Ganze doch etwas zu sehr im Sinne
einer Triumphaldekoration erdacht, um auf
eine bleibende Ausführung Anspruch machen
zu können; von der durch sicheren Geschmack
geregelten Erfindungskraft jedoch legte das
Projekt des jungen Künstlers ein schönes
Zeugnis ab. Einen vollen Erfolg brachte dem
unermüdlich thätigen und bei Konkurrenz-
Ausschreiben selten fehlenden Künstler der
Wettbewerb um ein Brunnendenkmal des
Prinzregenten Luitpold für die Stadt Kulm-
bach, wobei ihm Martin Dülfer als Architekt
zur Seite stand. Die Anlage gruppiert sich um
einen Obelisken und ist architektonisch wie
skulptureil im Geiste des reichsten Barock aus-
gestaltet. Völlig von dem übermütigen Geiste

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